Der untröstliche Witwer von Montparnasse
Pflanze in einem Plastiktopf und bringst sie ihr im Namen des Restaurants, um ein bißchen rauszukriegen, wie es bei ihr aussieht. Ich rufe dich Mittwoch an, damit du mir berichtest, und dann fängst du dasselbe mit dem zweiten Mädchen an, von dem ich dir dann erzähle.«
Clement stieß einen lauten Seufzer aus und warf Marthe einen Blick zu.
»Er redet besser als ich«, erklärte er, »aber das wollte er sagen. Das war die Arbeit, die ich bis zu dem Restaurant machen sollte. Aber er redet viel besser. Also war ich, klein a, am Square d'Aquitaine, und ich habe meine Arbeit gemacht. Und übrigens war das Mädchen, klein b, sehr anständig, was ich persönlich als mein Urteil gehabt habe, und am Mittwoch habe ich ein schönes Farnkraut im Plastiktopf ausgesucht und habe geklingelt. Farn riecht fein. Sie hat sich gewundert, aber sie hat die Pflanze behalten, ohne mich hereinzubitten, sie war sehr anständig, ich habe ihre Wohnung nicht richtig gesehen, das war dumm. Dann habe ich, klein b ...«
Der Mann unterbrach sich, zum ersten Mal lag deutliche Unruhe in seinem Blick. Er sah Marthe an.
»Hab ich ›klein b‹ nicht schon gehabt, Marthe?« flüsterte er.
»Du bist bei ›klein c‹«, antwortete Marthe.
»Klein c«, fuhr Clement fort, der sich sofort wieder Louis zugewandt hatte, »hab ich mich ab dem nächsten Montag um das zweite Mädchen gekümmert. Sie war nicht so anständig, ihr Haus war in der Rue de la Tourdes-Dames, und sie sah nicht so aus, wie wenn sie bald eine Kellnerin würde. Sie hatte keinen Mann bei sich, aber sie hatte einen draußen, sie fuhren im blauen Auto weg, und sie kam sehr spät wieder. Nicht sehr anständig. Und, klein d, hab ich ihr trotzdem den Topf gebracht, aber ich hab ein Farnkraut ausgesucht, das nicht ganz so groß war, wegen dem Typ mit dem blauen Auto, den ich nicht gemocht habe. Sie hat die Pflanze auch behalten, aber sie war genauso erstaunt, und ich hab genauso nicht hineingekonnt. Und danach hatte ich meine Arbeit fertig. Am Telefon hat der Typ vom Restaurant mich ganz viel beglückwünscht und hat zu mir gesagt, ich soll mich so wenig wie möglich rühren, und er hat mir gesagt, er sagt mir bald, wo ich hingehen soll wegen dem dritten Mädchen, ich soll mich bloß nicht rühren. Bloß nicht.«
»Und dann bist du in deinem Zimmer geblieben?«
»Nein. Am Tag nach dem nächsten Tag habe ich mich gerührt. Ich war einen Kaffee im Café trinken.«
Der Mann unterbrach sich, öffnete die Lippen und sah Marthe an.
»Das macht nichts«, sagte Marthe. »Erzähl weiter.«
»Da waren Leute«, fuhr Clement zögernd fort, »und die Zeitung, und sie haben sie vorgelesen. Sie haben den Namen von der Straße gesagt und den Namen von der toten Frau.«
Plötzlich wurde der Mann nervös, erhob sich und ging in dem kleinen Zimmer zwischen Spüle und Bett hin und her.
»Das war's«, sagte er außer Atem. »Das ist das Ende der Geschichte.«
»Was hast du im Café gedacht?«
»Schluß jetzt, verdammt!« sagte Clement plötzlich. »Ich kann nichts mehr erzählen, ich hab genug, ich hab keine Wörter mehr! Ich hab alles schon persönlich Marthe erzählt, sie kann Ihnen das sagen! Ich will nicht mehr davon reden, ich bin müde von den Frauen. Wenn ich immer von den Frauen erzähle, dann kriege ich Lust auf eine.«
Marthe ging zu Clement und legte ihm den Arm um die Schulter.
»Damit hat er recht«, sagte sie zu Louis, »du machst ihm noch sein ganzes Hirn kaputt mit deiner Fragerei. Weißt du was, mein kleiner Mann«, sagte sie und wandte sich zu Clement, »du gehst jetzt ordentlich duschen, mindestens fünf Minuten, ich sag dir, wenn du aufhörst. Wasch dir auch die Haare.«
Clement nickte.
»Wenn wir schon dabei sind«, sagte Louis und griff nach dem Koffer, »bitte ihn, das hier anzuziehen. Bei der Gelegenheit soll er mir seine Klamotten geben, damit wir sie sorgfältig beiseite schaffen.«
Marthe streckte Clement die schwarzen Sachen hin und schubste ihn in das kleine Bad. Dann sah sie Louis mißtrauisch an.
»Dir seine Klamotten geben? Damit du sie persönlich behältst und dann den Bullen andrehst?«
»Du redest schon wie er«, stellte Louis fest.
»Was habe ich gesagt?«
»›Persönlich‹.«
»Na und? Stört das jemanden?«
»Das zeigt nur, daß du ganz schön unter seinem Einfluß stehst, meine Liebe. Dich hat's erwischt, wenn du meine Meinung wissen willst.«
»Na und? Er ist mein kleiner Junge, oder?«
»Ja, Marthe, er ist persönlich dein kleiner
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