Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
»Elena
mag sich vielleicht nicht besonders klug verhalten haben, das will ich gern eingestehen, aber ich gebe
Euch mein Wort, dass sie weder eine Hexe ist, noch irgend etwas mit Zauberei zu tun hat.«
»Das Wort eines Zigeuners!«, sagte Handmann verächtlich.
»Seid Ihr das?«, fragte der Berittene. »Ein Zigeuner?« Andrej schüttelte den Kopf. »Wir gehören nicht zu
Elenas Familie«, sagte er. »Wir sind erst vor einigen Tagen zu ihnen gestoßen und werden bald wieder
unserer Wege gehen.«
»Warum sollte ich Euch glauben, Andreas?«, fragte der Reiter.
Andrej konnte sich nicht erinnern, ihm seinen Namen genannt zu haben, weder seinen wirklichen, noch
den angenommenen, unter dem er in diesem Teil der Welt reiste. Also hatte der Mann schon mit
jemandem über ihn und vermutlich auch Abu Dun und die anderen gesprochen. »Vielleicht gerade, weil
ich nicht zu ihnen gehöre«, sagte er. »Warum sollte ich für Leute lügen, die ich kaum kenne?«
»Glaub’ ihm kein Wort!«, rief Handmann. »Gestern Nacht hat er ganz anders geredet! Er gehört zu ihnen!
Er ist ein Hexer wie sie!
Vielleicht der schlimmste überhaupt!«
Der grauhaarige Mann im Sattel wiegte nachdenklich den Kopf.
»Vater Flock sagt etwas anderes über ihn«, sagte er. »Er hält ihn für vertrauenswürdig.«
»Ja, und jetzt ist er mehr tot als lebendig«, knurrte Handmann.
Er deutete anklagend auf die Mühle. »Was haben sie dort gesucht, wenn nicht den Beweis dafür, dass ihr
Plan aufgegangen ist?«
»Wie gesagt«, sagte Andrej. »Wir wollten uns mit eigenen Augen überzeugen, was geschehen ist.
Zumindest, was die Ratten angeht, scheinst du ja die Wahrheit gesagt zu haben.«
Handmann runzelte die Stirn, und auch auf dem Gesicht des Grauhaarigen erschien ein fragender
Ausdruck. Der dritte Mann, der bisher schweigend neben Handmann gestanden und abwechselnd Abu
Dun und Andrej angeblickt hatte, machte sich plötzlich mit schnellen Schritten in Richtung Mühle auf.
Fast instinktiv wollte Andrej ihn zurückhalten, erkannte aber im letzten Moment, dass das keine kluge
Idee gewesen wäre. Ganz egal, was sie sagten oder nicht, die Männer waren misstrauisch. Und von ihrem
Standpunkt aus betrachtet, vermutlich sogar zu Recht.
»Ratten tun so etwas aber normalerweise nicht«, sagte der Berittene.
»Das stimmt«, sagte Andrej. Er machte eine unschlüssige Handbewegung. »Deswegen sind wir ja auch
hier. Um ehrlich zu sein, haben wir die Geschichte nicht geglaubt. Aber wir konnten uns mit eigenen
Augen davon überzeugen, dass der Müller die Wahrheit gesagt hat. Aber das hat nichts mit Zauberei zu
tun. Ich vermute, die Tiere waren krank.«
»Krank?«, fragte Handmann. »Gestern Abend kamen sie mir höchstlebendig vor!«
»Ja, und jetzt sind sie höchsttot«, antwortete Andrej.
Handmann riss die Augen auf, und auch der Mann auf dem Pferd sah überrascht und ein wenig ungläubig
drein.
»Sie sind alle tot«, sagte Andrej noch einmal. »Sie sind da drinnen im Haus. Wir haben sie gefunden.«
Der Grauhaarige musterte erst ihn, dann und deutlich länger Abu Dun, sein misshandeltes Gesicht, seine
zerrissenen Kleider und all das Blut auf seinem Mantel und an seinen Händen. Dann sagte er: »Eurem
Aussehen nach zu schließen, vielleicht nicht alle.«
»Das stimmt«, sagte Andrej. »Einige waren noch am leben.
Wir haben sie erschlagen.« Er lachte leise. »Ich bin froh, dass es nicht mehr sehr viele waren. Sie haben
mehr wie Wölfe gekämpft, als wie Ratten.«
Hinter ihm fiel die Tür der Mühle ins Schloss, und der dritte Mann kam zurück. »Er sagt die Wahrheit«,
sagte er, an den Mann im Sattel gewandt. »Der ganze Raum ist voller toter Ratten. Es müssen Tausende
sein.«
»Und woran sind sie gestorben?«
Der Mann hob die Schultern. »Etliche sind erschlagen worden, so wie es aussieht. Aber die meisten sind …
einfach tot.« Er wirkte ein bisschen hilflos, und auf seinem Gesicht war deutlich Furcht zu erkennen.
»Vielleicht waren sie ja … krank.«
»Krank?«, fragte Handmann.
»Das nehme ich auch an«, sagte Andrej, ohne dem gehässigen Ton in Handmanns Stimme auch nur die
geringste Beachtung zu schenken. »Ich habe niemals gehört, dass sich Ratten so benehmen. Sie fressen
normalerweise alles auf, was sie finden, das ist richtig, aber sie überfallen keine Mühlen, und sie
vertreiben schon gar nicht deren Bewohner.
Handmann sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein.
»Was willst du damit andeuten?«
»Nicht, wenn sie gesund und nicht gerade halb wahnsinnig vor Hunger

Weitere Kostenlose Bücher