Der Vampirprinz: Royal House of Shadows (German Edition)
sich, dass um ihn herum Flüche ertönt waren.
Sein Atem stockte. Er hatte sich daran nicht erinnern wollen, noch nicht, aber … war er sicher, dass seine Eltern tot waren? Gab es daran nicht den geringsten Zweifel mehr?
Er musste nicht einmal darüber nachdenken. Ja. Er war sicher. Sie waren tot. Das Wissen schien geradezu aus dem Schimmel zu quellen, der die Wände um ihn herum bedeckte. Er hatte sie nicht sterben sehen, aber er hatte gespürt, wie ihre Lebenskraft versiegt war. Sie waren nicht mehr.
Bei den Göttern. Und seine Geschwister?
Nein, nicht tot. Jetzt, wo er wusste, wonach er suchen musste, konnte er ihre Energie in sich spüren, aber diese Energie war … verändert. Waren auch sie irgendwo gefangen und konnten sich nicht befreien? Wahrscheinlich. Sonst hätte Dayn längst den Blutmagier vernichtet und den Palast zurückerobert.
Dayn und seine Fähigkeit, alles und jeden zu jagen. Micah mit dem niedlichen Kindergesicht wäre lachend die Korridore entlanggerannt. Breena hätte mit Magie experimentiert und ihre Zauber durcheinandergebracht.
Bei diesen Gedanken wollte er sich auf die Knie fallen lassen, in den Himmel brüllen, fluchen, toben, gegen alles und jeden kämpfen. Wie sollte er sie finden? Sie befreien?
Jetzt wurde ihm auch klar, dass es Dayns Stimme gewesen war, die er in seinen Träumen gehört hatte. Sein Bruder hatte ihn gerufen und ihm befohlen, gesund zu werden. Sie waren durch ihr Blut miteinander verbunden, eine Bindung, die nie zerstört werden konnte. Sie konnten wieder miteinander reden.
Wo bist du, mein Bruder?
Ein Augenblick verging. Keine Antwort. Nun gut. Er würde es später noch einmal versuchen.
Das Gefühl der Dringlichkeit war wieder in ihm entfacht, und Nicolai sah nach seinen Dolchen. Sie waren verschwunden, genau wie seine Kleider und die restlichen Waffen. Das ganze Zimmer war leer.
Er knirschte mit den Zähnen und stellte sich den Rest des Schlosses vor, was ihm überraschend leichtfiel. Es war ein sehr hohes Gebäude, mit mehr Zimmern, als er zählen konnte, gewundenen Korridoren und Geheimgängen. Er transportierte sich in jedes Schlafzimmer und jede Zelle im Kerker. Er sah Menschen dort, die er nicht erkannte, mehr Blutflecken und mehr Monster, die an den Toren Wache standen. Ihn übermannte die Wut. Der Drang, den neuen König, den Blutzauberer, zu vernichten, verstärkte sich. Aber seine Familie war nicht hier und der Zauberer auch nicht.
Er würde zurückkehren. Bald. Im Augenblick musste er Jane beschützen. Eine Aufgabe, die seine ganze Zeit in Anspruch nahm, wie ihm langsam klar wurde. Eine Aufgabe, die er gerne erledigte und nie eintauschen wollte.
Nach einem letzten Blick auf das Schloss, das er einst geliebt hatte, schloss er die Augen und stellte sich den Wald vor, die Stelle, an der er Jane zuletzt gesehen hatte. Eine Sekunde später war er dort – mit jedem Mal fiel es ihm leichter –, fand aber keine Spur mehr von seiner Frau. Auch kein Anzeichen von Laila und ihrer Armee.
Er atmete tief ein … schnüffelte … Dort! Er witterte Janes süßen Duft, der mit dem ekelhaften Aroma von Laila und ihren Männern vermischt war. Sie folgten ihr.
Er jagte ihnen nach.
Jane hörte Stimmen, noch ehe sie die Stadt entdeckte, und stolperte fast vor Erleichterung. Sie lief noch schneller, und endlich, endlich erreichte sie die Zivilisation. Die Sonne ging gerade auf und warf violettes Licht auf die Leute, die eben ihren Tag begannen. Sie wärmte Jane, brannte sogar. Ihre Haut juckte, kribbelte, als krabbelten Käfer durch ihre Adern.
Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken, was das zu bedeuten hatte.
Irgendwer – Menschen? – ging die gepflasterten Straßen entlang. Einige von ihnen trugen geflochtene Körbe, in denen sich Kleidung stapelte, andere hatten Taschen voller – sie nahm den Duft wahr, stöhnte – Brot und Fleisch. Ihr Magen knurrte, und ihr lief das Wasser im Mund zusammen. Sie fühlte sich schwindelig, hatte etwas zu wenig Blut in den Adern. Sie musste sich einfach stärken.
Jane blieb neben einem Baum stehen, beobachtete und dachte nach. Sie hatte zwei Möglichkeiten. Sie konnte weitergehen, sich alleine durchschlagen und riskieren, von Laila gefunden zu werden. Oder sie betrat die Stadt, aß etwas und riskierte es, von Laila gefunden zu werden. Wenigstens gab es bei der zweiten Möglichkeit etwas zu essen. Na dann. Keine Frage.
Das Problem war nur, dass sie immer noch wie Odette aussah. Wenn diese Leute sie erkannten, würde
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