Der Ursprung des Bösen
Sashas Speed-Datings und lassen die Kerle Revue passieren.«
»Warum ausgerechnet in diesem Privatclub?«
»Keine Ahnung.«
»Glaubst du, dass andere Mädchen in anderen Clubs suchen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Weiter.«
»Wenn wir einen Kandidaten mit entsprechendem Potenzial finden, bitten wir um seine Nummer und treffen uns ein- oder zweimal mit ihm. Mehr nicht.«
»Sucht ihr diese Burschen aus?«
»Nein, sie.«
»Wer sie?«
»Die Typen, die uns bezahlen. Diese Bullen.«
»Aber wie schaffen sie es, sie auszusuchen?«
Sie lächelte zweideutig. Trotz ihrer Angst schien sie die Erinnerung an ihre Verabredungen zu amüsieren. Ständig stieg Rauch von ihren Lippen auf. Man konnte im Wageninnern kaum noch die Hand vor Augen sehen.
»Wir tragen ein Mikrofon und einen winzigen Kopfhörer wie im Fernsehen. Wir stellen die Fragen, die uns die Leute über den Kopfhörer zuflüstern. Und sie sagen uns dann, um wessen Nummer wir bitten sollen.«
Chaplain stellte sich das Gremium im Dunkel vor. Psychologen, Neurologen und Militärs. Sie hatten sieben Minuten, um einen Kandidaten zu beurteilen. Das war zwar nicht viel, aber es reichte aus, um den Mädchen bei Bedarf grünes Licht zu geben.
Plötzlich kam ihm ein erschreckender Gedanke. Er packte Leila, hob ihre Haare hoch, griff in ihr Dekolleté und betrachtete die goldene Haut. Nein, sie trug weder ein Mikro noch ein digitales Abhörsystem.
»Spinnst du?«
Chaplain ließ sie los. Sie nahm eine neue Zigarette aus der Packung und schimpfte:
»Ich bin clean, verdammt!«
Geringfügig erleichtert fuhr er fort:
»Was passiert, wenn ihr jemanden gefunden habt, der infrage kommt?«
»Habe ich doch schon gesagt! Wir treffen uns ein- oder zweimal mit ihm, und zwar an vorher vereinbarten Orten. Bei dieser Gelegenheit werden wir überwacht, fotografiert und gefilmt.« Sie kicherte. »Wie Stars.«
»Und weiter?«
»Das ist alles. Nach den Dates sehen wir den Typ nie wieder. Wir kassieren, und dann geht es zum Nächsten.«
»Wie viel?«
»Dreitausend, wenn wir uns bei Sasha anmelden. Und dreitausend pro abgeschlepptem Typen.«
»Habt ihr euch nie gefragt, was mit den armen Kerlen passiert?«
»Junge, ich bin mit dem Motto großgeworden, dass jeder sich selbst der Nächste ist. Soll ich mir etwa Sorgen um einen Schlappschwanz machen, den ich vielleicht dreimal im Leben gesehen habe und der an nichts anderes denkt, als mich zu bespringen?«
»Geht ihr noch immer zu Sasha?«
»Das ist vorbei. Die Sache wurde gestoppt.«
»Seit wann?«
»Seit einem oder zwei Monaten vielleicht. Ich hatte sowieso keine Lust mehr dazu.«
»Wieso?«
»Zu gefährlich.«
»Wieso gefährlich?«
»Zwei Mädchen sind verschwunden.«
»Wie Medina?«
Leila antwortete nicht. Im Auto herrschte Stille und eine unglaubliche Anspannung. Endlich wagte Leila, mit zitternden Lippen zu fragen:
»Was ist mit ihr?«
Chaplain blieb stumm. Leila fuhr ihn an:
»Du hast es mir versprochen, Arschloch. Wir hatten einen Deal.«
»Sie ist tot«, behauptete er.
Die junge Frau sackte in ihrem Sitz zusammen. Das Leder quietschte. Sie schien nicht überrascht zu sein. Chaplains Worte bestätigten, was sie zweifellos schon seit Wochen befürchtete. Wieder griff sie nach einer Zigarette.
»Und auf welche Weise?«
»Die Details kenne ich nicht. Ich weiß nur, dass sie von euren Auftraggebern ermordet wurde.«
Sie stieß einen Seufzer aus und zitterte am ganzen Körper.
»Aber warum?«
»Das weißt du ebenso gut wie ich. Sie hat zu viel geredet.«
»So wie ich jetzt?«
»Du hast nichts zu befürchten. Wir beide sitzen im gleichen Boot.«
»Das hast du auch zu Medina gesagt. Und jetzt sehen wir das Ergebnis.«
»Was faselst du da?«
»Glaubst du, ich hätte dich nicht erkannt? Unser kleiner Nono. Medina hat mir Fotos von dir gezeigt. Aber ich sage dir: Mich wickelst du nicht so ein wie sie.«
»Erzähl es mir.«
»Wieso sollte ich dir etwas erzählen? Jetzt bist du mit Reden dran.«
»Ich habe mein Gedächtnis verloren.«
Leila warf ihm einen zweifelnden Blick zu und musterte ihn dann forschend. Schließlich fuhr sie mit leiser Stimme fort:
»Medina hat dich bei Sasha kennengelernt und sich Hals über Kopf in dich verliebt. Ich frage mich, warum.«
»Gefalle ich dir nicht?«, fragte Chaplain lächelnd.
»Angeblich gibt es bei dir nur die Missionarsstellung, ein Nachtgebet und dann ab in die Heia.«
Chaplain musste grinsen. Seine flotte Aufmachung schien sie nicht zu täuschen. Wie lange
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