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Der Untergang des Abendlandes

Der Untergang des Abendlandes

Titel: Der Untergang des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Spengler
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dem Boden einer Demokratie die verfassungsmäßigen Rechte ohne Geld nichts, mit Geld alles bedeuten. Als Pompejus noch davon träumte, er könne Legionen aus der Erde stampfen, hatte sie Cäsar durch sein Geld längst zur Wirklichkeit verdichtet. Er hatte diese Methoden vorgefunden; er beherrschte sie, aber er identifizierte sich nicht mit ihnen. Man muß sich klar machen, daß sich etwa seit 150 die um Grundsätze versammelten Parteien zu persönlichen Gefolgschaften auflösen um Männer, die ein privatpolitisches Ziel hatten und sich auf die Waffen ihrer Zeit verstanden.
    Dazu gehört neben dem Geld auch der Einfluß auf die Gerichte. Da die antiken Volksversammlungen nur abstimmen, nicht beraten, so ist der Prozeß vor den Rostra
eine Form des Parteikampfes
und die eigentliche Schule
politischer Beredsamkeit.
Der junge Politiker begann seine Laufbahn, indem er eine große Persönlichkeit anklagte und womöglich vernichtete, [Gelzer, S. 68.] wie der 19jährige Crassus den berühmten Papirius Carbo, den Freund der Gracchen, der später zu den Optimaten übergegangen war. Cato wurde aus diesem Grunde 44mal angeklagt und immer freigesprochen. Die Rechtsfrage tritt dabei ganz zurück. [Es handelt sich meist um Erpressung und Bestechung. Da das damals mit Politik identisch war, Richter wie Ankläger ganz dasselbe getan hatten und jeder das wußte, so bestand die Kunst darin, unter den Formen einer gutgespielten sittlichen Leidenschaft eine Parteirede zu halten, deren eigentlichen Zweck nur der Eingeweihte begriff. Das entspricht ganz dem modernen parlamentarischen Brauch. Das »Volk« würde sehr erstaunt sein, wenn es nach wilden Reden in der Sitzung (für den Pressebericht) die Parteigegner miteinander plaudern sähe. Es sei auch an die Fälle erinnert, in denen eine Partei sich leidenschaftlich für einen Antrag einsetzt, nachdem sie durch Übereinkunft mit den Gegnern die Nichtannahme gesichert hat. In Rom kam es auch gar nicht auf das Urteil an; es genügte, wenn der Angeklagte vorher freiwillig die Stadt verließ und damit aus dem Parteikampf und der Ämterbewerbung ausschied. ] Die Parteistellung der Richter, die Zahl der Patrone und der Umfang des Gefolges ist ausschlaggebend, und die Zahl der Zeugen ist eigentlich nur da, um die politische und finanzielle Macht des Klägers ins Licht zu rücken. Ciceros ganze Beredsamkeit gegen Verres will die Richter unter der Maske eines prachtvollen sittlichen Pathos überzeugen, daß seine Verurteilung in ihrem
Standes
interesse liegt. Nach allgemein antiker Auffassung ist es selbstverständlich, daß der Sitz im Gericht den Privatinteressen und denen der Partei zu dienen hat. Demokratische Ankläger in Athen pflegten am Schluß ihrer Rede die Geschwornen aus dem Volke darauf aufmerksam zu machen, daß sie durch Freisprechung des reichen Angeklagten um ihre Prozeßgebühren kämen. [ R. v. Pöhlmann, Griech. Geschichte (1914), S. 236 f.] Die gewaltige Macht des Senats beruht zum großen Teil darauf, daß er durch die Besetzung aller Gerichte das Schicksal jedes Bürgers in Händen hatte; danach kann man die Tragweite des gracchischen Gesetzes von 122 ermessen, das die Gerichte dem Ritterstand übertrug und die Nobilität, das heißt die hohen Beamten, damit der Finanzwelt auslieferte. [So konnte Rutilius Rufus in dem berüchtigten Prozeß von 93 verurteilt werden, weil er als Statthalter gegen die Erpressungen der Pachtgesellschaften pflichtgemäß vorgegangen war.] Sulla hat im Jahre 83 zugleich mit den Proskriptionen der großen Geldleute auch die Gerichte wieder dem Senat zurückgegeben,
als politische Waffe
, wie sich versteht, und der Endkampf der Machthaber findet auch in dem beständigen Wechsel der Richterauswahl ihren Ausdruck.
    Aber während die Antike, an der Spitze das Forum von Rom, die Volksmasse zu einem sichtbaren und dichten Körper zusammenzog, um ihn zu zwingen, von seinen Rechten den Gebrauch zu machen, den man wollte, schuf »gleichzeitig« die europäisch-amerikanische Politik
durch die Presse
ein Kraftfeld von geistigen und Geldspannungen über die ganze Erde hin, in das jeder einzelne eingeordnet ist, ohne daß es ihm zum Bewußtsein kommt, so daß er denken, wollen und handeln muß, wie es irgendwo in der Ferne eine herrschende Persönlichkeit für zweckmäßig hält. Das ist Dynamik gegen Statik, faustisches gegen apollinisches Weltgefühl, das Pathos der dritten Dimension gegen die reine, sinnliche Gegenwart. Man spricht nicht von Mann zu Mann;

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