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Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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dass sie es ganz vergessen hatte, und erst beim Anblick des alten Tischs war ihr wieder eingefallen, dass sie diese Art von Schönheitschirurgie beherrschte. Sie hätte weinen können, als sie den Schellack in die gedrechselten Beine einmassierte, die vertrauten Düfte einatmete, doch sie war keine Frau, der schnell die Tränen kamen.
    Erst als ihr Blick auf eine halb verwelkte Gardenie neben ihrem Koffer fiel, wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie überhaupt niemanden gebeten hatte, in ihrer Abwesenheit den Garten zu wässern. Das Nachbarmädchen hatte sich bereit erklärt, die Katzen zu füttern, und sie hatte eine Bekannte beauftragt, die Post im Laden abzuholen, aber an die Blumen hatte sie gar nicht gedacht. Dass sie ihren Garten vergessen konnte, der ihr ganzer Stolz war, zeigte einmal mehr, dass sie ihre Gedanken nicht beisammen hatte. Sie würde vom Flughafen oder womöglich vom anderen Ende der Welt aus eine ihrer Schwestern anrufen müssen. Das würde ihnen einen Schock versetzen und ihnen etwas geben, worüber sie tuscheln konnten. Aber nichts anderes erwarteten sie ja von ihrer großen Schwester Nell.
    Kaum zu glauben, dass sie sich früher einmal so nahegestanden hatten. Das Geständnis ihres Vaters hatte sie um vieles gebracht, aber der Verlust ihrer Schwestern hatte die tiefste Wunde in ihr hinterlassen. Nell war schon elf gewesen, als die Erste zur Welt kam, aber gleich vom ersten Moment an hatte sie eine tiefe Verbundenheit empfunden. Ohne dass ihre Mutter es aussprechen musste, hatte Nell gewusst, dass es ihre Pflicht sein würde, auf ihre kleinen Schwestern aufzupassen. Der Lohn für ihre Aufopferung war die hingebungsvolle Liebe gewesen, die sie ihr entgegenbrachten. Wenn sie sich wehgetan hatten, waren sie zu ihr
gekommen, um sich trösten zu lassen; wenn sie aus einem Albtraum aufgewacht waren, hatten sie bei Nell Schutz gesucht und sich zu ihr unter die Bettdecke gekuschelt.
    Aber Pas Geheimnis hatte alles verändert. Sie konnte ihre kleinen Schwestern nicht mehr anschauen, ohne sich ihrer eigenen Fremdheit bewusst zu werden, und doch brachte sie es nicht fertig, ihnen die Wahrheit zu sagen. Hätte sie das getan, hätte sie damit etwas zerstört, an das sie vorbehaltlos glaubten. Lieber wollte Nell in Kauf nehmen, dass ihre Schwestern sie für verschroben hielten, als sie wissen zu lassen, dass sie eine Fremde war.
    Ein schwarz-weißes Taxi bog in die Straße ein. Nell hob einen Arm und winkte es zu sich heran. Während der Fahrer ihr Gepäck im Kofferraum verstaute, machte sie es sich auf dem Rücksitz bequem.
    »Wo soll’s denn hingehen?«, fragte der Mann, als er die Tür zuschlug.
    »Zum Flughafen.«
    Er nickte, und kurz darauf fuhren sie durch die gewundenen Straßen von Paddington.
    An ihrem einundzwanzigsten Geburtstag hatte ihr Vater ihr das Geständnis ins Ohr geflüstert, das sie ihrer Identität beraubt hatte.
    »Aber wer bin ich?«, hatte sie gefragt.
    »Du bist du. Dieselbe wie immer. Du bist Nell, meine Nellie.«
    Sie hatte gespürt, wie sehr er sich wünschte, dass es so wäre, aber sie hatte gewusst, dass es unmöglich war. Die Wirklichkeit hatte sich um ein paar Grad verschoben und sie von allen anderen abgesondert. Die Person, für die sie sich immer gehalten hatte, existierte gar nicht. Es gab keine Nell Andrews.
    »Wer bin ich wirklich?«, hatte sie ihn Tage später gefragt. »Sag’s mir, Pa.«
    Er hatte den Kopf geschüttelt und war ihrem Blick ausgewichen, hatte erschöpft gewirkt und plötzlich um viele Jahre gealtert.
»Ich weiß es nicht, Nellie. Deine Mum und ich haben es nie herausgefunden. Und es ist uns auch nie wichtig gewesen.«
    Sie hatte versucht, es auch nicht so wichtig zu nehmen, aber es war ihr nicht gelungen. Alles hatte sich geändert, und sie konnte ihrem Vater nicht mehr in die Augen sehen. Nicht dass sie ihn nicht mehr geliebt hätte, aber die Unbeschwertheit war verschwunden. Die Zuneigung zu ihm, die sie immer als selbstverständlich empfunden und nie infrage gestellt hatte, hatte plötzlich eine Stimme bekommen, die jedes Mal, wenn sie ihn anschaute, flüsterte: »Du bist gar nicht seine Tochter.« Egal, wie oft er es ihr auch beteuerte, sie konnte einfach nicht glauben, dass er sie genauso liebte wie ihre Schwestern.
    »Aber natürlich tue ich das«, hatte er geantwortet, als sie ihn danach gefragt hatte, und die Verblüffung in seinen Augen hatte verraten, wie sehr ihn die Frage verletzte. Er nahm sein Taschentuch und wischte sich über den

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