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Der Vampir

Der Vampir

Titel: Der Vampir
Autoren: Carter Brown
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der
Welt...«
    »Oder auch im Himmel — wie
Shakespeare sagt«, antwortete sie mit Heftigkeit. »Und es gibt mehr Dinge im
Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumt. Ah, dieser Willy —
der konnte sich ausdrücken. Was?«
    Wir waren im Wohnzimmer
angekommen, und kaum waren wir eingetreten, schloß Imogen schnell die Tür. Ihr Bruder starrte sie entgeistert an. »Ist was los, altes
Mädchen? Ich meine, du benimmst dich wie Lady Macbeth. Und wie du angezogen
bist! Ich meine, zur Familie Wykes -Jones paßt kaum
ein Bohèmeaufzug — «
    »Es geht um Nigel Carlton«,
zischte sie ihn an. »Er ist...«
    »Ich weiß .« Hugh nickte. »Ich habe seinen Wagen vor der Kneipe im Dorf stehen sehen, und
deshalb ging ich zu ihm hinein .«
    »Du bist was ?« Imogen starrte ihn an.
    »Er muß immerzu diese
Vampirrollen spielen .« Hugh zuckte die Schultern. »Das
macht ihn empfänglich für Atmosphäre und solches Zeug. Jedenfalls sagte er ganz
offen, daß er das Schloß nicht mehr länger ertragen könne und daß er deshalb
die Nacht über in der Kneipe bleibe und am Morgen zurückkehre .«
    »Aber«, sie schluckte mühsam,
»bist du ganz sicher, daß du mit ihm gesprochen hast, Hugh ?«
    Nun blickte er überrascht
drein. »Natürlich bin ich sicher .« Er lachte kurz auf.
»Nigel ist schwerlich der Mensch, den man mit einem anderen verwechseln kann.
Nicht? Ich meine, er sieht doch selber wie einer der Vampire aus, die er
spielt. Überhaupt, was sollen all diese Fragen, altes Mädchen ?«
    »Also noch einmal in Kürze«,
sagte sie scharf. »Nigel bleibt über Nacht in der Kneipe im Dorf, und du hast
mit ihm gesprochen. — Wann war das genau ?«
    »Vor ungefähr einer halben
Stunde«, sagte Hugh. »Warum?«
    Imogen starrte mich an, und ihre
Augen funkelten stählern. »Haben Sie das gehört — Mr. Baker ?«
    »Ich habe es gehört«, gab ich
zu. »Und ich versuche nach wie vor, es zu glauben .«
    »Ich finde es sehr leicht, es zu
glauben«, fauchte sie. »Ich habe keinen Grund, am Wort meines Bruders zu
zweifeln. Und mir ist plötzlich eingefallen, daß Sie schreiben — Mr. Baker — , und Schriftsteller pflegen eine sehr fruchtbare
Phantasie zu haben.«
    »Augenblick mal«, sagte ich.
»Alles, was ich Ihnen über den Keller erzählt habe, ist wahr. Ich habe
wirklich...«
    »Ich bin sicher, es wird ein
wundervolles Drehbuch für Ihre neue Fernsehserie dabei herauskommen«, knurrte
sie. »Ich schlage vor, Sie kehren in Ihr Zimmer zurück und lassen sich das
Ganze durch den Kopf gehen, Mr. Baker. Gute Nacht!«
    »Hören Sie zu«, sagte ich
verzweifelt, »es war wirklich so, Imogen !«
    »Gute Nacht!«
    Ein Blick auf ihr
unerbittliches Gesicht genügte, um zu wissen, daß jeder weitere Versuch, sie
überzeugen zu wollen, reine Zeitverschwendung war. Also verließ ich den
Wohnraum, ihr unversöhnliches und Hugh Wykes -Jones’
verwirrtes Gesicht zurücklassend. Vielleicht hatte sie recht ,
dachte ich, während ich wieder die Treppe hinaufstapfte. Vielleicht war ich in
dem Geheimgang übergeschnappt und es hatte gar keinen feuchtkalten Keller
gegeben oder eine Holztruhe, auf der die Leiche eines Vampirs ausgestreckt
dagelegen hatte.
    Oben an der Treppe wandte ich
mich automatisch nach links, ging an einer Reihe geschlossener Türen vorbei und
bog am T-Ende des Korridors noch einmal nach links ein. Erst als ich die sechs
Stufen zu dem breiten Treppenabsatz hinabgestiegen war, fiel mir ein, daß der
einzige Weg zurück zu meinem oder Penny Potters Zimmer, der mir bekannt war,
durch einen der Geheimgänge führte. Von Imogen war
ganz bestimmt kein warmer Willkomm zu erwarten, wenn ich zurückkehrte, um sie
zu fragen; also blieb ich etwa fünf Sekunden lang stehen, um zu dem Entschluß
zu gelangen, welchen Weg ich einschlagen sollte, als ein leises »Pst!« mich
erneut fast an die Decke fahren ließ.
    Ich blickte auf und sah, daß
der alte kahlköpfige Cherubim wieder zurückgekehrt war und oben auf der Treppe
stand, nach wie vor mit seinem gestreiften Pyjama, dem Samtmorgenrock und den
Pantoffeln mit den Quasten angetan. In diesem
Augenblick war ich überzeugt, tatsächlich meinen Verstand verloren zu haben.

FÜNFTES KAPITEL
     
    K omm,
Bastard !« Er winkte mir mit seinem dicken Finger.
    »Sie sind nichts als ein
lausiger Auswuchs meiner fruchtbaren schriftstellerischen Phantasie«, sagte ich
behutsam. »Ich werde jetzt bis drei zählen, mit den Fingern schnippen, und dann
werden Sie verschwinden. Und bitte tun Sie mir
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