Der Väter Fluch
Jungs wehgetan hat, auch nicht Ernesto. Und ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass er die Baldwins umgenietet hat.«
Decker erwog verschiedene Fragen. Hatte Tarpin damit gedroht, den Hackerbetrug auffliegen zu lassen? War das der Grund für seine Ermordung? Wenn ja, hatte Darrell sich dafür sechs Monate Zeit gelassen. Und dann war da noch Ernesto. Wie passte er ins Bild? Decker fragte Erin danach.
Sie senkte den Blick. »Einmal... als Darrell dachte, dass ich schlafen würde, hörte ich, wie Ruby ihm etwas erzählte... und sagte, Ernesto sei ein Problem.«
»Ein Problem...« Decker wartete, bis er wieder Blickkontakt mit dem Mädchen aufnehmen konnte. Dann sah er ihm fest in die Augen. »Was hat er darauf geantwortet?«
»Ich glaube, so was wie >Kümmere dich um ihn<.«
Kümmere dich um ihn.
»Und wonach klang das für dich, Erin?«
Das Mädchen schwieg.
Diese kleine Psychopath in! Sie hatte es die ganze Zeit gewusst. »Hast du mir nicht gerade erzählt, Ernestos Tod wäre ein Schock für dich gewesen?«, fragte Decker.
»So war's auch!«
»Dann wiederhole ich meine Frage: Wonach hat >Kümmere dich um ihn< für dich geklungen, Erin?«
Sie begann zu weinen. »Ich wusste doch nicht, dass Ernesto sterben würde!«
»Aber du wusstest, dass etwas passieren würde...«
»Ich hab gedacht, Darrell würde nur... den Coolen spielen oder so.«
»Jemanden umzubringen ist cool?«
»Legen Sie mir nicht solche Sachen in den Mund!« Jetzt schluchzte sie. Decker ließ sie einen Moment lang in Ruhe, dann sagte er: »Also hat Ruby Ernesto über die Klinge springen lassen?«
»Woher sollte ich das wissen? Ich bin doch nur die dumme Junkiebraut, die von einem Schuss zum anderen lebt!«
Eine dumme, verrückte, verlogene Junkiebraut, wollte Decker hinzufügen. Er stellte das Diktiergerät ab, beugte sich vor, packte das Mädchen an den Schultern und starrte ihm direkt in die ausdruckslosen Augen. »Erin, wo steckt Darreil?«
»Keine Ahnung«, wimmerte sie. »Ich schwör's.«
Decker ließ sie los, lehnte sich zurück und gab ihr einen Augenblick, um sich wieder zu fangen. Seine Augen fixierten sie. »Gib mir einen Anhaltspunkt, Mädchen! Irgendwas!«
»Er versteckt sich irgendwo in den Hügeln zwischen Santa Barbara und Orange County. Ich glaube nicht, dass er Südkalifornien verlassen hat...«
»Genauer!«, brüllte Decker.
»Hören Sie auf, mich anzuschreien!«, brüllte sie zurück.
»Was ist da unten los?«, rief eine körperlose Stimme von oben. Doreen eilte zu Hilfe. »Ich komme jetzt runter!«
Decker starrte Erin an. »Du steckst in Schwierigkeiten...«
»Ich weiß nicht, wo er ist!«, kreischte sie. »Fragen Sie doch Ruby Ranger! Sie kennt Darrell viel länger als ich.«
Doreen erschien. »Das Verhör ist zu Ende!«
»Kein Problem. Ich nehme sie fest...«
»Was?« Doreen war entsetzt. »Sie können doch nicht...«
»Ich kann, und ich werde. Wollen Sie mitkommen? Ehrlich gesagt wäre mir das sogar lieber.«
»Aber meine Kinder...«
»Dann eben nicht.«
»Und Sie nehmen sie einfach fest?«, wollte Doreen wissen.
»Ich nehme sie mit aufs Revier zu einer weiteren Befragung«, korrigierte Decker. »Ich werde sie auch nicht in Untersuchungshaft stecken, sondern eine Beamtin vom Jugenddezernat informieren, die sie einliefert. Das Ganze wird etwa eine Stunde dauern.« Zu Erin gewandt, sagte er: »Dir bleibt also genug Zeit, dich zu waschen und umzuziehen.« Und dir einen letzten Schuss zu verpassen, lautete die unausgesprochene Botschaft. »Aber du darfst die Tür zum Badezimmer nicht abschließen. Wenn du das tust, trete ich sie ein.«
»Warum?«, fragte Doreen.
»Vorschrift«, antwortete Decker. »Ich muss sie die ganze Zeit im Auge behalten.«
»Aber ich hab doch mit Ihnen kooperiert«, meinte Erin eingeschnappt.
»Das ist der einzige Grund, warum ich dich überhaupt ins Badezimmer gehen lasse, Erin«, konterte Decker.
»Okay. Dann sollte ich vielleicht... ins Bad gehen.« Ihre Blicke begegneten sich. »Vielleicht sind sie ja zusammen - Ruby und Darreil -, aber anders, als Sie denken.«
Ihr Mund verzog sich zu einem verschlagenen Grinsen. Decker hätte ihr am liebsten eine geknallt. Stattdessen sagte er: »Das ist kein Spiel, Erin. Du steckst in großen Schwierigkeiten. Wenn ich herausfinde, dass du irgendwas verbirgst, werde ich dich nicht nur mit Freude einbuchten, sondern du kannst auch deinen Krankenhaus...«
»Das reicht jetzt!«, platzte Doreen dazwischen.
Aber Erin ließ sich nicht
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