Der verbannte Highlander
zu Zeit angeheuert, bevor das Verhältnis der Clans zueinander zerbrochen war. Doch niemand konnte ihren Bruder besiegen. Er war der am meisten gefürchtete Krieger in den Highlands.
Die zwei Frauen pressten die Gesichter an das kleine Fenster und versuchten zu erkennen, was draußen geschah, aber der Rauch der Musketen war zu dicht und das Kämpfen schien sich vor der Kutsche außerhalb ihres Sichtfeldes abzuspielen.
Der Lärm war ohrenbetäubend, aber das Schlimmste an allem war die Vorstellung; der Versuch, die Geräusche mit dem, was möglicherweise geschah, in Einklang zu bringen. Unglücklicherweise waren die Geräusche des Todes nicht zu überhören. Sie umschlossen sie wie ein Grabmal, und die
Wände der kleinen Kutsche schienen sich um sie herum zusammenzuziehen, bis die Luft stickig wurde und ihnen das Atmen schwer machte.
Alys begann leise zu weinen. Lizzie nahm sie bei den Händen und da sie nicht in der Lage war, Worte zu finden, summte sie ein Lied, um sie zu beruhigen. Die Melodie wirkte ihren Zauber und die ältere Frau entspannte sich langsam.
»Oh, Mylady. Sogar noch mitten in der Hölle habt Ihr die Stimme eines Engels«, meinte Alys mit schimmernden Tränen in den Augen, um die sich die kleinen Fältchen noch tiefer eingruben.
Lizzie brachte ein schwaches Lächeln zustande. Sie hatte es schon immer für ein ironisches Spiel des Schicksals gehalten, dass ein stotterndes Mädchen mit einer wunderschönen Singstimme begnadet war. Wenn sie sang, dann war ihre Stimme schon immer auf wundersame Weise frei von jedem Stottern gewesen.
Sie schlang den Arm um Alys und zusammengekauert lauschten und beteten sie.
Noch nie im Leben hatte Lizzie solche Angst gehabt. Es fühlte sich an, als wären alle ihre Sinne, jede Faser ihres Seins geschärft wie eine Rasierklinge und völlig darauf konzentriert, was geschah. Alles schien zu schnell dahinzurasen: ihre Gedanken, ihr Herz, ihr Atem. Aber auf eigenartige Weise hatte sie sich, in diesem Augenblick äußerster Gefahr, noch nie zuvor so lebendig gefühlt.
Doch für wie lange noch?
Jemand rüttelte am Türgriff und sie zuckte zusammen. Ein furchterregendes Gesicht tauchte im Fenster auf, und mit einem heftigen Schlag blieb Lizzie das Herz stehen.
Alys schrie. Lizzie wollte schreien, doch obwohl sie den Mund öffnete, drang kein Laut hervor. Sie konnte nicht atmen. Alles, was sie tun konnte, war auf das Gesicht im Fenster zu starren. Auf den wilden Mann. Er hatte lange und ungekämmte
Haare und der Schmutz und der dichte Bart, die sein Gesicht bedeckten, verbargen seine Züge. Bis auf seine Augen. Sie starrten sie voll glühendem Hass an. Es war, als sähe sie einem wilden Tier in die Augen. Einem Wolf. Einem Ungeheuer.
Zum ersten Mal kam ihr der Gedanke daran, was diese Männer ihnen möglicherweise antun könnten, wenn sie in ihre Gewalt geraten sollten. Die Vorstellung, dass er sie berührte … Galle stieg ihr in die Kehle. Eher würde sie sich selbst den Hals durchschneiden.
Die Tür begann sich zu öffnen und Lizzie packte den Türgriff von ihrer Seite und zerrte fest daran. Die Angst verlieh ihr unerwartete Kräfte, während sie sich einen Zweikampf lieferte, den sie mit Sicherheit verlieren würde. »Hilf mir!«, schrie sie Alys zu.
Doch bevor Alys reagieren konnte, knallte ein weiterer Schuss und der Mann zuckte zusammen und erstarrte mitten in der Bewegung. Seine Augen weiteten sich ungläubig, unmittelbar bevor sein Gesicht mit einem schrecklichen, dumpfen Laut gegen die Scheibe prallte. Vom toten Gewicht seines Körpers nach unten gezogen glitt er am Glas hinab und seine Züge verzerrten sich zu einer grotesken Maske des Todes.
Lizzies verkrampfte Muskeln entspannten sich ein wenig und ihr Atem, den sie angehalten hatte, ging nun hart und schnell, als ihre Lungen sich wieder mit Luft zu füllen versuchten. Die unmittelbare Gefahr war zwar überstanden, aber Lizzie wusste, dass es noch lange nicht vorbei war.
Ihr Herz raste immer noch, doch ihr Verstand war eigentümlich klar und nur auf eine einzige Sache konzentriert: sie beide am Leben zu erhalten.
Dass es einem Angreifer gelingen konnte, so nahe an sie heranzukommen, verhieß nichts Gutes für ihre Wachmänner. Erneut sah sie aus dem Fenster, wobei sie versuchte, nicht daran zu denken, dass direkt unter ihnen ein Toter lag, und wog
ihre Möglichkeiten ab. Sie hatten nur zwei: bleiben, wo sie waren, oder versuchen, sich zu verstecken.
Die Kutsche, die sich vor wenigen Minuten noch wie
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