Der Väter Fluch
Man muss als Schüler an den richtigen Berater geraten, denn manche haben bei bestimmten Unis mehr Einfluss.«
»Was soll das heißen?«
»Das, was ich sage.«
»Für mich klingt das nach Vetternwirtschaft... oder gar nach etwas Illegalem.«
»Das ist auch nicht illegaler als so ein Netzwerk von alten Herrn, bei dem Juden, Schwarze, Latinos und Asiaten ausgeschlossen wurden.«
»Diskriminierung ist verboten, Yonkie.«
»Das heißt doch nicht, dass es sie nicht gibt. Die Spitzenuniversitäten sind alle privat und können tun und lassen, was sie wollen. Du weißt doch, was Stiftungen sind, oder? Wenn du also Stiftungsstudent bist und trotzdem die volle Gebühr bezahlst, dann ist das für die meisten Unis mehr wert als der beste Notendurchschnitt. An den staatlichen Unis wie UCLA ist es was anderes. Da kommt es nur auf die Punkte in der ersten Runde an.«
»Welche Punkte?«
»Es gibt Punkte für die Noten, für den S, für den S2. Und auch das ist nicht ganz fair. Ein schwarzer Teenager aus South Central L. A., der auf dem Schulweg Schießereien aus dem Weg gehen muss, hat einen schwereren Start als ein weißes Bürgerkind aus Encino. Und wenn man in der ersten Runde nicht zur University of California zugelassen wird, kann man immer noch Einspruch einlegen und alle möglichen weiteren Kriterien anführen. Also wirklich objektiv ist die Auswahl eigentlich nie.«
»Ich wusste gar nicht, dass es so kompliziert ist.«
»Doch, ist es. Für mich hat das nicht so viel Bedeutung, weil Eema nie besonderen Wert auf die Eliteunis an der Ostküste gelegt hat. Wenn es nach ihr ginge, würde ich auf die Yeshiva University gehen. Deshalb konnte ich mir auch diesen ganzen Auswahlstress sparen. Aber sogar unter den orthodoxen Unis gibt es Konkurrenzdruck. Ich hab schon die arrogantesten Wichtigtuer heulen sehen, weil sie den Zulassungstest vermasselt haben.«
»Und darum gibt es solche Dienstleister wie Dr. Baldwin«, stellte Decker fest.
»Ein Mitschüler hat es mir mal so erklärt: Wenn einer dieser Karriereberater einer Uni immer Spitzenstudenten schickt, würdest du als Mitglied der Zulassungskommission nicht auf seine Empfehlungen hören?«
»Haben die Baldwins denn Empfehlungen für ihre Klienten geschrieben?«
»Ich denke schon. Man kann alle möglichen Empfehlungsschreiben in seine Bewerbung packen. Angeblich sind die wichtigsten die deiner Lehrer - weil sie deine schulischen Leistungen kennen. Aber ich bin ganz sicher, dass ein paar lobende Bemerkungen über deine charakterlichen Vorzüge letztlich den Ausschlag geben. Vor zwei Jahren hat ein Junge, den ich kenne, seinen Abschluss an der Torah V'Dass gemacht und sich dann an einer sehr begehrten Uni beworben. Er besaß eine Empfehlung von einem wichtigen Politiker, der auch noch mit einem der Kommissionsmitglieder zur Schule gegangen war. Der Typ hatte zwar auch ganz gute Noten, aber letztlich sicherte ihm dieser Brief den Platz.«
»Und wie groß war der Einfluss der Baldwins?«
»Die hatten den Ruf, Wunder vollbringen zu können. Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, weil ich ja davon ausging, dass ich die Yeshiva University besuchen würde. Aber dann kam die Johns Hopkins ins Spiel und Ner Yisroel und die Tatsache, dass ich mein letztes Highschooljahr mit dem ersten Unisemester zusammenlegen könnte. Das hat natürlich alles geändert, und alle meinten, was ich für ein Glück gehabt hätte. Aber es war kein Glück, sondern vor allem Eema, die immer und immer wieder Druck gemacht hat, damit sie für mich diese Möglichkeit in Betracht ziehen. Und das braucht man: Jemanden, der ständig Druck für dich macht. Insofern hatte ich schon Glück, auch wenn ich dafür jetzt einen schwarzen Hut tragen muss.«
»Wird gut zu deinen Haaren passen.«
»Super!«, sagte Jacob ohne große Begeisterung. »Ton in Ton.«
»Es hat also was gebracht, wenn die Baldwins hinter einem standen.«
»Auf jeden Fall.«
»Und was ist mit Ernesto Golding? Wo wollte er hin?«
»Ernesto hat es an die Brown University geschafft - gar nicht so leicht. Ich weiß nicht, ob sie ihn auch in Berkeley angenommen haben. Wahrscheinlich nicht, denn wenn das der Fall gewesen wäre, wäre er auch hingegangen. Ruby hat schließlich auch dort studiert.«
Decker überlegte. »Stimmt. Du hast mir erzählt, dass Ruby in Berkeley war.«
»Hab ich das?«
»Irgendwer hat es mir jedenfalls erzählt.«
»Es hat ja auch niemand behauptet, dass sie blöd ist. Nur böse.«
»Ist sie noch in
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