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Der verborgene Charme der Schildkröte

Titel: Der verborgene Charme der Schildkröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Stuart
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geschaut hat. Obwohl er eine Woche voller mechanischer Fehlschläge, verbunden mit einer ungewöhnlichen Häufung ekelhafter Exkremente, hinter sich hatte, erregte der Anblick der winzigen Vorderfüße plötzlich Bedauern in dem Kaplan. Als er aber die scheußlichen gelben Zähne sah und daran dachte, wie sie sich in hemmungsloser Gier durch die gepolsterten Kniebänke hindurchgefressen hatten, schwand jegliches Mitleid mit der Kreatur, die mit einem einzigen sauberen Hieb in den Nacken hingemetzelt worden war. Seine neueste Erfindung war ein Meisterstück der Ingenieurskunst, das sich in einem trojanischen Pferd verbarg, und der schnurrbärtige Feind war mit der unheiligsten aller Waffen der Verführung in seinen minutiös geplanten Tod gelockt worden: mit Erdnussbutter.
    Obwohl sich irgendetwas in ihm gegen ein christliches Begräbnis der Plagegeister sperrte, waren Ratten, auch wenn sie nicht in der Bibel vorkamen, trotz allem doch Geschöpfe Gottes. Also steckte er den steifen Körper in eine der alten türkisfarbenen Fortnum & Mason-Tüten, die er zu diesem Zweck aufbewahrte, und nahm seine Schaufel. Er öffnete die uralte Tür der Kapelle, ging zum Byward Tower, stieg die Stufen zum Festungsgraben hinunter und gelangte zu der Stelle, wo im Zweiten Weltkrieg Gemüse angebaut worden war. Nach einem schnellen Gebet für die verirrte Seele beerdigte er sie in dem Blumenbeet, das die Bowlingbahn begrenzte. Während die Nager zu Lebzeiten keinen besonderen Zweck erfüllten, spielten sie nach ihrem Tod eine wichtige Rolle als Dünger für die geliebten Rosenbüsche des Kaplans. Der entfernte sich nun von dem sorgsam gepflegten Rasen, der in der vergangenen Saison so viele wechselseitige Bezichtigungen wegen Schummelei erlebt hatte, dass alle Bowlingpartien abgesagt worden waren.
    Auf dem Heimweg holte ihn der Yeoman Gaoler ein und legte ihm die plumpe Hand auf den Arm. Er sah noch erschöpfter aus als sonst. »Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber Sie haben nicht zufällig meine Feigenkekse geklaut, oder?«, fragte er.
    Rev. Septimus Drew dachte über die Frage nach. »Was die Völlerei betrifft, so würde ich mich glatt schuldig bekennen. Diebstahl hingegen ist nicht mein Ding, tut mir leid«, sagte er.
    Der Yeoman Gaoler nickte zur Kapelle hinüber. »Und es hat auch nicht zufällig jemand die Geschichte gebeichtet, oder?«, fragte er.
    »Leider Gottes kennen wir die Beichte nicht. Versuchen Sie es bei den Katholiken die Straße runter, der Priester dort bekommt alle möglichen Skandalgeschichten zu Ohren. Allerdings zeigt er meiner Erfahrung nach wenig Bereitschaft, sie weiterzuerzählen.«
    Als er die Grünanlagen des Towers durchquerte, sah der Geistliche, wie sich Balthazar Jones in der Ferne mit etwas abschleppte, das eine Tasche voller Obst und Gemüse zu sein schien. Er schaute ihm nach, wie immer beunruhigt über die nicht nachlassende Verzweiflung seines alten Freundes. Alles hatte er versucht, um ihn abzulenken. Er hatte ihm sogar die Rasenpflege der Bowlinganlage angeboten, weil er nur zu gut wusste, dass nichts einem Engländer mehr Freude bereitete als die Qual, sich um einen Rasen kümmern zu müssen. Der Beefeater hatte aber nur seinen Kopf mit dem nunmehr weißen Haar geschüttelt.
    Irgendwann hatte Rev. Septimus Drew auch versucht, ihn mit Hilfe seiner manischen Begeisterung für die englische Geschichte aus der Trauer zu reißen. Eines Sonntags nach dem Gottesdienst fing er den Hüter der Tower-Annalen ab und fragte ihn, ob es irgendwelche neuen Erkenntnisse gebe, die nicht in die jüngste Ausgabe des Tower-Führers aufgenommen worden seien. So ohne jede Vorwarnung im Hause Gottes überfallen, war der Mann sofort geständig und berichtete von einer derart atemberaubend intriganten Geschichte, dass sich der Kaplan sofort auf den Weg machte, um sie Balthazar Jones weiterzuerzählen.
    Er fand ihn auf dem Wehrgang, wo er in einem blau-weiß gestreiften Liegestuhl saß und in den Himmel starrte. Eine würdelose Brise fuhr unter den angenagten Saum der Soutane, als der Kaplan auf ihn zuschritt, überzeugt davon, dass er den Schlüssel gefunden hatte, um seinen Freund aus dem Käfig der Depression zu befreien.
    Er setzte sich neben ihn auf den Boden und erzählte ihm die erstaunliche Geschichte von der fragwürdigen Herkunft der Raben. Weithin herrschte der Glaube vor, die Vögel würden schon seit Jahrhunderten im Tower wohnen. Nach einer Legende, die man den Touristen als wahr verkaufte, hatte

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