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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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auch bei sich gehabt hatte, als er Victor Janusz und Narcisse war. Unmöglich. Eher war es so, dass er seine Begabung wiederentdeckt hatte, als er sich abermals auf dem Grund eines großen Nichts wiederfand. Er hatte Mathias Freire erfunden, einen Ausweis und die nötigen Papiere hergestellt und sich um den Job in Pierre-Janet beworben.
    Yussef schnalzte mit den Fingern. Im Handumdrehen erschienen zwei winzige Gläser auf der Armlehne, die die beiden Vordersitze voneinander trennten. Amar beugte sich mit einer Flasche in der Hand nach vorn. Yussef schwenkte sein Glas.
    » Živjeli !«
    Chaplain kippte seinen Schnaps in einem Zug. Das Gebräu war so sämig wie Lack. Er hustete heftig. Der Alkohol verbrannte seine Kehle, wärmte ihm die Brust und betäubte seine Gliedmaßen.
    Yussef brach in sein zu kurzes Lachen aus, das sofort wieder von seinen Jokerlippen verschwand.
    » Polako , Nono. Das Spezialität, du vorsichtig kosten.«
    Er winkte Amar, ihm erneut einzuschenken. Chaplain standen Tränen in den Augen. Nur noch verschwommen erkannte er die Gestalten, die mit hängenden Schultern und gekrümmten Rücken draußen warteten. Sie gehörten allen möglichen Ethnien an: Schwarze, Nordafrikaner, Schlitzaugen, Inder, Slawen.
    »Wie schaffen sie es?«, fragte er.
    »Was? Überleben?«
    »Die Pässe zu bezahlen.«
    Yussef lachte.
    »Du die Leute angesehen? Diese da kaufen Aufenthaltsgenehmigung.«
    »Aber das beantwortet nicht meine Frage: Wie schaffen sie es?«
    »Sie in Raten zahlen oder machen Schulden. Irgendwie geht immer.«
    Chaplain verspürte eine leichte Übelkeit. Er hatte an diesem Handel teilgenommen und zur Versklavung dieser Leute beigetragen. Wie konnte er nur so tief sinken?
    »Habe ich dir nie etwas anderes erzählt?«, fragte er erneut. »Etwas über meine Vergangenheit? Oder wie ich gelebt habe?«
    »Nichts. Du Bestellung annehmen und verschwinden. Später kommen wieder mit Papiere. Die immer u redu .«
    »Und das ist alles?«
    »Du dich verändert.«
    »In welcher Hinsicht?«
    Yussef ließ den Zeigefinger unter das Revers seiner Paul-Smith-Jacke gleiten.
    »Du immer besser angezogen. Gekämmt. Sogar Parfüm benutzen. Ich glaube, du großer Hurenbock.«
    Die Gelegenheit war zu verlockend. Chaplain nippte an seinem Schnaps und spielte seinen Trumpf aus.
    »Ich suche nach Mädchen.«
    »Mädchen?«
    »Professionelle.«
    Yussef lachte.
    »Was mit deinen Verbindungen?«
    »Leider erinnere ich mich nicht mehr an die Nummern.«
    »Ich dir vorstellen kann. Mädchen von meinem Land. Die besten.«
    »Nein danke. Ich möchte Mädchen aus dem Süden. Aus Nordafrika.«
    Yussef schien verärgert. Seine Reptilaugen blitzten auf. Ihre Farbe erinnerte Chaplain an das gefährliche Leuchten des zähflüssigen Schnapses in den kleinen Gläsern. Er bekam es mit der Angst zu tun, doch plötzlich hoben sich die Mundwinkel wieder, und die Augen blinzelten.
    »Du gehen zu Sophie Barak.«
    »Wer ist das?«
    »Alle Mädchen aus Nordafrika bei ihr.«
    »Und wo finde ich sie?«
    »Hotel Theodor. Dort ihr Hauptquartier. Ist eine Sackgasse bei der Rue d’Artois. Du sagen, kommen von mir. Sie bei mir kaufen Papiere für Mädchen.«
    »Ist sie nett?«
    Yussef kniff ihn in die Wange.
    »Mit dir kein Problem. Sie mögen kleine Arschlöcher wie du bist.«
    »Und was tue ich, wenn ich selbst auf die Jagd gehen möchte?«
    Yussef blickte Amar an. Zum ersten Mal war auf den Lippen des Riesen eine Art Lächeln zu erkennen.
    »Wenn Gazelle jagen, muss zur Tränke gehen. Bei Johnny’s in der Rue Clément Marot. Dort du finden. Wir treffen morgen. Du bringen andere Pässe. Dann weitersehen.«
    »Weiter?«
    »Die ganze Ladung, glupo . Du haben selbst gesagt. Odjebi .«
    Mit diesen Worten steckte er ihm zwei Fünfhundert-Euro-Scheine in die Jackentasche.
    »Du eine auf meine Gesundheit vögeln.«

W as hast du da bloß angerichtet?«
Anaïs saß wieder im Sprechzimmer. Ein zorniger Solinas spielte zum wiederholten Mal eine Reihe von Bildern auf seinem Laptop ab. Es handelte sich um ihr Treffen mit Freire, das von einer Sicherheitskamera gefilmt worden war.
    »Ich kann nichts dafür«, sagte Anaïs. »Ich …«
    »Schnauze. Dir ist klar, dass du dran bist, oder?«
    »Aber ich kann doch wirklich …«
    Solinas schob seine Brille auf seinen Schädel. Seine Kiefermuskeln zuckten nervös.
    »Als man mir das hier vorgespielt hat, glaubte ich an eine Halluzination. Der Kerl ist doch gestört!«
    »Er hat Angst.«
    »Angst?« Der Polizist lachte

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