Der Väter Fluch
entweder Dee erpresst oder irgendwelche illegalen Geschäfte für sie oder beide Baldwins erledigt. Und wenn Holt sie erpresst hat, bedeutet das, dass die Baldwins irgendetwas auf dem Kerbholz hatten. Und Sie kennen ja bereits meine diesbezügliche Vermutung, daher will ich mich nicht noch einmal wiederholen.«
»Zum hundertsten Mal«, entgegnete Maryam. »Man kann sich nicht einfach in den Computer der Prüfungsbehörde hacken, um Vorabversionen der Zulassungstests oder irgendwelcher anderer Tests zu bekommen. Die haben ihr eigenes Netz, das mit keinem anderen Computer verbunden ist!«
Decker verlor langsam die Geduld. »Und zum hundertsten Mal erkläre ich Ihnen jetzt, dass es wahrscheinlich einen Insider bei der Prüfungsbehörde gegeben hat, der die Daten aus dem Prüfungscomputer heruntergeladen und auf den der Baldwins oder vielleicht auf Holts Computer übertragen hat...«
»Sie sind doch schon alle Dateien durchgegangen...«
»Noch nicht alle«, seufzte Marge.
»Außerdem sind wir keine professionellen Hacker«, fügte Decker hinzu und schnaubte. »Vielleicht sollten wir den ganzen Kram einpacken und mit aufs Revier nehmen...«
»In diesen Computern befinden sich Patientenakten!«, protestierte Maryam. »Ihr Durchsuchungsbefehl erlaubt Ihnen die Durchsuchung und nicht das Stehlen von Unterlagen. Dies ist eine unglaubliche Verletzung der Privatsphäre...«
»Dr. Estes...«
»Warum sollten die Baldwins so etwas tun?«, rief die Psychologin. »Und alles riskieren, wofür sie gearbeitet haben? Sie wissen, dass die Erfolgsquote der Baldwins viel weiter zurückgeht und nicht erst vor drei Jahren begann! Sie haben sich seit mindestens zehn Jahren einen Ruf auf dem Gebiet der Testvorbereitung erworben!«
»Der Konkurrenzdruck ist unerbittlich«, erwiderte Marge. »Das haben Sie selbst gesagt.«
»Konkurrenz unter den Studenten, aber doch nicht unter den Psychologen. Die Baldwins waren eine Klasse für sich. Ihre Unterstellungen sind... ich bin mir nicht mal sicher, ob dieser Moke und dieser schreckliche Holt wirklich ein und dieselbe Person sind.«
»Was wetten wir?«, fragte Marge trocken. Maryam rollte mit den Augen. »Das ist ausgesprochen infantil.«
»Wollen Sie meine Meinung dazu hören?«, fragte Oliver.
»Vermutlich werde ich sie ja gleich zu hören bekommen - ob ich nun will oder nicht.«
»Dee war gezwungen, ganz oben an der Spitze dieser Testgeschichte zu bleiben, weil sie sehr hohe Honorarrechnungen stellen musste.« Oliver nahm einen Stapel Papiere in die Hand - Kreditkartenbelege. »Diese Dame hatte einen schlichten, aber exklusiven Geschmack. Hier sind Rechnungen von Gucci, Tiffanys, Armani, Valentino, Escada, Zegna... das muss für ihren Gatten gewesen sein...«
»Von der Renovierung ihres Hauses in Beverly Hills ganz zu schweigen«, fügte Marge hinzu. »Und dann zehn Riesen im Monat für die Miete ihrer Strandwohnung...«
»Aber wo sind dann diese mysteriösen Zulassungsdateien?«, fragte Maryam. »Sie haben keinerlei Beweise!«
»Die werden wir schon noch finden«, brummte Decker. »Vielleicht nicht ich persönlich, aber irgendjemand anders. Selbst wenn sie gelöscht wurden, gibt es zig Möglichkeiten, sie wieder zurückzuholen. Gut, vielleicht nicht zig...«
»Sie wissen doch überhaupt nicht, wovon Sie reden!«, bemerkte Maryam spitz.
»Sie aber auch nicht«, entgegnete Decker. »Wenn Dee Baldwin jemanden dafür bezahlt hat, sich in nichtöffentliche Dateien zu hacken, können Sie von Glück sagen, wenn Sie aus dieser Geschichte herauskommen, ohne Ihrem Ruf zu schaden. Vielleicht sollten Sie schon mal darüber nachdenken, sich einen Anwalt zu besorgen. Sie sind schließlich Teil dieser Praxis, Dr. Estes.«
Wieder füllten sich Maryams Augen mit Tränen. »Ich kann das alles nicht glauben.«
»Wir versuchen nur, Ihnen zu helfen...«
»Genau das tun Sie nicht!« Maryam vertiefte sich wieder in ihre Lektüre, aber ihr nervös wippendes Bein deutete darauf hin, dass sie alles andere als ruhig war. Schließlich legte sie das Buch zur Seite. »Ich werde einen Spaziergang machen. In fünf Minuten bin ich wieder zurück.«
Decker nickte.
Eingeschnappt zog sie ab. Nachdem die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss gefallen war, stieß Marge einen Seufzer der Erleichterung aus. »Gott sei Dank!«
»Freu dich nicht zu früh«, meinte Oliver. »Wahrscheinlich steht sie hinter der Tür und versucht zu lauschen.«
»Meinst du wirklich?«
»Sieh mal nach.«
»Ach was.« Marge machte
Weitere Kostenlose Bücher