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Der Untertan

Der Untertan

Titel: Der Untertan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Mann
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huldigte. Die Flotte, diese Schiffe, verblüffende Maschinen bürgerlicher Erfindung, die, in Betrieb gesetzt, Weltmacht produzierten, genau wie in Gausenfeld gewisse Maschinen ein gewisses »Weltmacht« benanntes Papier produzierten, sie lag Diederich mehr als alles am Herzen, und Cohn wie Heuteufel wurden dem nationalen Gedanken vor allem durch die Flotte gewonnen. Eine Landung in England war der Traum, der unter den gotischen Gewölben des Ratskellers nebelte. Die Augen funkelten, und die Beschießung Londons ward verhandelt. Die Beschießung von Paris war eine Begleiterscheinung und vollendete die Pläne, die Gott mit uns vorhatte. Denn »die christlichen Kanonen tun gute Arbeit«, wie Pastor Zillich sagte. Nur Major Kunze bezweifelte dies, er erging sich in den düstersten Voraussagen. Seit er, Kunze, von dem Genossen Fischer besiegt worden war, hielt er jede Niederlage für möglich. Aber er blieb der einzige Nörgler. Wer am meisten triumphierte, war Kühnchen. Die Taten, die der schreckliche kleine Greis einst im großen Krieg vollführt hatte, jetzt endlich, ein Vierteljahrhundert später, fanden sie ihre wahre Bestätigung in der allgemeinen Gesinnung. »Die Saat«, sagte er, »die wir dunnemals gesät haben, na nu geht se auf. Daß meine alten Augen das noch sehen dürfen!« — und dann schlief er ein bei seiner dritten Flasche.
    Im ganzen erfreulich gestaltete sich auch Diederichs Verhältnis zu Jadassohn. Die ehemaligen Rivalen, beide gereift und in die Sphäre der gesättigten Existenzen vorgerückt, beeinträchtigten einander weder politisch noch am Stammtisch, und auch nicht in jener verschwiegenen Villa, die Diederich an dem Abend der Woche aufsuchte, wo er ohne Gustes Wissen dem Stammtisch fernblieb. Sie lag vor dem Sachsentor, es war die ehemals von Brietzensche Villa, und sie ward bewohnt von einer einzelnen Dame, die selten öffentlich gesehen ward und dann niemals zu Fuß. In einer Proszeniumsloge der »Walhalla« saß sie zuweilen in großer Aufmachung, ward allgemein durch die Operngläser betrachtet, aber von niemand gegrüßt; und ihrerseits verhielt sie sich wie eine Königin, die ihr Inkognito wahrt. Natürlich wußte trotz der Aufmachung alle Welt, das war Käthchen Zillich, die, in Berlin für ihren Beruf vorgebildet, ihn in der von Brietzenschen Villa nunmehr erfolgreich ausübte. Auch verkannte niemand, daß dieser Tatbestand nicht geeignet schien, das Ansehen des Pastors Zillich zu heben. Die Gemeinde nahm schweres Ärgernis, zu schweigen von den Spöttern, die entzückt waren. Um eine Katastrophe abzuwenden, beantragte der Pastor bei der Polizei die Beseitigung des Übels, stieß aber auf einen Widerstand, der nur erklärlich schien, wenn man gewisse Zusammenhänge annahm zwischen der Villa von Brietzen und den höchsten Stellen der Stadt. An der irdischen Gerechtigkeit nicht weniger als an der göttlichen verzweifelnd, schwor der Vater, das Amt des Richters selbst zu übernehmen, und wirklich sollte er eines Nachmittags, als sie noch im Bette lag, die verlorene Tochter einer Züchtigung unterzogen haben. Nur der Mutter, die ihm, alles ahnend, gefolgt war, verdankte Käthchen ihr nacktes Leben, wie die Gemeinde behauptete. Der Mutter sagte man eine verwerfliche Schwäche nach für die Tochter in ihrem sündigen Glanz. Was Pastor Zillich betraf, so erklärte er von der Kanzel herab Käthchen für tot und verfault, wodurch er sich vor dem Einschreiten des Konsistoriums rettete. Mit der Zeit verstärkte die ihm widerfahrene Prüfung seine Autorität... Diederich seinerseits kannte von den Herren, die an Käthchens Lebenswandel mit Einlagen beteiligt waren, offiziell nur Jadassohn, obwohl Jadassohn von allen die kleinsten Einlagen machte, Diederich vermutete sogar, gar keine. Jadassohns Beziehungen zu Käthchen lagen eben, noch von früher her, als Hypothek auf dem Unternehmen. So nahm Diederich keinen Anstand, die Sorgen, die es ihm machte, mit Jadassohn zu besprechen. Die beiden rückten am Stammtisch in der Nische zusammen, die die Inschrift trug: »Was einem Mann zur Lust ein minnig Weiblein brät, gar wohl gerät«; und mit der gebotenen Rücksicht auf Pastor Zillich, der nicht weit davon über die christlichen Kanonen handelte, besprachen sie die Angelegenheiten der Villa von Brietzen. Diederich beklagte sich über Käthchens unersättliche Ansprüche an seine Kasse, von Jadassohn erwartete er einen günstigen Einfluß auf sie in dieser Beziehung. Aber Jadassohn fragte nur: »Wozu

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