Der Vampirprinz: Royal House of Shadows (German Edition)
schnaubte er. „Nein.“
„Und was, wenn du verletzt wirst, während du sie bestrafst?“, verlangte sie zu wissen.
„Ich komme zu dir. Du bist die mächtigste Hexe auf der ganzen Welt.“
Noch ein Seufzen, und ein Teil ihres Ärgers verflog. „Du bist unverbesserlich. Und es ist sehr lieb, dass du so an mich glaubst, auch wenn du nicht ganz recht hast. Ja, ich bin mächtig, aber nicht so mächtig, wie du es eines Tages sein wirst. Deshalb möchte ich, dass du aufpasst. Eines Tages könnten deine Launen dafür sorgen, dass du aus Versehen mehr als nur ein paar Leben zerstörst.“
„In Ordnung, Mutter. Ich versuche aufzupassen, aber ich kann es nicht versprechen.“
„Oh, deine Ehrlichkeit …“ Sie ließ ein sanftes Lächeln aufblitzen. „Geh schon. Nachdem du mir die Gebühr für meinen Zauber bezahlt hast.“
Er schürzte die Lippen, beugte sich vor und küsste ihre weiche Wange. „Ich bin ein Prinz. Ich sollte nichts zahlen müssen.“
„Und ich bin eine Königin, deshalb musst du immer bezahlen. Geh jetzt. Such deinen Bruder und lern mit ihm, mein Schatz. Ich will nicht, dass du deinen Lehrern wieder davonläufst, um die Welt zu rächen.“
Winkend rannte er davon – aber nicht in sein Studierzimmer. Er hatte zu viel Energie und musste schwimmen. Schwimmen beruhigte ihn immer.
Im Hier und Jetzt senkte sich Dunkelheit hinab und schaltete Nicolais Verstand aus. Noch eine Gnadenfrist. Er fiel vollends zu Boden. Eine der Lianen riss ihm die Wange auf, aber er bemerkte es kaum. Er erinnerte sich an seine Vergangenheit.
Warum erinnerte er sich? Warum kamen die Erinnerungen so plötzlich auf ihn eingeflutet?
Die Heilerin, die seine Kräfte gefesselt hatte, konnte sie nicht befreit haben. Vielleicht hatten sich weitere von Nicolais Fähigkeiten selbst befreit. Das würde auch erklären, warum er von einer Sekunde zur nächsten den Ort gewechselt hatte. Vielleicht hatten diese Fähigkeiten seinen Glaskäfig zerstört.
Allerdings bewies eine schnelle Überprüfung, dass der Käfig noch da war und seine Fähigkeiten und Erinnerungen darin immer noch waberten, schneller und immer schneller. Doch jetzt tropften rote Striemen aus seinem Deckel und zerfraßen das Glas.
Rotes … Blut?
Die Wachen aus Delfina? Nein. Seitdem waren Tage vergangen, und er hatte auf nichts, was er im Palast getrunken hatte, reagiert. Und auch wenn er die Oger gebissen hatte, ihr Blut hatte er nicht getrunken, denn instinktiv war er sicher gewesen, es würde ihn vergiften.
Der letzte Mensch, von dem er getrunken hatte, war Jane gewesen. Er hatte an ihrem Hals gesaugt, und ihr Geschmack war so köstlich gewesen, dass er immer dortbleiben wollte. Und vielleicht wäre er das. Vielleicht hätte er sie leer getrunken, wenn der Gedanke, sie zu verlieren, ihn nicht aufgehalten hätte. Das, gefolgt von dem Gedanken, den Himmel zwischen ihren Beinen zu kosten, hatte ihn dazu getrieben, von ihrem Hals abzulassen und tiefer hinabzutauchen. Und er war noch nie so froh gewesen, eine Mahlzeit zu beenden. Zwischen ihren Beinen war sie süßer als der Nektar der Honigblume.
Er wollte sie noch einmal dort kosten. Wollte endlich in ihr versinken, sie vollkommen besitzen, ein Teil von ihr werden. Wollte hören, wie sie vor Leidenschaft aufschrie, wollte von ihr vollkommen umschlungen werden. Wollte ihre Nägel in seinem Fleisch spüren, wie sie ihn zeichneten.
Wo war sie? Hatte sie …
Noch eine Erinnerung überkam ihn, dieses Mal mit so viel Macht, dass er vor Schmerz nur noch aufstöhnen konnte. Bilder und Stimmen liefen ineinander und formten sich vor seinen Augen wieder zu einer Szene.
„Halt fester, Junge. Du verlierst dein Schwert innerhalb von Sekunden mit einem so kümmerlichen Griff.“
Er war immer noch ein Junge, nur wenig älter, und stand vor einem großen muskulösen Mann, sein Haar schwarz wie die Nacht, die Augen aus poliertem Silber. Er trug ein Hemd aus feinster Seide und dazu Lederhosen, seine Stiefel waren makellos und unter den Knien geschnürt. Ein reicher Mann, keine Frage. Ein Mann, der weise war und gewohnt, zu befehlen.
Ein Krieger.
Sie befanden sich in der Mitte eines Hofes, und um sie herum standen Pflanzen und Blumen in voller Blüte. Die Luft war lieblich und der Boden unter ihren Füßen weiches smaragdgrünes Gras. Glatte Marmorwände schlossen den Bereich ein, aber es gab kein Dach, sodass das Licht der Morgensonne zu ihnen hereinschien und sich an den goldenen Adern der Steine brach. Und direkt über
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