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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Verhältnisse nicht überprüfen.«
    »Und wir haben noch keinen Durchsuchungsbefehl, also können wir auch seine Akten nicht überprüfen.«
    »Als ich bei den HVR aufkreuzte«, fügte Webster hinzu, »war Holt verschwunden.«
    »Was ist mit Dr. Lius Obduktionsbericht?«
    »Hab eben angerufen«, antwortete Martinez. »Er hat noch nicht angefangen. Zu viel Arbeit dazwischengekommen. Er hofft, dass er uns morgen was sagen kann.«
    »Dann schlage ich vor«, sagte Decker, »dass wir den Papierkram zu Ende bringen und d ann für heute Feierabend machen.«
    Alle stimmten zu. Oliver sogar mehrmals.

22
    Der Schlaf einer Mutter ist immer leicht: ein kurzes Wegtauchen, bei dem das Bewusstsein nur auf Standby schaltet und beim Schrei eines hungrigen Säuglings oder dem Weinen eines Kleinkinds sofort anspringt. Dieser Reflex war so tief verankert, dass Rinas Schlaf sich nicht mehr änderte, auch als ihre Kinder längst älter geworden waren; deshalb wachte sie sofort auf, als sich die Schlafzimmertür öffnete. Zwar nur einen Spalt; doch sie spürte es, ohne es wirklich zu hören. Es war noch nicht hell, aber der Himmel hatte sich schon von Schwarz zu Grau verfärbt. Die Uhr auf dem Nachttisch zeigte fünf Uhr achtunddreißig. Sammy stand in der Tür. Sie legte den Finger an die Lippen und gab ihm zu verstehen, wieder zu verschwinden, denn sie wollte Peter nicht wecken. Sie wusste zwar nicht, wann er nach Hause gekommen war, aber sie selbst hatte sich erst um Mitternacht schlafen gelegt.
    Sie zog schnell ihren Morgenmantel an und schloss die Schlafzimmertür hinter sich. Rina blinzelte in das helle Licht der Wohnzimmerlampe und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Sammy war angezogen und hatte seine ledernen Gebetsriemen mit kleinen schwarzen Kästchen - die tefillin schel jad - um seinen Unterarm gewickelt. Auf der Stirn am Haaransatz war das andere schwarze Kästchen befestigt - der tefillin schel rosch. Ihr älterer Sohn sah beeindruckend aus: groß, attraktiv, mit aufrechter Haltung.»Alles in Ordnung?«, flüsterte sie.
    »Ja, ja«, antwortete er. »Das ist bloß der Jetlag. Ich bin schon seit vier Uhr auf und lerne. Dann hab ich das erste Dämmerlicht gesehen und beschlossen zu beten. Mit mir ist alles okay. Aber da ist ein Typ an der Tür, der Dad sprechen will...«
    »Was? Um diese Zeit?«
    »Ja, er sagt, es sei wichtig. Er macht einen ziemlich erregten Eindruck. Ich wusste nicht, ob ich Peter wecken sollte oder nicht.«
    »Hat er gesagt, wie er heißt?«
    »Ja, aber ich hab ihn nicht richtig verstanden. Irgendwas mit Gold...«
    »O nein!« Rina schlug sich mit der Hand vor die Brust. »Carter Golding?«
    »Ja, genau. Wer ist das?«
    »Sein Sohn wurde ermordet...«
    »Was? Der ist das?«
    Rina nickte. »Ich glaube, ich sollte ihn fragen, was er will.« Sammy hielt sie zurück. »Meinst du nicht, wir sollten lieber Dad wecken?«
    »Erst möchte ich hören, was er will.« Sie zögerte ein wenig, als sie vor der Tür stand, aber dann machte sie sie entschlossen auf. Vor ihr stand ein kleiner, dünner Mann.
    Sein Gesicht war wegen der Dunkelheit und seines Barts nur schwer zu erkennen. Er war ständig in Bewegung, wippte auf den Fußballen, knetete die Hände, drehte den Kopf hin und her.
    »Es tut mir so Leid«, hüstelte er, »ich dachte, vielleicht... dass Ihr Mann... dass er vielleicht auch nicht schläft... ich komme später wieder...«
    »Nein, nein, bitte, Mr. Golding, kommen Sie herein«, sagte Rina. »Bitte.«
    Er trat gerade so weit über die Schwelle, dass sie die Tür hinter ihm schließen konnte. Seine Kleidung sah zerknittert aus, als hätte er sie länger nicht gewechselt. Er bewegte sich wie eine Flipperkugel in einem sehr kleinen Automaten. »Ich hätte nicht herkommen sollen.« Atemlos. »Ich wecke sie mitten in der Nacht auf wie ein Wahnsinniger. Ich bin nicht wahnsinnig!«
    »Natürlich sind sie das nicht...«
    »Schläft Ihr Mann noch? Wecken Sie ihn nicht auf. Ich komme später...« Er starrte Sammy an und zeigte mit zitterndem Finger auf ihn. »Was hat er da am Arm... und auf dem Kopf?«
    Rina drehte sich um. »Tefillm... Gebetsriemen.«
    »Mein Vater hatte auch so etwas. Ich weiß nicht, was er damit gemacht hat.« Er schwieg einen Moment. »Was wohl aus denen geworden ist?« Golding begann, auf und ab zu gehen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Groucho Marx auf Speed. »Sie haben doch die Blätter verschickt, auf denen zum Gespräch über Hassverbrechen in der Synagoge eingeladen wurde.

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