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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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gleich auf die Suche nach Fer-Blanc zu machen – dem Zeugen mit dem Metall im Gehirn.
    Er stellte die Bücher in die Regale zurück und ging zu Shampoo. Als er ihn gerade wecken wollte, fiel ihm etwas ein. Er wandte sich zum Infostand der Abteilung, wo sich zwei junge Frauen leise vor ihren Computern unterhielten.
    Freundlich und unbefangen erwiderten sie seinen Gruß. Ein guter Anfang!
    »Entschuldigen Sie …«
    Janusz zeigte auf die Regalreihe, die er gerade verlassen hatte.
    »Ist Ihnen vielleicht hier ein regelmäßiger Besucher aufgefallen? Ich meine in den Abteilungen Mythologie und Religionen der Antike?«
    »Eigentlich nicht. Außer Ihnen«, erwiderte die eine Bibliothekarin.
    »Sprechen Sie vom heutigen Tag?«
    »Nein. Letztes Jahr um die Weihnachtszeit. Sie waren unser einziger Stammgast.«
    Janusz kratzte sich das Kinn. Sein Bart fühlte sich an wie Schmirgelpapier.
    »Entschuldigen Sie«, fuhr er mit leiser Stimme fort, »ich habe Probleme mit meinem Erinnerungsvermögen. War ich oft hier?«
    »Eigentlich jeden Tag.«
    »Und wann genau?«
    »Ich würde sagen, etwa Mitte Dezember. Irgendwann sind Sie dann verschwunden. Aber jetzt sind Sie ja wieder da.«
    Langsam kam eine gewisse Ordnung in seine Gedanken. Auf irgendeine Weise hatte Janusz Mitte Dezember von dem Mord an Ikarus erfahren und war in die Bibliothek gekommen, um eigene Ermittlungen anzustellen. Am 22. Dezember hatte die Aussteigerbande ihn angegriffen. Daraufhin verließ er Marseille und verwandelte sich in Mathias Freire.
    Janusz verabschiedete sich mit einem Lächeln von der netten Bibliothekarin. Eigentlich aber galt das Lächeln ihm selbst. Schritt für Schritt folgte er nun seinen eigenen Spuren. Er war der Mann, der sein Leben rückwärts lebte.

E rmittlungsrichter Le Gall war ein Dickkopf, und zwar im wörtlichen, nicht im übertragenen Sinne. Sein Schädel war so breit, dass sich seine Ohren beinahe in der Achse seiner Schultern befanden. Zu affenartigen Zügen, einer breiten Nase und dicken Lippen trug er eine riesige Brille, die den Eindruck von Unförmigkeit noch verstärkte.
    Seit einer halben Stunde versuchte Anaïs ihm die Grundlagen des Falles um den Minotaurus zu erläutern, denn der Richter hatte keine Zeit gehabt, ihren Bericht zu lesen. Sie sprach von der Verbindung zwischen dem Mord am Bahnhof und dem Doppelmord in Guéthary, davon, dass der in Bordeaux praktizierende Psychiater Mathias Freire vermutlich in den Fall verwickelt war, sich auf der Flucht befand und Ende 2009 noch als Obdachloser in Marseille registriert worden war, und von dem Verdacht gegen zwei in schwarze Mäntel gekleidete Männer, die ein Gewehr der Marke Hécate II benutzten und einen angeblich dem Sicherungsunternehmen ACSP gestohlenen Audi Q7 fuhren.
    Der Richter verzog keine Miene. Anaïs hatte keine Ahnung, was er dachte. Entweder verstand er ihre Ausführungen nicht, oder er hatte keine Lust, sich das Leben schwer zu machen.
    »Ich muss also feststellen«, fasste er schließlich zusammen, »dass der Hauptverdächtige in diesem Fall …«
    »Der Zeuge.«
    »Wie Sie wollen. Dass also der Zeuge auf der Flucht ist und Sie ihn bisher nicht gefunden haben.«
    »Er ist inzwischen in Marseille ausfindig gemacht worden. Ich habe bereits Kontakt mit der dortigen Polizei aufgenommen. Die Beamten sind in Alarmbereitschaft. Er kann uns nicht entkommen.«
    Das entsprach zwar nicht unbedingt den Tatsachen, aber im Augenblick war ihr die Form wichtiger als der Inhalt, weil sie das Vertrauen des Richters gewinnen wollte.
    Der Mann nahm seine Hornbrille ab und rieb sich die Augen.
    »Warum ist er nach Marseille zurückgekehrt? Finden Sie das nicht ein wenig merkwürdig?«
    »Womöglich ging er davon aus, dass man ihn nicht ausgerechnet dort suchen würde. Es könnte aber auch sein, dass er persönliche Gründe hatte.«
    »Welche?«
    Anaïs ging nicht auf die Frage ein. Es war noch zu früh, um mit Vermutungen herauszurücken.
    »Wie soll es jetzt ganz konkret weitergehen?«, erkundigte sich der Richter und setzte die Brille wieder auf.
    »Ich möchte nach Marseille fahren und mich an der Suche nach dem Hauptzeugen in diesem Fall beteiligen«, erklärte Anaïs.
    »Sehen Sie das wirklich als Ihre Aufgabe an?«
    »Ich habe mit Jean-Luc Crosnier gesprochen, der in Marseille für diesen Fall zuständig ist. Er ist mit mir der Ansicht, dass meine Hilfe wichtig wäre. Immerhin kenne ich den Flüchtigen.«
    »Ja, davon hat man mir berichtet.«
    Anaïs ging nicht auf die

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