Der Untergang der Telestadt
Papier geschehen, wenn ich das Zeitliche segnete? Die Telesalt war mir eine Burg. Vor der merklichen Korrosion konnte ich mein Geschreibsel allemal schützen, und das Raumschiff würde in Jahrtausenden nicht spurlos untergehen. Und irgendwie bliebe der riesige Metallkoloß immer auffindbar.
Ich weiß, das alles klingt schrecklich überzogen und eingebildet. Als brächte ich mit meinem Vorhaben wunder was zustande. Nein, ich sagte schon, was ich von mir und meinen Fähigkeiten halte. Aber nach wie vor erachte ich es als äußerst wichtig, der Nachwelt von uns zu berichten. Genauso wie wir diesen Planeten gefunden haben, werden es andere schaffen, zumal es uns als Vorreiter gibt. Man wird uns nicht suchen, das lehrt die Erfahrung, aber man wird Obacht geben, befindet man sich in den Gestaden, zu denen wir einst aufbrachen. Denn natürlich glaube ich nicht daran, daß uns jemals noch eine Funkbrücke zur Erde gelingt. Auch scheint es mir unmöglich, daß vielleicht noch jemand außer mir auf den Gedanken kommt, eine Chronik zu schreiben, oder daß gar ein Chronist amtlich festgelegt wird.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich halte mich nach wie vor berufen, unseren Gang auf Neuerde aufzuzeichnen, und meine, das kann nur unter dem Status geschehen, den ich mir gewählt habe. Basta!
Zu diesen Schlüssen kam ich also in den ersten Tagen meines Aufenthalts im Schiff. Und je mehr ich mich an diese Gedanken gewöhnte, desto wohler fühlte ich mich.
Ich habe tatsächlich fast einen Tag gefaulenzt, habe jedenfalls – außer im Schiff herumzustreichen, dieses und jenes in mein Domizil zu schleppen – nichts vollbracht. Eine Versündigung gegenüber den schuftenden Kameraden dort in Seestadt…
Aber Seestadt war weit, und weit waren die Gefährten. Und wenn ich meinte, ich hätte Abstand gewonnen, dann machte ich mir tatsächlich nichts vor, es war Fakt.
Heute nun stehe ich vor der Tatsache, an dem, was ich als mein Lebenswerk betrachte, nichts mehr tun zu können. Und ich stelle mit Schrecken fest, daß Chronik und Tagebuch identisch werden.
Ich habe den Tag damit verbracht, meine Behausung noch wohnlicher zu gestalten, vor allem auch in Sicht auf später. Sicher durfte ich nicht ewig erwarten, irgendeinen Raum aufzusuchen und mich mit allem eindecken zu können, was ich brauchte. Im Vergleich zu dem, was wir an Bord hatten, als wir ankamen, und dem, was sich jetzt noch im Schiff befand, war der Zustand ohnehin bereits prekär genug. Im Grunde befand sich in der Telesalt nur noch das, was sich auf den Bauplätzen nicht als brauchbar erwies – und das Installierte natürlich: eine Menge mir kaum geläufige Technik und Elektronik, die für die Reise ungeheuer wichtig war, die Anabioseanlage, der Großcomputer, Sauerstoffregeneratoren…
Aber schon mit der Ton- und Sichttechnik haperte es: Vieles hatte man ausgebaut und in die Häuser getragen, nachdem dort durch die mehrmaligen Zerstörungen auch davon etliches zu Bruch gegangen war. Und ich stellte alsbald fest, daß ganze Regionen der Telesalt ohne Energie waren.
Dennoch fühlte ich mich heimisch, und mir wurde es nicht eine Minute bänglich angesichts des Riesenschiffs und meiner Einsamkeit und Winzigkeit.
Ein Tonaufzeichner fand sich auch, ich eignete ihn mir an, weil ich beschlossen hatte, des sichereren Überdauerns wegen das Aufgeschriebene noch einmal aufzusprechen.
So habe ich also den heutigen Tag beendet, ich habe einen Teil des bislang Aufgezeichneten aufgesprochen.
Allmählich fängt ein Gedanke an zu nagen: Ich werde mich zu längeren Ausflügen in die Nähe Seestadts entschließen müssen. Ich muß doch im Bilde bleiben, wissen, was sie treiben. Ich muß beobachten – nicht gleich morgen, aber doch wohl in absehbarer Zeit –, muß registrieren, und ich habe dabei aufzupassen, daß ich nicht entdeckt werde.
Und noch weiß ich nicht, wie sehr sich mein Entschluß, als Eremit zu leben, gefestigt hat. Würde ich in ihrer Nähe vielleicht doch aufgeben, umfallen sozusagen – etwa reumütig in den Schoß der Gefährten zurückkehren…?
Aber das muß ich riskieren. Ich kalkuliere also den Untergang meiner Unternehmung ein…
Angst habe ich vor den Unbilden der Natur, die mich erwarten. Dschungel und Sümpfe sind nicht lichter, die Untiere nicht zahmer und die Entfernungen nicht kürzer geworden. Vor einem tagelangen Aufenthalt im Urwald graut es mir also beträchtlich.
Ich verbrachte einen großen Teil des heutigen Tages damit, nachzusinnen, was ich tun
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