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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Fantaskey
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peinlich. Aber es tut ja niemandem weh. Im
Grunde ist es nicht einmal wirklich eine Unannehmlichkeit. Sie spülen sehr
sorgfältig ab. Jedenfalls die meisten.«
    Touristen?
Die in meiner Burg auf dem Klo sitzen? Ich wette, dass auf dem Besitz der
Vladescus niemand unbefugt sein Geschäft verrichtet ...
    »Dorin?«
    »Hmm?« Er
schleppte meinen Koffer eine hohe, gewundene Steintreppe hinauf. An der Wand
flackerte eine elektrische Fackel, eine billige Imitation des echten Feuers,
das, auch da war ich mir ziemlich sicher, in Lucius' Haus brannte. Er würde
keine billigen Kopien dulden. Einmal mehr strich ich über den Blutstein an
meinem Hals und das Wort inakzeptabel schoss mir durch den Kopf. Das
hier war inakzeptabel. Wenn die Dinge sich entwickelten, wie ich es hoffte, und
ich wirklich diese Familie führen würde, würde ich unsere Burg für die
Dragomirs zurückfordern – ohne Touristen. Diese Vorstellung fand ich
überraschend aufregend. Als wir das oberste Stockwerk erreichten, betrachtete
ich die gewölbten Decken, die einst majestätischen Flure. Ja, wir konnten es
besser.
    »Wie geht
es jetzt weiter?«, fragte ich Dorin, während ich ihm den Korridor entlang und
in ein geräumiges Schlafzimmer hineinfolgte.
    Dorin ließ
den Koffer mit einem dumpfen Aufprall fallen. »Na ja, du musst die Familie
kennenlernen. Alle sind schon ganz aufgeregt deswegen. Sie werden bald hier
sein.«
    Bilder von
Lucius' »Familie« schossen mir durch den Kopf.
    »Wie viele
kommen denn?«, fragte ich in der Hoffnung, dass ich nicht allzu vielen meiner
Vampirverwandten auf einmal würde gegenübertreten müssen.
    »Oh, nur
etwa zwanzig unserer engsten Verwandten. Wir wollen dich an deinem ersten Tag
hier ja nicht gleich überfallen. Aber natürlich brennen alle darauf, unsere
lang erwartete Erbin zu sehen. Ich nehme an, du willst dich ein wenig frisch
machen? Dich umziehen?«, deutete Dorin an.
    »Ja«, sagte
ich und freute mich über die Gelegenheit, für einen Moment allein zu sein. Um
nachzudenken. Um mich zusammenzureißen. Das alles ging so schnell. Ich musste
mich erst mal sammeln.
    Dorin ging
durch den Raum und knipste Lichter an. Das Schlafzimmer war staubig, altmodisch
und zugig, aber bewohnbar. Man konnte die frühere Pracht hier noch erkennen.
»Ich hoffe, du fühlst dich hier wohl«, sagte Dorin und warf meine Tasche auf
das Himmelbett. »Ich hol dich in ungefähr einer Stunde ab. Kannst also ruhig
ein bisschen schlafen, wenn du magst.«
    »Danke.«
    »Oh! Das
hätte ich fast vergessen.« Dorin eilte zu einem großen Schrank, öffnete die Tür
und nahm ein Kleid heraus. Es war ein wenig verblasst, aber immer noch wunderschön.
Reinste Seide, die früher sicher flammend rot geleuchtet hatte, jetzt aber einen
volleren, satteren Rotton angenommen hatte. »Es hat deiner Mutter gehört. Ich
dachte, du möchtest es vielleicht zum Abendessen tragen. Es ist nun mal ein
großer Anlass und ich fürchte, wir sind in solcher Eile aufgebrochen, dass ich
dir keine Chance gegeben habe, etwas Elegantes einzupacken.«
    Wie in
Trance ging ich auf Dorin zu und strich mit den Fingern über den Stoff. »Ich
erkenne es. Von dem Foto.«
    »Ah, ja,
ihr Porträt.« Dorin lächelte. »Mihaela hatte viele Kleider, aber das hier
mochte sie am liebsten. Sie liebte die leuchtende Farbe – die solche
Ähnlichkeit mit ihrer Persönlichkeit hatte. Sie hat es zu so vielen schönen
Anlässen getragen,
in einer anderen Zeit, vor den Säuberungen ...« Einen Moment lang sah er aus,
als würde er gleich in Tränen ausbrechen, dann hellte seine Miene sich auf.
»Du wirst diesem Kleid gerecht werden, Antanasia. Du wirst eine neue Ära für
uns einleiten. Vielleicht werden wir alle schon bald wieder glücklich sein. Vielleicht
wird der sehnlichste Traum deiner Mutter – Friede für die Vladescus und die
Dragomirs – nun doch noch in Erfüllung gehen.«
    Wieder
strich ich über den Stoff. »Bist du dir sicher, dass es okay ist? Wenn ich es
trage?«
    »Nicht nur
›okay‹«, versprach Dorin. »Passend. Perfekt.«
    Dann ließ
er mich allein. Behutsam legte ich das Kleid aufs Bett. Ich trug ihre Kette,
ich würde ihr Kleid tragen und ich war in ihrem Zimmer. Aber konnte ich dem Vermächtnis
von Mihaela Dragomir wirklich gerecht werden? War ich eine echte Prinzessin,
wie ich hoffte, oder nur ein Geist – ihr bleicher, körperloser Schatten –, wie
der alte Mann im Restaurant es geglaubt hatte?
    Zweifel
werden dir jetzt auch nicht helfen, Jess. Lucius findet, du

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