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Der untröstliche Witwer von Montparnasse

Der untröstliche Witwer von Montparnasse

Titel: Der untröstliche Witwer von Montparnasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Junge.«
    »Mach dich nicht über mich lustig!«
    »Ich mache mich überhaupt nicht über dich lustig. Ich versuche nur, dir zu zeigen, daß du all deine Freunde für diesen Mann töten würdest, den du sechzehn Jahre nicht mehr gesehen hast.«
    Marthe setzte sich mit einem Ruck auf das Bett.
    »Ich bin die einzige, die ihm hilft«, sagte sie leise, »das zermürbt mich, Ludwig. Ich bin die einzige, die ihm glaubt, aber er sagt die Wahrheit, weil nur ein Junge wie Clement in der Lage ist, so eine verdammte Arbeit mit den beiden Frauen anzunehmen, ohne sich irgendeine Frage zu stellen, ohne mißtrauisch zu werden, ohne verstehen zu wollen, ohne die Zeitungen zu lesen. Er hat sogar diese Topfpflanzen verschenkt, voll mit seinen Fingerabdrücken ... Das zermürbt mich ... Kannst du dir das vorstellen, die Fingerabdrücke? Er ist erledigt, Ludwig, erledigt! Clement ist wirklich zu schlicht, und der andere ist wirklich zu geschickt!«
    »Glaubst du wirklich, daß er so schlicht ist?«
    »Was glaubst du denn? Daß er uns was vormacht?«
    »Warum nicht?«
    »Nein, Ludwig, nein ... Das war schon so, als er klein war. Gott weiß, daß ich mich abgemüht habe, aber wie du siehst ... Von seiner Familie völlig vernachlässigt, was willst du, da kannst du nicht viel ausrichten.«
    »Wo hat er diese Art zu reden her?«
    Marthe seufzte.
    »Er sagt, das sei, um anständig zu reden ... Er muß all diese Ausdrücke hier und da aufgeschnappt haben, und dann setzt er sie irgendwie zusammen ... Aber für ihn klingt das seriös, verstehst du? Was ... was denkst du über ihn?«
    »Nicht viel Gutes, Marthe.«
    Marthe senkte den Kopf.
    »Das habe ich mir gedacht. Er macht keinen guten Eindruck.«
    »Das ist nicht alles, Marthe. Er ist nervös, vielleicht auch gewalttätig. Und er wirkt nicht stabil, wenn man auf Frauen zu sprechen kommt. Sie verwirren ihn.«
    »Mich auch«, bemerkte Marc.
    Louis drehte sich zu Marc um, der noch immer im Schneidersitz auf dem Boden saß und lächelnd zu ihnen aufsah.
    »Von dir hat man ja nicht viel gehört«, sagte Marthe. »Das ist ja gewöhnlich anders.«
    »Ich habe ihm zugehört«, sagte Marc und deutete mit dem Kopf in Richtung Bad. »Er hat eine schöne Stimme.«
    »Die Frauen ... Was hast du da gerade gesagt?« fragte Louis und nahm sich ein neues Bier.
    »Daß es mich auch verwirrt, wenn von ihnen die Rede ist«, sagte Marc überdeutlich. »Wenn irgend etwas normal ist, dann wohl das. Es ist unfair, daß Louis sich ausgerechnet darauf stürzt, um sich diesen Typen vorzuknöpfen, der schon genug Mißfallen erregt. Und seine Liebe zu Marthe verstehe ich auch.«
    Marc zwinkerte der alten Marthe zu. Louis saß zusammengesunken auf seinem Stuhl, die Beine ausgestreckt, und dachte nach.
    »Vielleicht bist du auch gerade im Begriff, auf ihn hereinzufallen«, bemerkte er, den Blick starr auf die Wand geheftet. »Wegen des Klangs seiner Stimme. Er ist Musiker, und zur richtigen Musik würdest du wie ein verdammter Idiot begeistert in den Krieg rennen.«
    Marc zuckte mit den Schultern.
    »Ich denke nur, daß der Typ ein seltenes Exemplar ist«, sagte er. »Stumpfsinnig genug, um Punkt für Punkt auszuführen, was man ihm befiehlt, ohne sich irgendwelche Fragen zu stellen, und blind genug, um die Falle, die man unter seinen Füßen gräbt, nicht zu sehen - ein wahrer Glücksfall für jemanden, der ihn manipulieren will. Und das sollte man nicht vernachlässigen.«
    In diesem Moment kam Clement mit von Wasser triefenden Haaren aus dem Bad; er hatte Marcs schwarze Leinensachen angezogen und hielt den Gürtel mit der Silberschnalle in der Hand.
    »Muß ich persönlich das auch anziehen?« fragte er.
    »Ja«, erwiderte Louis. »Leg ihn dir persönlich um.«
    Clement bemühte sich, den Gürtel durch die Schlaufen der Hose zu ziehen, aber die Aktion war beschwerlich.
    »Du hast mir vorhin nicht geantwortet. An was hast du in dem Café gedacht, als du die Geschichte von dem Mord gehört hast?«
    Clement knurrte und ging wieder zu seinem Platz auf dem Bett, mit bloßen Füßen, die Strümpfe in der Hand.
    Er drückte auf den Nasenflügel und machte sich dann daran, einen Strumpf anzuziehen.
    »Klein a, daß ich die Frau gekannt habe, die tot war, nämlich der ich das Farnkraut gegeben habe. Klein b, daß ich ihr das Pech gebracht hab, um so mehr, daß ich sie überwachen sollte. Und man hat in der Zeitung von mir geredet. Als ich persönlich den Zufall durchgegangen bin, ist mir eingefallen, daß ich auf dem Grund

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