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Der Vater des Attentäters (German Edition)

Der Vater des Attentäters (German Edition)

Titel: Der Vater des Attentäters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Hawley
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von Moo-Shu. Ich war zu müde zum Reden.
    «Sag du es mir», antwortete ich.
    «Ich meine es ernst. Ich habe das Gefühl, ich verliere dich an diese Sache. An ihn.»
    «Meine Zuneigung zu ihm nimmt dir doch nichts weg. Es gibt keine Konkurrenz.»
    «Blödsinn. Du hast das Gefühl, du hast als Vater versagt. Das stimmt aber nicht. Du hast das Beste aus der Situation gemacht. Er weiß, dass du ihn liebst. Er weiß, dass du für ihn getan hast, was du konntest.»
    «Habe ich das?»
    «Ich möchte nur, dass du uns nicht vergisst. Da schlafen zwei Jungs im Zimmer nebenan, die dich mehr brauchen als er. Alex ist in einer schwierigen Phase. Wir sind im letzten Jahr ein gutes Stück mit ihm weitergekommen, aber es ist so viel Wut in ihm. Und Wally sucht nach Orientierung, nach einem Vorbild. Du musst für die beiden da sein.»
    «Das bin ich, und das werde ich. Versprochen. Aber stell dir einmal vor, wie es wäre, wenn Alex in der Zelle säße. Wenn er eines Verbrechens angeklagt würde, das er nicht begangen hat.»
    Fran schwieg.
    «Du glaubst, Danny hat es getan», sagte ich.
    «Ich denke, dass er ernsthafte Probleme hat», sagte sie. «Er war immer schon so sprunghaft, wenigstens solange ich ihn kenne.»
    «Sprunghaft.»
    «Er hat mir nie in die Augen gesehen, wenn ich mit ihm gesprochen habe. Sein College-Studium hat er abgebrochen, ohne ein Wort zu sagen, und dann ist er durchs Land gestreunt.»
    «Nicht gestreunt. Er wollte es erkunden. Für ihn war es eine Expedition.»
    «Wir leben nicht mehr im achtzehnten Jahrhundert», sagte sie. «Er hat in seinem Auto geschlafen.»
    «Er hat Jobs angenommen.»
    «Drei Wochen hier, sechs Wochen da. Du musst aufhören, das zu romantisieren. So verhält man sich nicht im einundzwanzigsten Jahrhundert. Ich habe dich beobachtet, seit er aus dem College ist. Du warst schon vor dem Attentat oft niedergeschlagen und geistesabwesend seinetwegen.»
    «Er braucht uns.»
    «Wirklich? Ich denke, er hat uns ganz deutlich gezeigt, dass er niemanden braucht.»
    Das Badewasser kühlte langsam ab, und ich begann zu frösteln.
    «Als er noch ein Kind war …», sagte ich.
    «Als Kind war er auch schon so. Verstehe mich bitte nicht falsch, ich habe ihn immer gemocht. Er war witzig und rücksichtsvoll, und die Jungs fanden es toll, einen älteren Bruder zu haben. Er hat ihnen Zaubertricks vorgeführt! Aber wenn ich mit ihm gesprochen habe, hatte ich immer das Gefühl, er hört nur halb zu. Er war kaum zu greifen, als wäre er nicht richtig da.»
    Ich versuchte mir vorzustellen, was sie meinte. Als Baby und Kleinkind hatte Fran ihn ja nicht erlebt. Sie kannte nicht diesen lebhaften und aufgeweckten kleinen Jungen, der für seine Lastautos lebte und mit einem Plastikflugzeug in den Armen einschlief, so wie andere Kinder mit einem Teddybären.
    «Ich erinnere mich vor allem daran, wie er sich um Alex und Wally gekümmert hat», sagte ich. «Wie er sich von der ersten Minute an, als er bei uns ankam, für sie zuständig fühlte. Er hat ihnen gezeigt, wie sie große Jungen sein konnten, hat ihnen beigebracht, ihre Betten zu machen und Zahnseide zu benutzen. Immer hat er Zeit gefunden, um mit ihnen zu spielen, sich zu ihnen auf den Boden zu setzen und …»
    «Ich weiß», sagte sie. «Er konnte wunderbar mit ihnen umgehen, und sie lieben ihn. Ich meine nur, dass er uns gegenüber nicht so war. Wann immer ein Erwachsener ihn angesprochen hat, bekam er so einen skeptischen Gesichtsausdruck. Er war höflich, aber manchmal hat sein Verhalten aufgesetzt gewirkt. Als gebe er uns, was wir wollten, damit wir ihn in Ruhe ließen.»
    Ich beobachtete, wie sich am Duschkopf ein Wassertropfen bildete. Erst war er nadelkopfgroß, ein winziges bisschen Feuchtigkeit, dann wuchs er an, bis das Gewicht zu groß wurde, die Oberflächenspannung sprengte und ihn in gerader Linie nach unten fallen ließ, wo er mit einem hörbaren Plipp auf die Oberfläche des Badewassers traf.
    «Na ja», sagte ich, «er hat die Erfahrung gemacht, dass Familie etwas Trügerisches sein kann. Dass diese Basis seines Lebens zerbrach. Ich meine, wärst du da nicht auch skeptisch, wenn dir die Erwachsenen etwas erklären wollten?»
    Fran rückte etwas vor und drehte sich zu mir um. «Ich liebe dich», sagte sie, «mehr als ich je jemanden geliebt habe, aber du musst endlich die Tatsache akzeptieren, dass er, ganz gleich, was du tust, nie der Sohn sein wird, den du dir wünschst. Selbst wenn er durch irgendein Wunder für unschuldig erklärt und

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