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Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter

Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter

Titel: Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Mackay
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Gewicht. Er ist jemand, vor dem man Respekt hat. Der von Bedeutung ist.
    »Hast dich in Schale geworfen, was?«, sagt Calum lächelnd und nickt Frank zu.
    Frank betrachtet seine förmliche Kleidung. Er gehört einer Generation an, die sich gern sorgfältig kleidet. Das findet er nicht ungewöhnlich. »Ich bin mit Peter zum Essen verabredet. Wir wollen über Spanien sprechen. Er will mir ein paar Sachen geben – die Schlüssel für die Villa und solchen Kram. Mir ein paar Grundregeln erklären. Keine wilden Partys und so.« Jetzt haben sie das Gespräch auf Peter Jamieson gebracht, und Calum muss auf jedes Wort achten.
    »Dann bist du zufällig vorbeigekommen«, sagt er mit wissendem Lächeln.
    Frank kann vorgehen, wie er will, das spielt keine Rolle. Calum hat das Ganze schon durchschaut, und nichts, was Frank sagt, kann daran was ändern. Er weiß, dass Frank gekommen ist, um eine Botschaft zu überbringen. Und das muss er jetzt tun.
    »Wie geht’s dir damit?«, fragt Frank. Klingt aufrichtig.
    »Mit meinen Wunden? Braucht noch ein bisschen Zeit, dann ist wieder alles in Ordnung. Sagt zumindest der Doc.«
    »Hm-hmm. Und mit dem Job?«
    »Was soll damit sein?« Er macht ihm die Sache nicht leicht. Warum sollte er auch?
    »Bist du zufrieden, wie alles geregelt wurde? Ich muss sagen, ich war beeindruckt, wie du das Ganze geregelt hast. In dieser Nacht. Als du den Scheißkerl Davidson erledigt hast, hast du der Stadt einen Dienst erwiesen. Für die Beseitigung gilt dasselbe. Beeindruckend. Bist du damit zufrieden, wie die anderen den Rest geregelt haben?«
    Das ist es. Wenn er mit der Arbeit der anderen zufrieden ist, dann hat er keinen Grund, sich zu beklagen. Und wenn er keinen Grund hat, sich zu beklagen, dann sollte er schleunigst wieder arbeiten.
    »Scheint ganz gut geklappt zu haben«, antwortet Calum. Er zuckt leicht mit den Schultern. »Ich weiß nicht genau, ob es so klug war, die Leute ganz oben in der Befehlskette so früh mit einzubeziehen, aber …«, sagt er und verstummt.
    »Aber die kümmern sich doch um dich«, sagt Frank. Diesmal keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Ja.«
    Frank nickt. Die Hände im Schoß, sitzt er beklommen da. »Die kümmern sich auch in Zukunft um dich. Du bist doch ein kluger Junge. Du bist talentiert. Konntest dein Können für dich behalten und damit erfolgreich sein. Aber alles ändert sich. Und irgendwann kommt der Punkt, wo man jemanden braucht, der sich um einen kümmert. Ist die einzige Möglichkeit sicherzugehen, dass einem nichts zustößt. Das ist der Reifeprozess eines Killers«, sagt er lächelnd. »Am Anfang ist man unabhängig und fest entschlossen, es auch zu bleiben. Der Gedanke, für eine Organisation zu arbeiten, kommt einem schrecklich vor. Man will seine Freiheit haben. Aber irgendwann denkt man um. Man gehört einer Organisation an und weiß, dass man als Freischaffender längst tot wäre. An jemanden gebunden sein ist keine so schlechte Sache. Wenn man die richtigen Leute um sich hat, ist der Einstieg in eine Organisation das Klügste, was man tun kann.«
    Frank ist inzwischen gegangen. Sah aus, als hätte er beim Treppensteigen Probleme mit seiner Hüfte. Calum hat Probleme mit seiner Hand. Deshalb hat er Frank weder eine Tasse Tee noch einen Kaffee angeboten. Sogar Pinkeln ist ein Problem.
    Als Freischaffender wäre er ein leichtes Ziel. Für jeden, der ihn beseitigen wollte. Er hätte kein so gutes Versteck. Müsste um jeden Penny kämpfen. Frank hat gelernt, die Organisation zu lieben. Hat gewissermaßen zugegeben, dass er inzwischen ohne sie nicht mehr überleben könnte. Vielleicht lernt auch Calum irgendwann, sie zu lieben. Vielleicht auch nicht.
    Er sitzt wieder im Wohnzimmer. Starrt ins Leere. Ganz allein in einer Wohnung, in der er sich nicht zu Hause fühlt. Er versucht, in die Zukunft zu blicken. Führt sich das Unvermeidliche vor Augen. Er kann nicht vor Jamieson weglaufen – zu gefährlich. Bleiben bedeutet, dass es so weitergeht. Der gesunde Menschenverstand rät ihm, zu bleiben und es zu ertragen. Die Aufträge zu erledigen. Allmählich wachsen sie einem über den Kopf, und irgendwann wird man erwischt. Dann ist alles vorbei. Das ist unvermeidlich. Es sei denn …
    Vielleicht bietet sich irgendwann eine Chance. Die Chance, sich dem Unvermeidlichen zu entziehen. Dann braucht man nur noch den Mumm, diese Chance zu ergreifen.

Bald geht es weiter in der gefeierten ›Glasgow-Trilogie‹:
    Ausgezeichnet mit dem Scottish Crime Book of

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