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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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durchdringend an. Sie hatte große, dunkle Augen, auf deren Grund goldbraune Reflexe spielten.
    »Am Bahnhof Saint-Jean wurde diese Nacht eine Leiche gefunden«, antwortete sie in sachlichem Ton. »Und zwar nur zweihundert Meter entfernt von der Stelle, wo Ihr Patient sich versteckt hatte. Sie können sich sicher vorstellen, dass sich uns da ein gewisser Verdacht aufdrängt.«
    Freire stand auf. Jetzt musste er auf Augenhöhe weiterkämpfen.
    »Vergangene Nacht hat er friedlich auf meiner Station geschlafen. Das kann ich bezeugen.«
    »Das Opfer wurde in der Nacht davor getötet, nur hat aufgrund des Nebels niemand die Leiche bemerkt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Ihr Patient noch auf freiem Fuß und hielt sich obendrein am gleichen Ort auf.«
    »Wo genau haben Sie die Leiche gefunden? Auf den Schienen?«
    Sie schenkte ihm ein süßsaures Lächeln.
    »In einer Reparaturgrube im ehemaligen Bahnbetriebswerk.«
    Schweigend blickten sie sich an. Freire wunderte sich über seine Reaktion. Er war weder schockiert noch besonders neugierig, was es mit dem Mord auf sich haben mochte. Stattdessen ertappte er sich dabei, dass er den Teint der Hauptkommissarin bewunderte. Ihre Haut kam ihm vor wie ein mit Reispapier bespannter Rahmen, hinter dem sich ein geheimnisvolles Licht bewegte. Vielleicht eine Japanerin mit einer Laterne, die in weißen Strümpfen kleine, geräuschlose Schritte machte.
    Er verscheuchte dieses Bild. Anaïs Chatelet stand vor Freires Schreibtisch und ließ sich anschauen. Wie eine Frau, die sich den Liebkosungen der Sonne hingibt.
    Plötzlich jedoch löste auch sie sich aus der Verzauberung.
    »Das Opfer starb an einer Überdosis Heroin.«
    »Dann war es also kein Mord?«
    »Doch, ein Mord mit Heroin. Haben Sie welches hier?«
    »Nein. Nur Opiate, Morphin und ziemlich viel andere Chemie. Aber kein Heroin. Es besitzt keinerlei therapeutischen Wert, und außerdem wäre es illegal, oder?«
    Statt einer Antwort machte Anaïs eine unbestimmte Handbewegung.
    »Konnten Sie das Opfer identifizieren?«, erkundigte sich Freire.
    »Nein.«
    »Ist es eine Frau?«
    »Ein Mann. Ziemlich jung.«
    »Gab es irgendwelche … Besonderheiten am Fundort? Ich meine, in dieser Grube?«
    »Das Opfer war nackt, und der Mörder hatte ihm einen Stierkopf über den Schädel gerammt.«
    Dieses Mal reagierte Mathias. Mit einem Mal sah er alles genau vor sich. Die nackte Leiche auf dem Boden der Grube. Den schwarzen Stierkopf. Der Minotaurus . Anaïs beobachtete ihn aus dem Augenwinkel und versuchte offenbar, seine Mimik zu deuten.
    Um sein Unbehagen zu kaschieren, erhob er die Stimme:
    »Was genau wollen Sie eigentlich von mir?«
    »Ihre Ansicht über Ihren … Gast.«
    Freire dachte an den Koloss, der das Gedächtnis verloren hatte. An seinen Cowboyhut, seine Westernstiefel. Ein Mann, der wie ein aus einem Zeichentrickfilm entsprungenes Monster wirkte.
    »Er ist völlig harmlos, das kann ich Ihnen versichern.«
    »Aber er hatte blutbeschmierte Gegenstände bei sich, als man ihn aufgriff.«
    »Ist Ihr Opfer mit einem Schraubenschlüssel oder einem Telefonbuch verletzt worden?«
    »Die Blutgruppe auf den Gegenständen stimmt mit der des Opfers überein.«
    »Null positiv. Eine sehr weit verbreitete Blutgruppe und …«
    Freire brach ab. Er begriff, worauf die junge Frau hinauswollte.
    »Sie treiben ein Spielchen mit mir«, fuhr er fort. »Sie wissen sehr genau, dass er nicht der Mörder ist. Aber was interessiert Sie an ihm?«
    »Ich weiß gar nichts. Aber es besteht die Möglichkeit, dass er an Ort und Stelle war, als der Mörder die Leiche in die Grube warf. Vielleicht hat er etwas gesehen.« Sie hielt einen Moment inne, ehe sie weitersprach. »Der Schock, der zu seinem Gedächtnisverlust geführt hat, könnte auf das zurückzuführen sein, was er in jener Nacht mit angesehen hat.«
    Mathias begriff plötzlich – genau genommen hatte er es von Anfang an geahnt –, mit was für einer brillanten, überdurchschnittlich begabten Kriminalistin er es zu tun hatte.
    »Dürfte ich ihn sehen?«, fragte sie.
    »Dazu ist es zu früh. Er ist noch sehr erschöpft.«
    Sie zwinkerte ihm über die Schulter hinweg zu. Bei dieser jungen Frau wusste man nie, woran man war. Mal wirkte sie fast brutal, mal schelmisch und verschmitzt.
    »Wie wäre es, wenn Sie mir der Abwechslung halber einmal die Wahrheit sagten?«
    Freire runzelte die Stirn.
    »Was soll das heißen?«
    »Sie haben doch längst eine sehr genaue Diagnose gestellt.«
    »Wie kommen Sie

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