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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bestellte Mehl abzuholen. Er hat mir nichts gegeben.«
»Warum?«, fragte Andrej.
»Euretwegen.«
»Unseretwegen?«
Wieder vergingen endlose Sekunden, bevor der Junge antwortete. Er wandte seinen Blick nicht von
Andrej ab, als er auf Elena deutete. »Ihretwegen.«
»Erkläre das!«
»Handmann hat gehört, was heute Morgen in der Stadt passiert ist. Er sagt, er … er verkauft seine Waren
nicht an Hexen und Zauberer. Das waren seine Worte, nicht meine! Ich bin … Es ist… Wir können …«
»Jetzt beruhige dich doch«, sagte Andrej. »Ich glaube dir.
Niemand hier nimmt dir etwas übel.« Er warf Elena einen mahnenden Blick zu. »Im Gegenteil, es war
richtig, dass du hergekommen bist. Wir werden uns selbst um die Angelegenheit kümmern.«
Zu seiner Verwunderung streifte ihn Elenas feindseliger Blick nur kurz, dann nickte sie knapp und sagte:
»Erklär’ uns den Weg zu diesem Müller. Ich werde selbst mit ihm reden.«
Der Junge tat, wie ihm geheißen, und kaum hatte er zu Ende gesprochen, da machte er auf dem Absatz
kehrt und kletterte so hastig in den Sattel seines Pferdes, dass er fast auf der anderen Seite wieder
heruntergefallen wäre. Andrej sah ihm stirnrunzelnd nach, bis er eiligst davon geritten war, dann wandte
er sich zu Elena um. »Glaubst du wirklich, dass es eine gute Idee ist, zu diesem Mann zu gehen?« Sie maß
ihn mit einem fast verächtlichen Blick. »Ich habe keine Angst vor einem Müller«, sagte sie - auf eine Art,
als wäre allein die Tatsache, dass sie über einen Müller sprach, schon ein Garant dafür, dass der Mann ihr
nicht gefährlich werden konnte.
Andrej schüttelte besorgt den Kopf. »Anscheinend hast du nicht richtig zugehört«, sagte er. Weder jetzt
noch heute Morgen, fügte er in Gedanken hinzu, doch er war sich ziemlich sicher, dass Elena es trotzdem
hörte. »Sie haben von einer Hexe gesprochen.«
»Bin ich das denn?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Andrej achselzuckend.
»Aber es spielt keine Rolle, was ich weiß oder nicht. Die Menschen sind abergläubisch, und sie fürchten
alle Fremden.
Aus Furcht wird leicht Hass.«
»Du überschätzt dieses einfältige Pack«, gab Elena verächtlich zurück. »Und du unterschätzt mich. Ich bin
schon mit anderen Gefahren fertig geworden.«
Daran zweifelte Andrej keine Sekunde. Dennoch schüttelte er nur noch nachdrücklicher den Kopf. »Du
solltest trotzdem nicht -«
»Und außerdem werde ich nicht allein dorthin gehen«, fiel sie ihm ins Wort. Ihre Augen glitzerten
spöttisch. »Wozu haben wir einen so tapferen Krieger wie dich in unserer Mitte?«
Andrej hatte irrigerweise angenommen, dass sie, wie schon am Morgen, mit dem Wagen aufbrechen
würden; zumal Elena der sicheren Überzeugung zu sein schien, auf dem Rückweg mehrere Zentner Haferund Weizenmehl mitzubringen. Die zweite - und deutlich größere - Überraschung war, dass Elena und er
das Lager allein verließen, und zwar hoch zu Ross. Die Blicke, die Laurus ihm zugeworfen hatte, hatten
ihm klar gemacht, dass der Sinti sehr wohl wusste, mit welchen Augen Andrej seine Frau ansah; und dass
es ihm missfiel. Andrej hatte damit gerechnet, dass sich zumindest einer seiner beiden Söhne ihnen
anschließen würde, aber Bason hatte ihm nur eine spöttische Bemerkung mit auf den Weg gegeben, und
sein Bruder war gar nicht erst zu sehen gewesen.
Elena erwies sich als ausgezeichnete Reiterin, deren Geschick dem seinen in nichts nachstand, und auch
das struppige Pony, auf dem sie ritt, erwies sich Andrejs Rassehengst als durchaus ebenbürtig. Auf dem
ersten Stück des Weges hatte er beinahe Mühe, überhaupt an ihrer Seite zu bleiben, und auch danach legte
Elena ein so scharfes Tempo vor, dass eine Unterhaltung praktisch unmöglich wurde - was Andrej
allerdings Recht war. Er war noch immer mit sich und seinen Gefühlen im Unreinen und ertappte sich
mehr als einmal bei dem Gedanken, ob Abu Dun vielleicht mit vielem von dem, was er gesagt hatte, im
Recht war, wenn nicht gar mit allem.

VIERTES KAPITEL
    Die Sonne war längst untergegangen, als sie das Haus des Müllers erreichten - das sich als nichts anderes
als eine herunter gekommene, wenngleich riesige Windmühle erwies.
In der Dunkelheit ragte das Gebäude fast wie ein Berg vor ihnen auf, und obwohl die großen Flügel still
standen und nur die Stoffbespannung manchmal in der leichten Brise flatterte und klatschte, wie das
schlaff herunterhängende Segel eines Schiffes, vernahm Andrej doch das Ächzen und Knarren des uralten
Holzes, das wie

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