Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Laurus’ Kopf flog herum. Eine tiefe
Falte erschien zwischen seinen weißen Augenbrauen.
»Besuch«, sagte Bason kurzatmig, nachdem er endlich bei ihnen angelangt war. Andrej spannte sich
instinktiv. Etwas an Basons Haltung und in seinem gehetzten Blick alarmierte den Krieger in ihm.
Unauffällig trat er ein kleines Stück näher, als Bason sich an seine Schwester wandte: »Ich glaube, es ist
dieser Bäcker, mit dem du heute Morgen verhandelt hast.«
Elena nickte. »Er hat versprochen, das Mehl selbst zu bringen«, sagte sie. »Dafür dürfen er und seine
Familie unserer Vorstellung zusehen.«
»Aber er ist allein«, erklärte Bason. »Und wenn er Mehl dabei hat, dann ist es nicht besonders viel, denn
es müsste in seine Satteltaschen passen.«
Elena und Laurus wechselten einen überraschten Blick und setzten sich ohne ein weiteres Wort in die
Richtung in Bewegung, aus der Bason gekommen war. Nach einem winzigen Moment des Zögerns
schlossen sich Bason und Andrej ihnen an.
Sie mussten das Lager halb durchqueren, bevor sie den Besucher sahen, den Bason angekündigt hatte. Er
war tatsächlich zu Pferde gekommen; auf einem klapperigen alten Gaul, der nicht so aussah, als könne er
das Gewicht eines ausgewachsenen Mannes noch ohne Schmerzen tragen. Und es war nicht der Mann, mit
dem Elena und Andrej am Morgen verhandelt hatten. Dennoch erkannte Andrej ihn wieder: Es handelte
sich um den jungen Burschen, den er am Morgen in Begleitung des Bäckers gesehen hatte; vielleicht einer
der Gesellen, möglicherweise auch sein Sohn. Wenn das Pferd schon erschöpft wirkte, so schien sein
Reiter am Ende seiner Kräfte zu sein. Er zitterte, und sein Gesicht war leichenblass.
Doch je näher sie ihm kamen, desto sicherer war Andrej, dass es nicht Erschöpfung war, was er in den
Augen des jungen Burschen las. Es hätte seiner Vampyrsinne nicht bedurft, um zu begreifen, dass der
Junge Angst hatte. Doch wovor?
»Du kommst früh«, eröffnete Elena das Gespräch. Ihre Stimme klang kühl, hart an der Grenze zur
Unfreundlichkeit, und gerade herausfordernd genug, den armen Jungen noch mehr einzuschüchtern.
Ihre Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Der Bursche hielt ihrem Blick nur einen halben Herzschlag lang
Stand, dann sah er nervös zu Boden und begann tatsächlich mit den Füßen zu scharren, als er antwortete:
»Ich … mein Vater schickt mich. Es … gibt ein Problem.«
Elena nickte. »Die Satteltaschen deines Pferdes sind nicht groß genug.«
Obwohl der Junge Elena nicht einmal ansah, fuhr er unter dem beißenden Spott in ihren Worten
zusammen wie unter einem Hieb, und sein Blick wurde noch unsteter. »Ich …« Er rang nach Worten.
Schließlich nahm er all seinen Mut zusammen, hob den Kopf und sah Elena direkt ins Gesicht; wenn auch
nur für eine Sekunde. »Wir können nicht liefern.«
Womit immer er und auch Andrej gerechnet hatten, es kam nicht. Elena sah ihn nur fragend und mit
einem angedeuteten Lächeln an, und an ihrer Stelle ergriff Laurus das Wort: »Wo ist das Problem? Wir
hatten einen Handel, soweit ich weiß.«
»Das stimmt«, beeilte sich der junge Bursche zu versichern. »Es ist auch nicht so, dass wir unseren Teil
der Vereinbarung nicht einhalten wollen. Aber es geht nicht.«
»Ihr wollt den Preis in die Höhe treiben«, vermutete Elena.
»Nein«, versicherte der Bäckergeselle schnell. »Aber wir haben selbst keine Ware bekommen.
Handmann, der Müller, weigert sich, uns Mehl zu verkaufen.«
»Weil er den Preis in die Höhe treiben will?«, fragte Laurus, aber auch diesmal bestand die Antwort nur
aus einem Kopfschütteln und einem noch unbehaglicheren Fußscharren.
»Er will… Er hat… Er sagte …«
»So beruhige dich doch, Junge«, mischte sich nun Andrej ein. Elena warf ihm einen zornigen Blick zu, und
auch Laurus runzelte verärgert die Stirn, aber keiner der beiden sagte etwas. Und so trat Andrej mit einem
entschlossenen Schritt auf den bemitleidenswerten Burschen zu, schon, um den Blickkontakt zwischen
den beiden Parteien zu unterbrechen - hob besänftigend die Hände und fuhr mit leiser Stimme fort:
»Du brauchst keine Angst zu haben. Niemand hier macht dir einen Vorwurf. Und nun erzähle uns in aller
Ruhe, was passiert ist.«
Sein Gegenüber atmete erleichtert auf, und zum ersten Mal entspannten sich die Züge in seinem Gesicht
ein wenig, wenngleich die Furcht in seinem Blick noch immer groß war.
Nervös fuhr er sich mit der Zungenspitze über die Lippen.
»Ich war heute Mittag selbst bei ihm, um das

Weitere Kostenlose Bücher