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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihm
zugestoßen ist. Aber dieser Vorfall ist nicht der einzige.
Bevor Ihr gekommen seid, Laurus, war dies eine friedliche Stadt.
Aber gestern wurde Pater Flock um ein Haar getötet.«
»Damit haben wir nichts zu tun«, sagte Laurus. Er klang ein bisschen erschrocken, fand Andrej, und der
Ausdruck auf Schulz’ Gesicht machte ihm klar, dass es auch ihm nicht entgangen war. »Er hat sich im
Wald verirrt und wurde überfallen.
Ich weiß nicht, von wem. Vielleicht waren es Räuber.«
»Räuber«, wiederholte Schulz nachdenklich. Sonderbarerweise umspielte ein angedeutetes Lächeln seine
Lippen, während er dieses Wort aussprach. »Nie hat es bisher Räuber in dieser Gegend gegeben.«
»Ja, vermutlich haben wir sie mitgebracht!«, rief Laurus aufgebracht. »Haltet Ihr uns für so dumm,
Schulz? Selbst wenn wir hinter diesem Überfall stecken sollten - aus welchem Grund auch immer -, glaubt
Ihr wirklich, wir hätten es so plump angestellt, dass aller Verdacht sofort auf uns fiele?«
Schulz überlegte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf.
»Nein«, sagte er. »Und wenn, dann hätte ich gleich Soldaten geschickt, statt selbst zu kommen.« Er
machte eine kleine Pause, um seinen nachfolgenden Worten mehr Gewicht zu verleihen und stand auf.
»Dennoch müssen diese Vorfälle untersucht werden, und sei es nur, um Euch und Eure Familie von jedem
Verdacht reinzuwaschen, Laurus. Ihr habt vor, noch länger hier zu bleiben?«
»Zwei oder drei Tage«, knurrte Laurus.
»Vielleicht werdet Ihr länger hier verweilen müssen«, antwortete Schulz. »Um es klar zu sagen: Ich muss
darauf bestehen, dass Ihr hier bleibt, bis die Angelegenheit vollkommen aufgeklärt ist.«
»Dann sind wir Eure Gefangenen?«
»Ich habe nicht das Recht, jemanden gefangen zu nehmen«, antwortete Schulz ruhig. »Ihr könnt Euch frei
in Eurem Lager bewegen und Euren Geschäften nachgehen. Ihr könnt auch in die Stadt kommen, das
kann und will ich Euch nicht verbieten. Ich kann Euch nur raten, es nicht zu tun. Die Stimmung dort ist im
Moment nicht besonders gut. Die Menschen sind nervös und haben Angst, und ob nun zu Recht oder nicht
- sie geben Euch die Schuld an allem. Es wäre deshalb in Eurem eigenen Interesse, hier zu bleiben und
abzuwarten, was die Untersuchungen ergeben.«
»Und wenn ich das nicht will?«
Schulz hob die Schultern. »Es ist Eure Entscheidung. Wenn es Euch lieber ist, dass ich die Behörden
einschalte und es eine offizielle Untersuchung gibt…«
Laurus starrte ihn an, aber er war zu Andrejs Erleichterung diesmal klug genug, nichts mehr zu sagen.
Schulz wandte sich zum Gehen, während Laurus sitzen blieb und ihm nur finster nachstarrte. Sein
Begleiter trat respektvoll zur Seite und öffnete gleichzeitig die Tür, aber Schulz wandte sich noch einmal
zu Laurus um. »Und was das Mehl angeht, das Handmann Euch nicht verkaufen wollte: Ich habe einen
Wagen losgeschickt, der Euch einen ausreichenden Vorrat bringen wird.
Ich habe gehört, Ihr gebt abends eine Vorstellung mit Gauklern, Feuerschluckern und -«, er warf einen
raschen Blick in Andrejs Richtung, »-Schwertkämpfern?«
»Wenn Ihr nichts dagegen habt«, knurrte Laurus böse. »Ganz im Gegenteil«, sagte Schulz. »Die Zeiten
sind hart und die Menschen sind dankbar für jede Zerstreuung. Ich habe gehört, dass Eure Vorstellung
sehr gut sein soll. Vielleicht komme ich heute oder morgen Abend und schaue sie mir an.« Er hob die
Schultern, als wäre ihm in diesem Moment eine Idee gekommen. »Bei der Gelegenheit kann ich vielleicht
auch ein paar Worte mit Eurem Weib wechseln. Sie soll ja eine sehr schöne Frau sein.«
Laurus schenkte ihm nur einen finsteren Blick, und nachdem er einen Moment lang vergeblich auf eine
Antwort gewartet hatte, verließ Schulz endgültig den Wagen. Andrej folgte ihm zur Tür und sah, wie er
und seine beiden Begleiter aufsaßen und davon ritten.
Ohne die Tür zu schließen, drehte er sich zu Laurus herum.
»Das war nicht besonders klug von Euch.«
»Was? Mir die Unverschämtheiten dieses Kerls nicht gefallen zu lassen?«
»Ihn zu reizen«, antwortete Andrej. »Ich weiß, es geht mich nichts an, aber er hat Recht: Die Menschen
sind schnell damit bei der Hand, Fremde für alles Übel verantwortlich zu machen, das ihnen widerfährt.«
Laurus schnaubte. »Vielen Dank für diesen guten Rat, Andreas!
Aber stell’ dir vor, das habe ich auch schon gemerkt. Zum ersten Mal vor ungefähr vierzig Jahren.« Er
stand mit einem so zornigen Ruck auf, dass sein Stuhl zurückflog und

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