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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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legte er den Finger auf die Lippen und flüsterte: »Wir drehen sofort um, wenn ich es sage.«
    Jacob nickte. Er spürte den Druck auf seiner Brust. Sein Atem ging schnell und flach. Die beiden anderen tauchten neben ihnen auf, und während Martinez die Stablampe hielt, bewegten sie sich zu viert Schritt für Schritt die Abzweigung hinauf. Insekten zirpten, Eulen schrien, Kojoten heulten. Fünfzehn Meter den Berg hinauf.
    Zu beiden Seiten des Wegs ragten hohe Bäume in den Himmel. Die Beschaffenheit des Geländes sorgte für eine begrenzte Sicht: Nur mit großer Mühe konnte man etwas erkennen, das jenseits des Blätterdachs lag. Der Himmel hellte sich auf, von Pechschwarz zu Stahlblau, als der Mond langsam höher stieg - eine silberne Sichel.
    Dreißig Meter.
    Ihre Schritte waren rhythmisch und leise, bis auf ein gelegentliches Kratzen auf dem Boden. Jedes Geräusch, das sie verursachten, wurde von den nächtlichen Tierlauten übertönt.
    Sechzig Meter.
    Martinez hielt die Stablampe nach unten, weil er ihre Anwesenheit nicht durch einen versehentlichen Lichtstrahl in ein unsichtbares Hüttenfenster verraten wollte. Der Nachteil dabei war, dass er an dem dicht bewachsenen Berghang kaum etwas erkennen konnte.
    Einhundert Meter.
    Deckers Schritte wurden langsamer, seine Haltung zögerlicher, während sie den nicht kartografierten Weg hinaufstiegen und sich immer mehr vom Wagen entfernten. Die Reifenspuren waren einfach verschwunden... hatten sich in Luft aufgelöst. Wohin führten sie?
    Hundertzwanzig... hundertvierzig Meter, und immer noch kein Anzeichen einer Hütte. Abgesehen von dem in Schlangenlinien verlaufenden Pfad gab es keinerlei Hinweise auf eine menschliche Wohnstätte. Entweder lag die Hütte viel weiter entfernt, als sie dachten, oder sie war vom Dickicht verdeckt.
    Einhundertfünfzig Meter weit den Weg hinauf... keine große Entfernung, nur ein kurzer Sprint zurück zum Auto. Etwa zehn Sekunden... vielleicht fünfzehn. In fünfzehn Sekunden konnte eine Menge passieren. Deckers wachsende Sorge um die Gesundheit seines Sohnes überwog den Gedanken an ein Leben, das vielleicht in Gefahr war. Er hatte Jacob die ganze Zeit am Arm gehalten. Jetzt verstärkte er seinen Griff, sodass der Junge sich aufbäumte.
    »Wir gehen zurück«, flüsterte er. »Was? Warum?«, flüsterte Jacob zurück. »Weil wir zu weit vorgedrungen sind. Weil ich es sage.«
    »Aber wir sind fast da.« Martinez mischte sich ein: »Wie weit noch?«
    »Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, wir sind kurz davor«, beharrte Jacob.
    »Du glaubst?« Decker schüttelte den Kopf. »Das reicht mir nicht. Du weißt noch nicht mal, ob das die richtige Abzweigung war.«
    »Doch, ich bin mir ganz sicher. Ich war zwar zugedröhnt, aber auch dann bleiben einem Dinge im Gedächtnis.« Er musterte das Gelände eingehend. Dann kniff er die Augen zusammen und schob seinen Kopf vor. »Ist das ein Licht da oben?«
    »Wo?«, fragte Martinez.
    Jacob deutete auf die Stelle. »Sehen Sie diesen Lichtfleck in etwa... ich schätze hundert Metern, rechts von der großen Platane?«
    Obwohl seine Nachtsicht nicht die Beste war, konnte Decker einen weit entfernten Lichtschein ausmachen. »Vielleicht ist dort tatsächlich etwas.«
    »Ihr sprecht alle über das Licht weiter rechts oben?«
    »Genau«, bestätigte Jacob.
    »Etwa auf zwei Uhr«, sagte Martinez. »Jetzt seh ich's auch. Was sollen wir machen, Chef?«
    Decker antwortete: »Wir sollten umkehren, bevor...«
    Plötzlich leuchtete das schwache Licht heller und breiter. Zum Nachdenken blieb keine Zeit... und kaum genug zum Reagieren. Decker warf sich auf seinen Stiefsohn und riss ihn zu Boden.
    Martinez, ein Vietnamveteran, zog Webster nach unten, sodass beide bäuchlings auf der Erde landeten. Die Kugeln kamen in einem gleichmäßigen Abstand - tack, tack, tack, tack - und pfiffen über ihre Köpfe hinweg. Immer noch auf dem Bauch, zerrte Decker Jacob in einen Busch. Manche Dinge vergisst man nie.
    Die Sekunden verstrichen. Dann verschwand das Licht. Es herrschte wieder Dunkelheit. Vielleicht konnte Decker aber auch nur nichts sehen, weil er mit dem Gesicht am Boden lag und keine freie Sicht hatte. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Er wusste, dass er dies hier überleben würde, nicht um seiner selbst willen, sondern Jacobs wegen. Der Junge hatte sich das Kinn aufgeschlagen und zitterte am ganzen Körper. Abgesehen davon schien er in Ordnung zu sein.
    Martinez sprach als Erster. »Glaubst du, er hat ein

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