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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Umstände, bitte.«
    »Das macht keine Umstände.« Rina war schon aufgestanden. »Kräutertee vielleicht? Ich habe Kamille, Orange, Zimt, Zitrone...«
    »Kamille, bitte.«
    »Zucker, Zitrone?«
    »Ohne alles.«
    »Ich bin gleich wieder da.«
    Golding flüsterte erneut. »Vielen Dank«, und wandte sich dann Decker zu. »Sie müssen mich für verrückt halten.«
    War es nicht zum Verrücktwerden, was mit seinem Sohn passiert war? Golding trug ein hellgraues Sweatshirt mit Kaffeeflecken und eine Jeans.
    »Haben Sie etwas Bestimmtes auf dem Herzen, Mr. Golding?«, fragte Decker, »oder wollen Sie nur so mit mir sprechen... oder etwas wissen?«
    Er strich sich über den Bart. »Ich möchte mit Ihnen über etwas sprechen. Ich weiß nur nicht, wie...« Er schluckte seinen Schmerz hinunter. »Glauben Sie, dass Sie dieses Ungeheuer finden werden?«
    »Ja.«
    »Sie haben also schon eine Ahnung?«
    »Wenn wir etwas Konkretes sagen können, erfahren Sie es als Erster.«
    »Und wann wird das sein?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Bald? In einer Woche, einem Monat, einem Jahr?«
    »Jeder Fall ist anders. Aber im Moment hat dieser hier oberste Priorität.«
    Golding nickte. Rina kam mit zwei großen, dampfenden Bechern herein. »Bitte sehr!« Golding nahm den Tee, trank aber nicht, sondern wärmte nur seine Hände am Becher. Er zitterte vor innerer Kälte. »Bitte, Mrs. Decker... setzen Sie sich.«
    Rina ließ sich nieder und gab Decker den anderen Becher. Er nickte dankend.
    Golding sagte: »Ich muss immer an eine Sache denken.«
    Schweigen.
    »Ich möchte über meine Familie sprechen.« Er deutete auf seine Brust. »Über meinen Vater. Ernesto vermutete bestimmte Dinge. Was er Ihnen erzählt hat... dass mein Vater ein... Sie wissen schon...«
    »Ja, ich weiß«, sagte Decker.
    »Das stimmt nicht«, erklärte Golding. »Nichts davon ist wahr. Ich schwöre Ihnen, es ist nicht wahr. Mein Vater war ein guter Mensch; ein rechtschaffener und frommer Mann. Er war kein Nazi! Er kann kein Nazi gewesen sein.«
    »Gut...«
    »Nein! Nicht gut!« Goldings Hände zitterten, und er verschüttete heißen Tee über seine Finger. Er schien es nicht zu bemerken, obwohl er den Becher abstellte. »Sie müssen mir glauben!«
    »Ich glaube Ihnen ja.« Decker sprach ganz ruhig. »Unsere Kinder stellen sich oft die unmöglichsten Dinge vor. Manchmal glaube ich, dass sie direkt Spaß daran haben, sich selbst Probleme zu bereiten. Das ist bei meinen Kindern nicht anders.«
    Golding seufzte. »Ja, nicht wahr?«
    »Es sieht jedenfalls so aus.«
    »Und warum, glauben Sie, könnte sich Ernesto so was ausgedacht haben?«
    Decker überlegte. »Er hat mir erzählt, dass bestimmte Daten nicht zusammenpassen.«
    »Daten?«
    »Als Ihr Vater nach Argentinien emigriert ist.« Golding nickte.
    »Ernesto meinte, dass Ihr Vater behauptet habe, er sei 1937 nach Südamerika ausgewandert. In Wirklichkeit sei er aber erst viel später in Argentinien angekommen - 1945 oder 46, nach dem Krieg. Aber junge Leute irren sich öfter mal.«
    »Und auch wenn es kein Irrtum war, macht das meinen Vater noch nicht zum Nazi!«
    Er biss sich so heftig auf die Unterlippe, dass diese zu bluten anfing. »Ich weiß einfach zu wenig über meinen Vater. Deshalb bin ich hier.«
    Wieder Schweigen.
    »Mein Vater hat nie viel über seine Vergangenheit geredet. Niemand hat darüber geredet. Ich habe schnell gelernt, besser keine Fragen zu stellen. Aber deswegen ist er doch noch kein Ungeheuer. Er war freundlich und sanft und konnte keiner... F-F-Fliege was zu Leide tun! Er hat sie gefangen und ins Freie gebracht.«
    »So macht es meine Frau auch«, sagte Decker.
    Goldings Hände waren schon ganz rot, weil er sie so heftig aneinander rieb. »Er war kein Nazi. Aber... Ernesto hatte sicher Grund genug, neugierig zu werden. Er sagte, er hätte einen Isaac Golding entdeckt, der im Konzentrationslager umgekommen sei.«
    »Da hat es sicher mehr als einen gegeben«, meinte Decker.
    »Das stimmt«, antwortete Golding. »Wie dem auch sei, ich möchte herausfinden, wer Isaac Golding wirklich war. Deshalb komme ich zu Ihnen.«
    Rina - die Tochter von Überlebenden der Konzentrationslager - bot ihm Vergeben und Vergessen an. »Das ist doch längst Geschichte, Mr. Golding. Spielt das wirklich noch eine Rolle?«
    Er blickte auf. »Bitte, nennen Sie mich Carter... ja, es spielt eine Rolle. In ein paar Tagen werde ich meinen... meinen Jungen beerdigen...«
    Er vergrub das Gesicht in den Händen und weinte - ein

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