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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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noch ein wenig lauter, aber Laurus’ Lächeln begann allmählich zu erstarren, und auch Andrej
fühlte sich immer unbehaglicher.
Der Vorhang hinter Abu Dun teilte sich, und dann traten Bason und sein Bruder vor. Bason trug einen
gewaltigen Hackklotz, den er vor dem Nubier abstellte, während Rason einen kaum weniger großen
Holzscheit herbeischleppte; so lang wie ein Arm und zwei gute Handspannen dick. Um einen Scheit wie
diesen zu spalten, hätte es einer jener gewaltigen Kriegsäxte bedurft, die man nur mit zwei Händen führen
konnte, und selbst dann nur, wenn man stark war wie ein Ochse. Abu Dun jedoch benutzte keine Axt.
Nachdem die beiden Brüder zurückgetreten waren, zog er seinen Krummsäbel, schwang ihn mit beiden
Händen hoch über den Kopf und spaltete das Holz mit einem einzigen, gewaltigen Hieb. Ein erstauntes
Raunen ging durch die Menge, hier und da auch ein erschreckter Aufschrei.
»Beeindruckend«, sagte Laurus, und Elena murmelte: »Was für ein Mann!«
Nicht nur Andrej sah sie erstaunt an, auch Laurus wandte kurz den Kopf und bedachte sie mit einem
missbilligenden Stirnrunzeln.
Aber Elena lachte nur noch herzhafter. »Was schaust du mich an?«, neckte sie ihn. »Wäre es dir lieber,
ich würde mich für Schwächlinge begeistern?«
Laurus war klug genug, nicht darauf zu antworten, sondern es bei einem noch tieferen Stirnrunzeln und
einem angedeuteten und alles andere als überzeugenden Lächeln zu belassen und sich dann wieder auf
Abu Dun und das Geschehen auf der Bühne zu konzentrieren. Aber während er den Kopf drehte, streifte
sein Blick flüchtig Elenas rechten Arm, mit dem sie sich bei Andrej untergehakt hatte, und Andrej spürte,
wie Laurus innerlich zusammenfuhr. Vielleicht ist es an der Zeit, dass ich gehe, dachte er.
»Nun, ihr ungläubigen, Schweinefleisch fressenden Hunde?«, brüllte Abu Dun, während er drohend den
Säbel schüttelte.
»Zittert vor der Macht Abu Duns. Und messt euch mit ihm, wenn ihr es wagt!« Er versetzte dem
Hackklotz einen Tritt, der ihn mitten ins Publikum stürzen ließ. Zwei oder drei Männer sprangen hastig zur
Seite, irgendjemand fluchte, was von den Umstehenden jedoch mit einem Chor aus schadenfrohem
Gelächter kommentiert wurde. Rason verschwand unterdessen hinter der Bühne. Nach einem kurzen
Moment kehrte er wieder zurück; in der linken Hand trug er ein Holzschwert, in der rechten einen runden,
aus Weidenzweigen geflochtenen Schild.
Er reichte beides an Abu Dun.
»Kommt her, ihr Feiglinge!«, rief Abu Dun herausfordernd.
»Wer von euch den Mut hat, sich mit mir zu messen, der soll vortreten! Wer es schafft, mich
niederzuschlagen, oder mir so lange Stand zu halten, wie der Sand in dieser Uhr braucht, um
hindurchzurieseln, der bekommt fünf Taler auf die Hand!«
Rason zauberte eine kleine Sanduhr unter seinem Wams hervor, die er für alle gut sichtbar über den Kopf
hielt. Andrej kam zu dem Schluss, dass es kaum länger als eine Minute dauern konnte, bis die Zeit in
diesem Standglas abgelaufen war. Eine trügerisch kurze Spanne für jeden, der annahm, gegen Abu Dun
schon irgendwie bestehen zu können. Aber eine Ewigkeit für jeden, der sodann dem säbelschwingenden
Nubier gegenüber stand.
Andrej hatte längst nicht mehr vor, zu gehen. Er war über die Maßen alarmiert. Was hatte der Freund vor?
Er war immer noch nicht bereit zu glauben, dass der Nubier etwas wirklich Dummes tun könnte, aber
plötzlich erinnerte er sich wieder an ihren Streit vom Vormittag, an den fast unheimlichen Ausdruck in
Abu Duns Augen und an seine Worte: Dann lässt du mir keine andere Wahl!
»Wagt es keiner?«, rief Abu Dun. »Fünf Taler für jeden!« Das Publikum wurde leiser. Einige Männer
lachten noch, irgendwo hatte ein Kind zu weinen begonnen, erschreckt durch Abu Duns herrische Stimme
und sein finsteres Gesicht, doch allmählich machte sich betretenes Schweigen unter den Zuschauern breit.
»Was soll das?«, murmelte Laurus. »Das war nicht abgesprochen. Dieser Narr, wenn er die
Herausforderung verliert, dann zahlt er den Betrag aus eigener Tasche.«
»Keine Sorge«, murmelte Andrej. »Er wird nicht verlieren.«
»Bist du da so sicher?«, fragte Laurus. Andrej nickte. »Niemand wird sich ihm stellen«, sagte er. »Oder
würdet Ihr es tun?«
Laurus hob nur die Schultern, doch gerade, als Andrej dachte, dass tatsächlich niemand das Angebot des
Nubiers annehmen würde und er erleichtert aufatmen wollte, löste sich ein Mann aus der Zuschauermenge
und ging unter beifälligem

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