Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden
ihre Märchen, die in den Jahren 1907-1913 regelmäßig in verschiedenen Zeitschriften erschienen. Im Allgemeinen werden ihr fünfunddreißig Geschichten
zugeschrieben; allerdings sind die Quellen unzuverlässig, und so wird die tatsächliche Anzahl ihrer Werke wohl immer im Dunkeln bleiben. Eine mit Illustrationen versehene Sammlung von Eliza Makepeaces Märchen wurde Ostern 1913 vom Londoner Verlag Hobbins & Co. veröffentlicht. Der Band verkaufte sich gut und erhielt hervorragende Kritiken. Die Times beschrieb die Geschichten als »ein ungewöhnliches Vergnügen, das beim Rezensenten erhebende und manchmal auch beängstigende Gefühle aus der Kindheit wachrief«. Besonders hervorgehoben wurden die Illustrationen von Nathaniel Walker, die vermutlich zu seinen besten Arbeiten gehören. Sie stellen eine Abweichung von seinen Ölporträts dar, für die er in erster Linie bekannt ist.
Elizas Geschichte begann mit dem 1. September 1888, als sie in London das Licht der Welt erblickte. Aus der Geburtsurkunde geht hervor, dass Eliza als Zwilling geboren wurde. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte sie in einer Mietskaserne in der Battersea Bridge Road 35. Elizas Stammbaum ist weit komplexer, als ihre bescheidene Herkunft vermuten lässt. Ihre Mutter Georgiana war die Tochter einer Aristokratenfamilie, die das Blackhurst Manor in Cornwall bewohnte. Georgiana Mountrachet provozierte einen Skandal, als sie im Alter von siebzehn Jahren mit einem jungen Mann aus bescheidenen Verhältnissen durchbrannte.
Elizas Vater Jonathan Makepeace wurde 1866 in London als Sohn eines mittellosen Straßenhändlers und dessen Frau geboren. Er war das fünfte von neun Kindern und wuchs im Elendsviertel hinter den Londoner Docks auf. Obwohl er im Jahr 1888 noch vor Elizas Geburt starb, scheinen Elizas veröffentlichte Geschichten Ereignisse umzudeuten, die der junge Jonathan Makepeace vermutlich während seiner Kindheit am Fluss erlebt hat. In »Der Fluch des Flusses« zum Beispiel beruht die Beschreibung der toten Männer an den Galgen höchstwahrscheinlich auf Szenen, deren Zeuge Jonathan Makepeace als Junge in der Nähe der Execution Docks wurde. Wir müssen davon ausgehen, dass Eliza diese Geschichten von ihrer Mutter Georgiana
erfahren hat - möglicherweise in ausgeschmückter Form - und sie in ihrem Gedächtnis bewahrt hat, bis sie begann, ihre eigenen Märchen zu schreiben.
Wie der Sohn eines armen Straßenhändlers die adelige Georgiana Mountrachet kennenlernen und sich in sie verlieben konnte, bleibt ein Rätsel. Entsprechend ihrer heimlichen Flucht hat Georgiana keinerlei Hinweise auf die Ereignisse hinterlassen, die zu ihrem Verschwinden führten. Jegliche Versuche, die Wahrheit aufzudecken, wurden zusätzlich erschwert durch die angestrengten Bemühungen ihrer Familie, den Skandal zu vertuschen. In den Zeitungen wurde nur wenig berichtet, und man muss an anderer Stelle suchen, in zeitgenössischen Briefen und Tagebüchern, um Hinweise auf den Klatsch in jener Zeit zu finden, der mit Sicherheit mit lüsternen Anzüglichkeiten gespickt war. Als Beruf wird auf Jonathans Todesurkunde »Matrose« angegeben, allerdings bleibt die Art seines Beschäftigungsverhältnisses im Dunkeln. Der Verfasser dieser Zeilen kann nur spekulieren, dass Jonathan Makepeaces Leben auf den Meeren ihn vielleicht für eine kurze Zeitspanne auch an die Felsenküste Cornwalls geführt hat. Und dass vielleicht der Zufall Lord Mountrachets Tochter, im ganzen County berühmt als rothaarige Schönheit, in der Bucht des elterlichen Anwesens hat auf den jungen Jonathan Makepeace treffen lassen.
Unter welchen Umständen sie sich auch kennengelernt haben mögen, es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sie einander geliebt haben. Leider waren dem jungen Paar keine Jahre des Glücks beschieden. Jonathans plötzlicher und letztlich unerklärlicher Tod weniger als zehn Monate nach ihrem Durchbrennen muss Georgiana Mountrachet einen verheerenden Schlag versetzt haben, denn sie war allein in London, unverheiratet, hochschwanger, ohne Familie und völlig mittellos. Georgiana ließ sich jedoch nicht aus der Bahn werfen. Sie hatte die strengen Regeln ihrer sozialen Schicht hinter sich gelassen, legte nach der Geburt ihrer Kinder den Namen Mountrachet ab
und nahm eine Arbeitsstelle als Schreibkraft bei der Anwaltskanzlei HJ Blackwater and Associates in Lincoln’s Inn, Holborn, an.
Es gibt Hinweise darauf, dass Georgianas hervorragende Schreibkünste eine Fähigkeit waren,
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