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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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umgestürzt wäre, wäre er nicht
gegen die Wand geprallt. »Und wo wir schon einmal dabei sind, was habt Ihr und Euer schwarzgesichtiger
Freund bei der Mühle getan?«
»Nur das, was ich Euch gestern erzählt habe«, sagte Andrej.
»So?«, schnaubte Laurus. »Und deshalb kommt dieser Narr hierher und bezichtigt meine Frau der Hexerei
und uns der Wegelagerei?«
»Laurus, begeht jetzt nicht den gleichen Fehler wie Schulz«, sagte Andrej. »Oder sind Abu Dun und ich
nun unweigerlich Schuld an dem, was passiert ist, nur, weil wir für Euch Fremde sind? Und jetzt
entschuldigt mich bitte. Ich habe zu tun.«
Auch die Vorstellung an diesem Abend fand ohne Abu Dun und Andrej statt. Er war noch zwei Mal im
Zelt des Nubiers gewesen und hatte sich nach seinem Befinden erkundigt, war aber nicht lange geblieben,
obwohl er gespürt hatte, wie sehr es Abu Dun danach drängte, mit ihm zu reden. Er würde um dieses
Gespräch nicht herumkommen, vielleicht noch heute, spätestens aber morgen, aber solange es ihm
möglich war, ging er ihm aus dem Weg. Vielleicht, weil er im Grunde schon wusste, wie ihre Unterhaltung
enden würde. Es kam selten vor, aber Andrej hatte dem Freund insgeheim schon längst Recht gegeben.
Sie konnten nicht hier bleiben. Ja, sie hätten gar nicht erst hierher kommen sollen.
Er beschäftigte sich den ganzen Tag über mit allen möglichen Aufgaben - einige wurden ihm zugewiesen,
andere suchte er sich selbst -, und als es dämmerte, die ersten Feuer angezündet wurden und die ersten
Gäste ins Lager zu strömen begannen, zog er sich wieder in seinen Wagen zurück. Er war nicht dazu
gekommen, weiter Ordnung zu machen, und wollte den letzten Rest vom Tageslicht ausnutzen, um dies
nachzuholen.
Natürlich schaffte er es nicht. Er war unkonzentriert, nervös und mit den Gedanken nicht bei der Sache,
und als das Licht verblasste und er in dem heruntergekommenen Wagen nur noch Schatten wahrnahm,
war er beinahe dankbar dafür. Immerhin hatte er sein Bett hergerichtet und den gröbsten Schmutz und die
zerbrochenen Möbel entfernt, und für die ein oder zwei Tage, die sie wahrscheinlich nur noch bleiben
würden, reichte diese Unterkunft vollkommen aus.
Jemand klopfte an seine Tür. Andrej war im ersten Moment irritiert, fast erschrocken. Die Auswahl
derjenigen, die ihn besuchen würden, war nicht besonders groß, und keinen davon wollte er im Moment
wirklich sehen. Dennoch öffnete er und blinzelte einen Moment lang verständnislos in das Gesicht Elenas,
die draußen stand und eine brennende Sturmlaterne in der Hand hielt. »Elena?«
»Ja. Jedenfalls war das bis eben mein Name«, antwortete sie lächelnd. »Komme ich ungelegen?«
Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern raffte mit der freien Hand ihr Kleid, um die Treppe
hinaufzusteigen und drängte sich einfach an ihm vorbei in den Wagen. Das Licht der Sturmlaterne vertrieb
die barmherzige Dämmerung, die die Unordnung gnädig eingehüllt hatte, und erfüllte das Wageninnere mit
bleicher Helligkeit und harten Schatten.
Elena ging bis zur Mitte des Wagens, drehte sich, die Lampe immer noch haltend, einmal um sich selbst
und sagte dann:
»Oh.«
»Ich bin … nicht sonderlich gut in solchen Dingen«, sagte Andrej mit einem verlegenen Lächeln.
»Ja, mir scheint auch, hier fehlt die Hand einer Frau«, meinte Elena. Sie sah sich nach einem Platz um, an
dem sie die Lampe abstellen konnte, setzte sie schließlich einfach auf den Boden und sah sich noch einmal
um. »Ich habe mich immer gefragt, warum Laurus den Wagen nicht schon längst ausrangiert hat, aber ich
glaube, jetzt weiß ich es.«
»Er ist besser als ein Zelt«, antwortete Andrej, »und für die kurze Zeit wird es schon reichen. Warum bist
du hier?«
Unbemerkt war er so weit von Elena zurückgewichen, wie es in dem kleinen Wagen überhaupt möglich
war. Sie neigte den Kopf und schien über seine Frage nachzudenken. »Eigentlich wollte ich dir nur eine
Lampe bringen - und dich fragen, wo du bleibst. Wir sind alle draußen am Feuer und feiern.«
»Mir ist nicht nach feiern zumute«, antwortete Andrej.
»Und nicht danach, Laurus zu begegnen«, sagte Elena mit einem Nicken, das aus der Frage eine
Feststellung machte. »Ich kann dich beruhigen. Er ist nicht im Lager.«
»Ist das klug?«, fragte Andrej. »Nach dem, was Schulz heute Morgen gesagt hat?«
»Nur aus diesem Grund ist Laurus in die Stadt geritten«, erwiderte Elena. »Er will sich bei ihm
entschuldigen und noch einmal in Ruhe mit ihm reden.«
»Entschuldigen?

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