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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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tot.«
    »Vielleicht hat er auch Sie fotografiert.«
    »Wenn er es getan hat, will ich das Bild nicht sehen!« Er sagte es laut und kraftvoll. Dann ließ er die Luft aus seinen Lungen strömen, als ob es sein letzter Atemzug wäre. »Dieser Junge... vielleicht wollte er helfen. Vielleicht auch nicht. Doch selbst wenn er wirklich helfen wollte, war er kein großer Held. Nichts dergleichen.«
    Schweigen.
    Dann fuhr Oscar fort: »Er war höchstens ein kleiner Held.« Und mit einem säuerlichen Lächeln fügte er hinzu: »Immerhin -ein kleiner ist besser als gar kein Held.«

34
    Die Angelegenheit würde wieder mal die ganze Nacht dauern, daher beschloss Decker, kurz noch einmal zu Hause vorbeizuschauen. Als er in die Auffahrt einbog, sah er, dass hinter den Wohnzimmerfenstern kein Licht brannte, was bedeutete, dass seine Familie ausgegangen war und sich ohne ihn amüsierte. Er hätte also genauso gut auch auf dem Revier bleiben können. Die Erkenntnis, dass er weder gebraucht noch vermisst wurde, weckte gemischte Gefühle in ihm. Aber da er schon mal zu Hause war, beschloss er, sich schnell mit einer Dusche zu erfrischen und seine Sachen zu wechseln.
    Als er das Haus betrat, fiel ihm sofort auf, dass es nicht völlig dunkel war. Aus Jacobs Zimmer drang Licht... aber keine Musik. Auch keine Unterhaltung. Sein Magen verkrampfte sich.
    Immer wenn das Haus so ruhig und Jacob allein war, beschlich Decker der quälende Verdacht, dass etwas Verbotenes vor sich ging. Auch wenn er noch so häufig sein Vertrauen in den Jungen beteuerte - es gelang ihm einfach nicht, ihm wirklich ganz und gar zu trauen.
    Auf Zehenspitzen schlich er zur Zimmertür und lauschte einen Moment. Nichts. Dann klopfte er.
    Sofort antwortete ihm Jacobs Stimme, er könne hereinkommen. Decker hoffte nur, dass der Junge seinen Seufzer der Erleichterung nicht gehört hatte. Eine Jarmulke aus schwarzem Leder auf dem Kopf, saß Jake an seinem Schreibtisch, über einen dicken Band des Talmud gebeugt, und studierte konzentriert den aramäischen Text. Dann schaute er auf.
    »Hi.«
    »Bist du allein zu Hause?«
    »Hannah ist auch noch hier.«
    »Oh.« Decker lauschte, nahm aber nur das Rauschen der Klimaanlage wahr. »Ich höre den Fernseher gar nicht.«
    »Es ist nach neun, Dad. Sie schläft.« Er bekam ein schlechtes Gewissen. »Ja, natürlich!«
    »Soll ich nach ihr sehen?«
    »Das mach ich schon.« Aber Decker ging nicht sofort; er war völlig fasziniert vom für ihn ungewöhnlichen Studieneifer seines Stiefsohns. »Ich dachte, wir hätten Sommer.«
    »Ich versuchte, etwas aufzuholen, bevor ich zur Jeschiwa gehe. Ich will da keine schlechte Figur machen.«
    »Das geht gar nicht.«
    »Du wärst überrascht. Es ist verblüffend: Je mehr du lernst, desto mehr weißt du.«
    »Binsenweisheiten und ihr wahrer Kern...«
    »Sammy und ich haben die letzten zwei Stunden zusammen gelernt, aber dann rief ein Freund von ihm an. Ich hab ihm zugeredet rauszugehen. Er sah ein bisschen blass aus.«
    »Und du wolltest nicht mit?«
    »Jemand muss ja zu Hause bleiben und auf Hannah aufpassen. Eema ist in irgendeinem Altersheim und redet mit einem ehemaligen Lagerinsassen. Sie hatte mir zwar angeboten, früher nach Hause zu kommen, damit ich ausgehen kann. Ich glaube, sie befürchtet, dass ich zu ernst werde - das muss man sich mal vorstellen! Ich sagte ihr, das wäre kein Problem. Aus irgendeinem Grund schien dieser Besuch sehr wichtig für sie zu sein. Außerdem hab ich nichts gegen ein wenig Ruhe. In letzter Zeit war es hier hektisch genug.«
    Decker drückte einen Kuss auf die Jarmulke. »Tut mir Leid, Jacob.«
    »Schon okay.« Er stand auf. »Du siehst müde aus. Wir haben noch Reste im Kühlschrank. Soll ich dir was machen, während du duschst?«
    »Das wäre lieb.«
    Ohne ein weiteres Wort ging Jacob an ihm vorbei in die Küche. Decker warf einen kurzen Blick in das Zimmer seiner Tochter, sah aber nur ihre rotblonden Löckchen auf dem Kopfkissen. Auf Zehenspitzen schlich er an ihr Bett. Sie schlief tief und fest und roch nach Shampoo. Er lächelte und war wie immer erstaunt, dass solch ein Wunder seinen Lenden hatte entspringen können. Er verließ den Raum mit einem sehnsüchtigen Gefühl im Herzen, zog sich aus und stellte sich unter die heiße Dusche.
    Nachdem er in frische Sachen geschlüpft war, ging er in die Küche, wo ein Stück Truthahnfleisch, Kartoffelpüree, Brokkoligemüse und ein frischer Salat auf ihn warteten. Sein Stiefsohn trug ein schwarzes T-Shirt und

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