Der verbannte Highlander
wendete, man konnte Lizzie nicht als schön bezeichnen, aber wenn sie versuchte, das jemandem in ihrer Familie begreiflich zu machen, dann sahen sie sie an, als hätte sie den Verstand verloren.
Ihre Familie sah sie eben nicht so wie andere Menschen das taten. Für sie war sie ein lohnender Preis. Eine Frau, von der jeder Mann stolz wäre, sie an seiner Seite zu haben.
Sie liebten sie zu sehr, um in ihrem Stottern etwas anderes als eine unbedeutende Unannehmlichkeit zu sehen. Normalerweise hatten sie damit auch recht. Lizzie stotterte nur vor vielen Menschen oder wenn sie nervös oder aufgeregt war, und inzwischen so gut wie überhaupt nicht mehr. Zumindest eine Sache, für die sie John dankbar sein konnte, vermutete sie. In den letzten zwei Jahren hatte sie endlose Stunden damit verbracht, langsam und leise zu sprechen, um ihr Stottern noch besser unter Kontrolle zu bringen, fest entschlossen, sich niemals mehr zum Gespött der Leute machen zu lassen.
»Vermutlich nicht«, stimmte Lizzie zu, bestrebt, das Thema zu vermeiden.
»Was ist es dann? Habt Ihr Angst, dass Euer Cousin Euch mit einem Mann verlobt, den Ihr nicht ausstehen könnt? Der Earl liebt Euch viel zu sehr, um Euch je unglücklich sehen zu wollen.«
»Das würde er niemals tun«, gab Lizzie zu. Sie konnte sich glücklich schätzen. Nicht nur, dass sie eine Familie hatte, die sie liebte, sondern sie wurde von ihr auch auf eine Weise respektiert, die für die meisten anderen Frauen in ihrer Welt alles andere als typisch war. Sie war zusammen mit ihren Brüdern von Schulmeistern unterrichtet worden, bevor ihre Brüder anschließend das Tounis College besuchten, und wusste ebensoviel über Highlandpolitik wie jeder Mann.
Tatsächlich hatte sich herausgestellt, dass das Problem nicht bei den Entscheidungen des Earls in Bezug auf ihre potenziellen Ehemänner lag. Vielmehr war John Montgomery ihre eigene Wahl gewesen. Die beiden Männer, die der Earl für sie ausgesucht hatte, wären eine unendlich bessere Wahl gewesen, aber widrige Umstände, die sich ihrer Kontrolle entzogen, hatten sie wieder auseinandergebracht.
Ihre erste Verlobung mit James Grant war arrangiert worden, als sie noch ein Kind war, doch nach Duncans Verrat wurde sie wieder aufgelöst.
Duncan. Der Bruder, den sie vergöttert und vor beinahe zehn Jahren verloren hatte. Gott, wie sehr sie ihn vermisste! Trotz der Beweise gegen ihn hatte Lizzie nie daran geglaubt, dass er des Verrats schuldig war, der die Campbells den Sieg in der Schlacht von Glenlivet und ihren Vater letztlich das Leben gekostet hatte. Sie hoffte, dass er eines Tages zurückkehren würde, um es zu beweisen. Schon unzählige Male hatte sie ihn in den gelegentlichen Briefen, die sie ihm heimlich zukommen lassen konnte, darum angefleht. Ihre Korrespondenz war das einzige Geheimnis, das sie vor ihrer Familie hatte. Doch sie war mächtig stolz auf den Namen, den er sich auf dem Festland gemacht hatte, nachdem er in seinem Heimatland fälschlicherweise verleumdet worden war.
Lizzie hatte auch die zweite Verlobung begrüßt. Sie kannte Rory MacLeod schon, seit sie ein kleines Mädchen war, und hätte schon aus Stein sein müssen, wenn sie nicht zumindest ein kleines bisschen für den gutaussehenden Chief geschwärmt hätte. Zu ihrem Leidwesen befahl ihm der König jedoch, sich mit Isabel MacDonald nach dem Brauch des Handfasting, einer Ehe auf Probe, für die Dauer eines Jahres zu vermählen, und er verliebte sich in seine schöne Braut.
»Warum seid Ihr dann so aufgebracht?«, wollte Alys wissen. »Habt Ihr denn nicht den Wunsch, zu heiraten?« Sie klang so, als wäre schon allein die bloße Vorstellung undenkbar.
»Natürlich habe ich das. Ich will einfach nur …« Beschämt brachte Lizzie die Worte nicht über die Lippen. Es klang so dumm, vor allem nach ihrer Enttäuschung mit John. Frauen ihres Ranges heirateten aus Pflicht, nicht aus Liebe. Als sie die verräterische Nervosität in sich aufsteigen spürte, die einem Stottern voranging, holte sie tief Luft, zählte stumm bis fünf und zwang sich dann, langsam und leise zu sprechen. »Ich will, was du hast.«
Alys’ Augen weiteten sich verständnisvoll. Vermutlich war
ihr – oder auch überhaupt irgend jemandem aus Lizzies Familie – nie in den Sinn gekommen, dass sie sich so etwas Ausgefallenes wünschen könnte und nicht einfach mit dem zufrieden war, was von ihr erwartet wurde, so wie sie es immer tat. Sie würde natürlich tun, was ihre Pflicht war, aber
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