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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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bei den gojim - in Monowitz.«
    Oscars Blick blieb ausdruckslos.
    »Das Arbeitslager des Konzentrationslagers.« Rina biss sich auf die Lippen. »Meine Mutter hat dunkles Haar, aber helle Haut und blaue Augen...«
    »Deine Mutter ging als eine von denen durch?«
    »Ich glaube, der Kommandant wollte, dass sie das tat. Sie war unglaublich schön. Er... mochte sie.«
    »Oy.«
    »Ihr Aussehen hat ihr wahrscheinlich das Leben gerettet. Alle ihre Freundinnen gingen auf die jüdische Seite - nach Birkenau -, und sie alle wurden ermordet. Und natürlich sprach sie Deutsch, und das verschaffte ihr entscheidende Vorteile vor den ungarischen Mädchen. Der Kommandant ließ sie in der Küche arbeiten. Es war ein schreckliches Leben, aber so ist sie nicht verhungert. Und dabei hat sie auch meinen Vater kennen gelernt... sie schmuggelte Essen auf die andere Seite. Mein Vater war der >Es- sensholer< für das Männerlager.«
    »Wenn sie entdeckt worden wäre, hätte man sie erschossen.«
    »Ja, einiges hat sie uns schon erzählt. Sie hatte furchtbare Angst. Sie sagte immer, der erste Schritt wäre der schlimmste gewesen. Alles Weitere sei ihr dann ganz selbstverständlich erschienen.«
    »Sie ist eine Heldin.«
    »Ich glaube, sie war einfach verliebt. Papa war ein sehr gut aussehender Mann - selbst mit nur fünfundfünfzig Kilo.« Rina lächelte. »Sie zählte sich selbst zu den Glücklichen. Sie hatte Brot und Suppe und gelegentlich einen Knochen, an dem sie herumnagen konnte. Zwar rasierte man ihr die Haare ab, aber es gab sauberes Wasser, und ihr Kopf blieb - außer in der Sommerhitze -von Läusen verschont. Sie meinte oft, verglichen mit den jüdischen Häftlingen wäre sie sich wie eine Königin vorgekommen. Ich weiß nicht, wie die anderen überlebt haben.«
    »Man tut, was man kann.«
    Rina zuckte die Achseln.
    Oscars Augen verdunkelten sich. »Also verstehst du, warum es so schwer ist, darüber zu reden.«
    »Ja, natürlich. Es ist eigenartig. Meine Mutter kann über den Holocaust sprechen. Es ist nur ihre Mutter...«
    »Aber einige Leute können nicht darüber reden. Und das solltest du respektieren.«
    »Unbedingt.«
    »So... dann sage ich vielen Dank für die Suppe... und auf Wiedersehen.«
    Rina konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen. Aber sie wollte auch nicht in ein Wespennest stechen, ohne zuvor die Erlaubnis des Mannes einzuholen. »Vielleicht komme ich nächste Woche vorbei, Oscar, und besuche Sie wieder.«
    »Dann bekommst du die gleiche Antwort.«
    Rina lächelte. »Die Suppe hat Ihnen so gut geschmeckt. Beim nächsten Mal schmuggeln wir sie in Ihr Zimmer.«
    »Du glaubst, ich rede, wenn du mit mir allein bist?«
    »Nein. Ich glaube, dass wir beim nächsten Mal auf die feindlichen Blicke verzichten können.« Sanft drückte sie seine Hand. »Wiedersehn.«
    Aber Oscar hielt ihre Hand fest. Tränen traten in seine Augen. »Schon gut«, meinte Rina. »Ich bin nicht gekränkt. Bitte.« Die Augen blieben feucht. »Warum tust du das?« Rina zuckte nur mit den Achseln. »Gib mir den Namen«, knurrte Oscar. »Yitzchak Golding.«
    Er dachte lange nach und schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Gut, das wäre dann geklärt. Ich werde auch weiterhin vorbeikommen und Sie besuchen...«
    »Du darfst nicht vergessen... sie haben jeden Tag Menschen umgebracht. Im Normalfall arbeiteten sie eine Woche und wurden dann erschossen oder vergast. Zu- und Abgänge... es kamen immer neue Juden ins Lager, die ermordet werden mussten. Sogar das Stammpersonal... niemand überlebte länger als ein paar Monate. Fast eine Million Juden auf einem Friedhof. Leichen über Leichen. Und sie alle... verloren... vergessen.«
    »Nicht vergessen«, widersprach Rina. »Sie werden nie vergessen werden. Die jüdischen Gesetze würden das nie erlauben. Sie kennen doch die Halacha... über den Fund des unbekannten Toten, der innerhalb der Stadtgrenzen ermordet wurde. Den chok bezüglich der rothaarigen Färse.« Oscar blickte sie verständnislos an.
    »Es stammt direkt aus dem Cbumescb: Wenn man einen toten Körper innerhalb der Stadtgrenzen findet und niemand die Verantwortung für ihn übernimmt, ist die gesamte Gemeinde dafür verantwortlich. Und es ist die Pflicht der Gemeinde, diesem Toten ein anständiges Begräbnis zukommen zu lassen. Und mehr versuche ich auch nicht, Oscar: Ich will diesem Mann ein anständiges Begräbnis zukommen lassen.«
    »Ich kenne den Namen nicht. Woher kennst du ihn?«
    »Ich tu jemandem einen Gefallen. Nicht weil er ein Freund

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