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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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saß so
tief, dass sie fast körperlich schmerzte.
»Unsinn! Dein Freund ist verwundet. Er ist zu stolz, um es zuzugeben, aber er kann nicht gehen, und
schon gar nicht reiten.«
»Das ist … ist nicht wahr«, lallte Abu Dun. »Ich brauche nur noch … einen Schluck von diesem …
köstlichen Beerensaft, um …«
»… vom Stuhl zu fallen und dir auch noch das letzte bisschen Verstand aus dem Schädel zu schlagen, ich
weiß.« Andrej beugte sich über den Tisch und nahm Abu Dun den Weinkrug weg. Der Nubier sah
enttäuscht aus, sagte aber nichts.
»Ihr habt so lange nach mir gesucht, da ist es nur recht und billig, wenn ihr so lange hier bleibt, bis der
Araber sich erholt hat«, fuhr Anka ungerührt fort. »Zwei oder drei Tage werden genügen.
Danach mögt ihr eurer Wege gehen.«
»Danke«, sagte Andrej.
»Bedanke dich, nachdem Rason dir gesagt hat, was du dafür tun musst«, kicherte Anka. »Bei uns findet
jeder Obdach, aber es ist nicht umsonst. Und jetzt bring deinen betrunkenen Freund nach draußen. Rason
wird euch zeigen, wo ihr schlafen könnt.«

ZWEITES KAPITEL
    Die Enttäuschung hatte ihn bis in seine Träume hinein verfolgt, und ihm für den Rest der Nacht einen
unruhigen Schlaf beschert.
Abu Dun, der mehr getrunken zu haben schien als nur einen Krug Wein, war zwar auf der Stelle
eingeschlafen, warf sich jedoch stöhnend von einer Seite auf die andere und schnarchte, dass es Andrej
das letzte bisschen Schlaf raubte.
Gegen Sonnenaufgang, als das Lager langsam zum Leben erwachte, kroch er ans Tageslicht.
Rason hatte ihnen ein Zelt weit am Rande des Lagers zugewiesen, ob zufällig oder mit Bedacht, konnte
Andrej nicht sagen. Das Vertrauen der Sinti in ihre unbekannten Gäste schien jedoch nicht so vorbehaltlos
zu sein, wie Rason sich den Anschein gegeben hatte. Zwar konnte Andrej keinen Wachposten ausmachen,
als er das Zelt verließ und sich aufrichtete, aber er spürte, dass vor wenigen Momenten noch jemand hier
gewesen war. Er musste nicht lange suchen, bis er die Spuren von zwei Männern im Gras entdeckte.
Vermutlich die beiden, die auch hinter Ankas Wagen Wache gestanden hatten.
Andrej registrierte die Entdeckung mit Genugtuung. So verhasst ihm überzogenes Misstrauen war, so
wenig schätzte er Menschen, die zu vertrauensselig waren. Sie brachten damit oft genug nicht nur sich
selbst, sondern auch andere in Gefahr.
Bald würde es hell werden. Andrej schlug fröstelnd die Arme um den Oberkörper, drehte sich halb um
seine eigene Achse und ging dann auf die nächstgelegene Feuerstelle zu. Die Flammen waren im Laufe
der Nacht erloschen, aber in der Asche gab es noch genügend Glut. Er brauchte nur ein paar trockene
Zweige und zwei oder drei Lungen voll Luft, um das Feuer wieder anzufachen.
»Du machst dich nützlich«, hörte er eine Stimme hinter sich.
»Das ist gut.«
Andrej drehte sich um und erkannte Rason, der lautlos wie ein Schatten herangekommen war.
»Ich bin hungrig«, antwortete er lächelnd. »Und eure Anführerin hat mir klargemacht, dass ich arbeiten
muss, wenn ich essen will.«
»Damit hat sie zwar Recht, aber Anka ist nicht unsere Anführerin«, erwiderte Rason kopfschüttelnd. »Du
darfst sie nicht zu ernst nehmen. Sie ist alt und manchmal seltsam. Wir haben für jeden ein Stück Brot und
einen Becher Wasser, der darum bittet.«
»Wir stehen schon viel zu tief in eurer Schuld«, beharrte Andrej. »Wenn ihr nicht gekommen wärt, dann
wären wir jetzt wahrscheinlich tot. Abu Dun zumindest.«
Rasons Gesicht spiegelte völlige Verständnislosigkeit. »Tot?«
»Wegen dieser Kinder«, erklärte Andrej. Wenn es denn Kinder waren.
»Kinder?« Rason runzelte die Stirn. »Ich habe keine Kinder gesehen.«
»Aber…«
»Mein Bruder und ich haben euch unten am Bach gefunden«, fuhr Rason fort. »Bewusstlos. Aber da
waren keine Kinder. Was soll mit ihnen gewesen sein? Haben sie euch bestohlen?«
Andrej starrte den jungen Zigeuner durchdringend an. Es war nicht so, dass er Gedanken lesen konnte,
aber seine scharfen Sinne machten es ihm leicht zu erkennen, ob ihn jemand belog.
Bei Rason spürte er nichts dergleichen.
»Sprich weiter.«
»Da gibt’s nicht mehr viel zu sagen«, antwortete Rason. »Ihr wart bewusstlos. Beide. Wir haben uns ein
wenig umgesehen und eure Pferde und euer Gepäck gefunden. Es sah aus, als hätte man versucht, euch zu
bestehlen.« Erneut zuckte er die Achseln. »Wir waren der Meinung, ihr hättet die Diebe überrascht und
verfolgt, und dabei wäre es zum Kampf gekommen.« Er

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