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Der Utofant

Der Utofant

Titel: Der Utofant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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daß er auch von einem Sprechversagen befallen war.
    Da er niemals zum Ärztlichen Computeriat gegangen war – ich bin unschuldig, ich möchte leben – , auch keine menschlich strukturierte medizinische Persönlichkeit zu konsultieren pflegte, blieb seine Krankheit unregistriert, bis ihn die Hilfstruppe zum Schutz bestehender Gepflogenheiten aufgriff, als er dabei war, auf einem freien Fleckchen Erde aus Müllbestandteilen eine Art Haus zu bauen. Man denke, auf einem freien Fleckchen, das es ja eigentlich nicht gibt. Es konnte nur das Fleckchen sein, wo jene Müllteile gelegen hatten, bevor K. sie aufhob, um sich das Haus zu bauen. Er war halbnackt, bei ihm befand sich eine rostfarbene hochschwangere Katzenhündin sowie ein Lebewesen, das einer Flugbrumme nachgebildet schien. Der Offizier der Hilfstruppe befragte K. nach Herkunft und Beruf. Sogar bei dieser einfachen Anforderung versagte er, doch kam ihm teilweise die Sprache wieder.
    Ich weiß nicht, gab er an, ich möchte leben. Nun, sie bekamen es auch ohne ihn heraus, die Datenabrufstelle funktionierte in dem Moment, als sie sein Bild erhielt. Emil Erasmus K. war Koordinationsverwaltungssekretärvertreter ersten Grades im Ständigen Europäischen Hauptbauplangrobgestaltungsvorbereiterkomitee des Wohnturmfertigungsindustriebereichs 728 des Dezentralisatorkonzentrationsstützpunktes Mitte. Er war dazu durch einen Studiennachweis der Bildungsindustrie qualifiziert, Sektor Humane Steuerungsphilosophie. Die Nachprüfung ergab, daß K. am Arbeitsplatz karteimäßig geführt und seine Planstelle mit ihm besetzt war. Gelegentlich sei er dort aufgetaucht, manchmal um Mitternacht, und habe die vorhandene Arbeit, die für sechs Wochen präzise vom Computer in tägliche Rationen aufgeteilt gewesen sei, in einer einzigen Stunde zur Erledigung gebracht. Ja, K. sei ein Versager, das könne man behaupten.
    Sie schleppten mich in einen Arztsalon, erzählte er, beschickten mit mir etliche Maschinen, und die Maschinen nickten und zwinkerten, und schließlich spuckte eine den amtlichen Versagerausweis aus, eine andere das schwarze V zum Aufnähen und noch eine den Antrag auf eine Raumheilreise. Der Offizier der Hilfstruppe sei nett zu K. gewesen.
    In meiner schwerkranken Verfassung (und meine Krankheit schreite fort) sei eine Existenz für mich auf Erden nicht mehr möglich, ich würde jämmerlich zugrunde gehen, wenn ich mich nicht zu einer Raumreise entschließen könnte. Nur noch der Kosmos kann Ihnen helfen.
    K: Ich dachte, da ist was Wahres dran. Ich konnte auf der Erde tatsächlich nicht mehr existieren. Schlimm waren meine vielfachen Versagungen, aber noch schlimmer machte sich der Drang bemerkbar, etwas zu machen, ich meine selbst zu machen, nach eigenen Einfallen. Bau eines Müllhauses, Haltung des schwangeren Katzenhundes und eines Flügeltiers. Das waren nur die Anfänge.
    Glauben Sie mir, sprach lieb der Offizier, wenn ein Versager nur versagt, mag es noch gehen, aber wenn auch noch Einfalle auftreten, die er tatsächlich durchführt, wird es gefährlich. Rettung ist dann nur möglich, wenn sich der Kranke sofort auf Heilreise begibt. Ihr Antrag wird als vordringlich behandelt.
    Was blieb mir übrig, ich unterschrieb. Emil Erasmus K. begann zuzittern. Die Hemmung versagte diesmal, ich konnte fließend meinen Namen schreiben! Der Offizier blickte mich ängstlich an; war das nun wieder ein Versagen, daß mein Versagen dieses Mal versagte?

    6

    In der Clubkabine spielen unsere Versager, außer dem armen K. der grämlich in der Ecke hockt, am Tischdiorama das beliebte Krieg-der-Welten-Spiel. Diese erwachsenen Versagerpersönlichkeiten zerren wie wild an den Panikhebeln, um die bunten Plast-Erdbewohner möglichst echt panisch herumirren zu lassen, drücken mit kindischer Satanie Verderbensknöpfe, um Außerirdisches gummifingrig ins Erdenleben greifen zu lassen, die ausgeleierten Heulton- und Lichteffektauslösertasten werden sie bald kaputtgemacht haben. Sie sind so in Fahrt, daß sie nicht bemerken, wie eine Hilfspsychologin und eine Bewährungstechnikerin hereinkom
    men und mit besorgten Mienen das Diorama umstellen.
    Ist was, frage ich, um das Heilprogramm, denn das soll jetzt losgehen, in Gang zu bringen.
    Ich will keine Panik machen, sagt die Hilfspsychologin, zur Panik ist wirklich kein Grund vorhanden, aber es wäre nicht falsch, wenn wir ab und zu einen Blick auf den Schirm werfen würden, um uns die Abweichung bewußt zu machen, die sich unbegreiflicherweise

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