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Der Untertan

Der Untertan

Titel: Der Untertan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Mann
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seinem jähen Schrecken befürchtete Diederich sogar Enthüllungen aus seiner Schulzeit, als Doktor Heuteufel ihn im Hals gepinselt und ihm dabei Feigheit vorgeworfen hatte. Der Schweiß brach ihm aus. Um so lauter bestellte er Hummer und Sekt.
    Drüben bei den Logenbrüdern hatte man sich aufs neue über den gewaltsamen Tod des jungen Arbeiters erregt. Was das Militär und die Junker, die es befehligten, sich denn einbildeten! Sie benahmen sich ja wie in einem eroberten Land! Und als die Köpfe rot genug waren, verstiegen sich die Herren dazu, für das Bürgertum, das tatsächlich alle Leistungen liefere, auch die Führung im Staat zu verlangen. Herr Lauer wünschte zu wissen, was die herrschende Kaste vor anderen Leuten eigentlich noch voraus habe. »Nicht einmal die Rasse«, behauptete er. »Denn sie sind ja alle verjudet, die Fürstenhäuser einbegriffen.« Und er setzte hinzu: »Womit ich meinen Freund Cohn nicht kränken will.«
    Es war Zeit, einzuschreiten: Diederich fühlte es. Schnell stürzte er noch ein Glas hinunter, dann stand er auf, trat wuchtig bis in die Mitte unter den gotischen Kronleuchter und sagte scharf: »Herr Fabrikbesitzer Lauer, ich gestatte mir die Frage, ob Sie unter den Fürstenhäusern, die nach Ihrer persönlichen Meinung verjudet sind, auch deutsche Fürstenhäuser verstehen.«
    Lauer erwiderte ruhig, beinahe freundlich: »Gewiß doch.«
    »So«, machte Diederich, und er schöpfte tief Atem, um zu seinem großen Schlag auszuholen. Unter der Aufmerksamkeit des ganzen Lokals fragte er: »Und den verjudeten deutschen Fürstenhäusern rechnen Sie auch das eine zu, das ich nicht erst zu nennen brauche?« Triumphierend sagte Diederich dies, vollkommen sicher, daß nun sein Gegner sich verwirren, stammeln und unter den Tisch kriechen werde. Aber er stieß auf einen nicht vorauszusehenden Zynismus.
    »Na ja doch«, sagte Lauer.
    Jetzt war es an Diederich, die Haltung zu verlieren vor Entsetzen. Er sah umher: ob er denn recht gehört habe. Die Gesichter bestätigten es ihm. Da brachte er hervor, es werde sich zeigen, welche Folgen diese Äußerung für den Herrn Fabrikbesitzer haben werde, und zog sich in leidlicher Ordnung in das befreundete Lager zurück. Gleichzeitig tauchte Jadassohn wieder auf, der verschwunden gewesen war, man wußte nicht, wohin.
    »Ich habe dem soeben Vorgefallenen nicht beigewohnt«, sagte er sofort. »Ich stelle dies ausdrücklich fest, da es für die weitere Entwicklung von Bedeutung sein könnte.« Und dann ließ er sich genau berichten. Diederich tat es mit Feuer; er nahm es als sein Verdienst in Anspruch, dem Feind den Weg abgeschnitten zu haben. »Jetzt haben wir ihn in der Hand!«
    »Allerdings«, bestätigte Jadassohn, der sich Notizen gemacht hatte.
    Vom Eingang her nahte auf steifen Beinen ein älterer Herr mit grimmiger Miene. Er grüßte nach beiden Seiten und schickte sich an, zu den Vertretern des Umsturzes zu stoßen. Aber Jadassohn holte ihn noch ein. »Herr Major Kunze! Nur ein Wort!« Er redete halblaut auf ihn ein und deutete dabei mit den Augen nach links und rechts. Der Major schien im Zweifel. »Sie geben mir Ihr Ehrenwort, Herr Assessor«, sagte er, »daß das tatsächlich behauptet wurde?« Während Jadassohn es ihm gab, trat der Bruder des Herrn Buck herbei, lang und elegant, lächelte unbedeutend und bot dem Herrn Major für alles eine befriedigende Erklärung an. Aber der Major bedauerte; für eine solche Äußerung gebe es einfach keine Erklärung; und seine Miene ward von erschreckender Düsterkeit. Trotzdem sah er noch mit Bedauern nach seinem alten Stammtisch hinüber. Da, im entscheidenden Moment, hob Diederich die Sektflasche aus dem Kübel. Der Major bemerkte es und folgte seinem Pflichtgefühl. Jadassohn stellte vor: »Herr Fabrikbesitzer Doktor Heßling.«
    Diederichs Rechte und die des Majors drückten einander mit Aufbietung aller Kraft. Fest und bieder blickten die Herren sich ins Auge. »Herr Doktor«, sagte der Major, »Sie haben sich als deutscher Mann bewährt.« Man scharrte mit den Füßen, rückte die Stühle zurecht, präsentierte voreinander die Gläser, und dann durfte man trinken. Diederich bestellte sofort eine neue Flasche. Der Major leerte sein Glas, sooft es ihm vollgeschenkt wurde, und zwischen den Zügen versicherte er, auch er stehe, was deutsche Treue betreffe, seinen Mann. »Wenn mein König mich nun auch schon aus seinem aktiven Dienst entlassen hat —«
    »Der Herr Major«, erklärte Jadassohn, »war

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