Der Ursprung des Bösen
Boden und trieb Papier, Plastikflaschen und leere Kartons vor sich her. Es stank nach Benzin. Janusz erkannte, wo die Typen hinwollten. Sie gingen auf eine mit Graffiti bedeckte Mauer zu, die das unbebaute Gelände begrenzte.
Janusz war völlig außer Atem. Sein Herz schien seinen Brustkorb sprengen zu wollen. Fast konnte er es hören: bum-bum, bum-bum. Erst nach einiger Zeit erkannte er, dass es sich um Maschinenlärm handelte, der sich in der eisigen Luft verlor. Irgendwo in der Umgebung gab es eine Nachtbaustelle mit Maschinen, die niemals schliefen.
Die Bande war verschwunden. Janusz stand einsam vor der stummen Mauer. Unter den Graffiti musste sich eine Tür verbergen, die er nicht ausmachen konnte. Was sollte er jetzt tun? Eigentlich gab es nur einen einzigen Weg. Er würde warten, bis einer der Typen zum Pinkeln oder Rauchen nach draußen kam, und dann angreifen. Zumindest würde ihm so das Überraschungsmoment sicher sein.
Er kauerte sich zwischen ein paar Büsche. Schon jetzt spürte er die Kälte. In wenigen Minuten würde er anfangen zu zittern, später erstarren. Dann würde seine Körpertemperatur allmählich absinken und …
Die Tür ging auf.
Langsam, fast unmerklich richtete er sich auf und beobachtete die Gestalt, die durch die Dunkelheit ging. Der Mann trug sein Haar in Dreadlocks gekringelt. Janusz musste an den Jäger aus dem Film Predator denken, was seine Angst nicht gerade verminderte. Trotzdem gab es der Szene etwas Irreales, als bewegte er sich in einem Videospiel.
Der unsichere Gang des Mannes ließ darauf schließen, dass er entweder betrunken oder stoned war. Vor einem Busch blieb er stehen und entleerte seine Blase. Jetzt oder nie ! Janusz sprang. Seine Augen tränten. Die Umgebung erschien ihm unscharf und verzerrt. Er umklammerte sein Messer, griff nach den Dreadlocks des Kerls und zog mit aller Kraft.
Der Predator knallte mit beiden Schultern auf den eiskalten Boden. Janusz hielt ihm das Messer an den offenen Hosenlatz, kniete sich auf seinen Brustkorb, presste ihm eine Hand auf den Mund und flüsterte:
»Ein Ton, und dein Ding ist ab.«
Der Mann reagierte nicht. Sein Blick war glasig, seine Gliedmaßen waren ohne jede Kraft. Vollgekifft bis zur Halskrause, dachte Janusz und drückte das Messer ein wenig fester in die Weichteile des Kerls. Jetzt reagierte der Typ. Er wollte schreien, aber Janusz versetzte ihm mit dem Ellbogen einen Hieb mitten ins Gesicht. Der Mann wehrte sich weiter. Erneut stieß Janusz zu und hörte es krachen. Sofort legte er ihm wieder die Hand über den Mund. Unter seinen Fingern spürte er die zertrümmerte Nasenscheidewand und die blutigen Schleimhäute.
»Du hältst jetzt still. Und du antwortest nur, indem du den Kopf bewegst. Hast du kapiert?«
Der Predator nickte. Janusz hielt ihm die Klinge an die Kehle:
»Erkennst du mich?«
Die Dreadlocks bewegten sich auf und ab. Ja.
»Wolltet ihr mich heute Abend erledigen?«
Wieder nickte der Typ.
»Warum?«
Der Mann antwortete nicht. Janusz brauchte einen Augenblick, bis er begriff, dass er nichts sagen konnte, weil er ihm immer noch den Mund zuhielt. Vorsichtig lockerte er seinen Griff.
»Warum wolltet ihr mich umbringen?«
»Wir werden dafür bezahlt.«
»Von wem?«
Keine Antwort. Janusz hob bedrohlich den Ellbogen.
»VON WEM?«
»So Typen im Anzug. Spießer.«
Die Mörder von Guéthary. Man wollte ihm also tatsächlich ans Leder. Und zwar koste es, was es wolle.
»Waren es dieselben wie damals im Dezember?«
»Klaro.«
»Und was ist mein Kopf ihnen wert?«
»Dreitausend Euro, Arschloch.«
Allmählich gewann das Bürschlein wieder Oberwasser. Dreitausend Euro – nicht besonders viel, fand Janusz. Für die Punker aber sicher ein Vermögen.
»Woher wusstet ihr, dass ich zurück bin?«
»Wir haben dich gestern gesehen.«
»Habt ihr die Spießer informiert?«
»Klaro.«
»Dann habt ihr also Kontakt.«
»Eine Telefonnummer.«
»Sag sie mir.«
»Ich kenne sie nicht.«
Der Mann log zwar vielleicht, aber die Zeit drängte.
»Ist es eine Handynummer?«
»Nein. Ein Büro oder so.«
»Kennt ihr die Namen der Leute?«
»Nein, wir haben nur ein Passwort.«
»Wie lautet es?«
»Keine Ahnung. Ich habe damit nichts …«
Janusz schlug mit der Glasschneideseite seines Messers zu. Der Typ stieß einen erstickten Schrei aus und schniefte.
»Das Passwort!«
»Ich kenne es nicht.« Er befühlte seine Nase. »Irgendwie ein russischer Name.«
»Russisch?«
»Arschloch, du hast meine Nase
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