Der Vampir, den ich liebte
doch
wahr!«
Lucius zog
eine Augenbraue hoch und warf mir einen interessierten Blick zu. »Wirklich,
Jessica? Ich dachte, dein Umgang mit
Pferden bezöge sich ausschließlich auf das Ausmisten von Ställen«, spottete er.
»Ich hatte keine Ahnung, dass du auch mit dem Ausblick vom Sattel eines
Pferdes vertraut bist. Das hast du bisher vor mir geheim gehalten.«
»Weil ich
nicht wollte, dass du im Stall herumlungerst und mein Pferd erschreckst«,
stellte ich klar und biss genüsslich in mein verbotenes Mettbrötchen.
»Jess
springt in diesem Herbst beim 4-H-Turnier«, ergänzte Mindy. Lucius lächelte
anerkennend. »Weißt du, ich gelte in meiner Heimatstadt Sighisoara als bester
Reiter. Vielleicht könnte ich dir helfen ...«
»Nein!«,
unterbrach ich ihn, lauter, als ich beabsichtigt hatte. Schnell senkte ich die
Stimme. »Ich brauche keine Hilfe, okay?«
»Bist du
dir sicher? Ich war Kapitän der rumänischen Nationalauswahl für Amateurpolo,
sowohl auf dem Feld als auch in der Halle.«
»Es
reicht!« Ich stöhnte auf und schob mir schnell einen großen Löffel
Zitronengötterspeise in den Mund.
»Du
solltest dich bei dem Wackelpudding besser zurückhalten, Fettbacke«, rief
jemand. »Du schwabbelst ja selbst schon wie eine ganze Schüssel von dem Zeug.«
Der hat
mir gerade noch gefehlt ... Ich
hob den Blick und sah, wie der plumpe Frank Dormand, flankiert von Faith Crosse
und ihrer Sportskanone von Freund, Ethan Strausser, lachend an unserem Tisch
vorbeiging.
»Das musst
ausgerechnet du sagen, Dormand«, zischte ich. »Zumindest sitzt bei mir der
Schwabbel nicht im Kopf.«
Aber sie
waren schon weitergezogen, immer noch lachend.
»Undankbare
Dummköpfe.« Lucius, dessen Stimme ungläubig klang, richtete sich auf. »Hat er
dich gerade verspottet, Jessica?«
Er machte
Anstalten, sich zu erheben, aber ich hielt ihn am Arm fest. »Lucius, lass gut
sein. Ich komme damit schon alleine klar. Ist schließlich nichts Neues für
mich.«
Lucius, der
schon halb stand, starrte mich fassungslos an. »Du meinst, ich soll diesem ...
diesem ... Geistesgestörten erlauben, dich zu verhöhnen?«
Ich hielt
ihn weiter am Ärmel fest, durch den Stoff hindurch
konnte ich spüren, wie angespannt er war. »Das ist doch nur Frank Dormand, der
sich mal wieder wie ein Idiot aufführt«, sagte ich. »Fang deswegen jetzt bitte
keinen Streit an.«
Lucius ließ
sich wieder auf seinen Stuhl sinken und sah mir – sichtlich verwundert – forschend ins Gesicht. »Jessica ... ich verstehe das nicht. Warum solltest du – ausgerechnet du – solchen Spott über dich ergehen lassen ...?«
»Hör auf,
Lucius«, warnte ich und warf ihm einen flehenden Blick zu. Bitte fang jetzt
nicht wieder von Vampiren oder Verlobungen an oder davon, dass ausgerechnet
ich eine Prinzessin sein soll. Nicht vor Mindy. Überhaupt nie. »Ich weiß
wirklich, wie ich damit umgehen muss.«
Lucius gab
sich geschlagen, auch wenn es ihm ganz offensichtlich widerstrebte. »Wie du
wünschst. Aber ich werde das nur einmal durchgehen lassen. Ein solches Verhalten
von Cretins – dir gegenüber, Jessica – wird nicht noch einmal ohne
Konsequenz bleiben.«
Er lehnte
sich wieder auf seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und
starrte auf die Tür, durch die Frank, Faith und Ethan verschwunden waren so
eindringlich, als wünschte er, die drei würden zurückkehren und ihn
provozieren. Es sah aus, als ob er sich in Gedanken schon auf den Kampf
vorbereitete. Sein Blick war so kühl und beängstigend, dass selbst Mindy zum
ersten Mal in ihrem Leben die Klappe hielt.
Schweigend
beendeten wir das Mittagessen. Lucius aß nichts, sondern griff nur ab und zu
geistesabwesend nach seinem Erdbeersmoothie, während er die Tür im Auge behielt.
Als wir die Cafeteria verließen, warf er den Becher in den Mülleimer. Klappernd
stieß er gegen das Metall.
»Ich hoffe
wirklich, dass er Frank mal eine richtige Abreibung verpasst«, flüsterte Mindy
mir zu, während sie ihr Tablett
wegstellte. »Auch wenn der so was von kein Gegner für ihn wäre. Lucius hat
ausgesehen, als sei er bereit, für dich zu töten.«
So, wie
Mindy es sagte, klangen die Worte beinahe romantisch. Aber ich hatte den
Ausdruck in Lucius' Augen ebenfalls gesehen und in den angespannten Muskeln
unter meiner Hand gespürt, dass er seinen Zorn nur mühsam im. Zaum gehalten
hatte.
Nein, die
Aussicht, dass Lucius Vladescu Anstalten machte, als mein persönlicher
Racheengel aufzutreten, erschien mir
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