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Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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der Gewissheit ihrer Rechtschaffenheit, fuhr die alte Miss Sturgeon unbeirrt fort: »Zu meiner großen Freude darf ich dir mitteilen, dass dein Elend ein Ende hat, Eliza. Als wir von deiner Notlage erfuhren, haben wir uns sofort um eine Stelle für dich bemüht. Um als Hausmädchen zu arbeiten, bist du noch zu jung - und auch vom Charakter her nicht geeignet, fürchte ich -, aber es ist uns gelungen, eine gute Lösung zu finden. Mit Gottes gütiger Hilfe konnten wir für dich einen Platz im Arbeitshaus bekommen.«
    Eliza blieb die Luft weg.
    »Wenn du also deine Sachen packen würdest«, ihr Blick huschte unter ihren Wimpern hin und her, »deine paar Habseligkeiten, dann können wir gehen.«
    Eliza schüttelte den Kopf.
    »Komm, trödel nicht herum, wir müssen uns auf den Weg machen.«
    »Nein!«, sagte Eliza.
    Mrs Swindell verpasste Eliza eine schallende Ohrfeige, und Miss Sturgeons Augen weiteten sich. »Du solltest dich glücklich schätzen, dass man dir einen Platz verschafft, Eliza. Ich versichere dir, dass einem jungen Mädchen, das auf sich allein gestellt ist, schlimmere Dinge widerfahren können als das Arbeitshaus.« Die
alte Miss Sturgeon schniefte vielsagend und hob das Kinn. »Komm jetzt.«
    »Nein.«
    »Vielleicht ist sie begriffsstutzig«, bemerkte die junge Miss Sturgeon durch ihr Taschentuch.
    »Die ist nicht begriffsstutzig«, sagte Mrs Swindell, »bloß aufsässig.«
    »Der Herrgott nimmt sich aller seiner Lämmer an, auch der aufsässigen«, entgegnete die alte Miss Sturgeon. »Margaret, meine Liebe, sieh mal nach, ob du ein paar anständige Kleider für das Mädchen findest. Aber pass auf, dass du die faulige Luft nicht einatmest.«
    Eliza schüttelte den Kopf. Sie würde weder ins Arbeitshaus gehen noch Sammys Sachen ausziehen. Die gehörten jetzt zu ihr.
    Jetzt wäre der richtige Augenblick für den heldenhaften Auftritt ihres Vaters gewesen, dachte Eliza und wünschte sich, er würde sie auf sein Pferd heben und mit ihr davonreiten und dann auf der Suche nach Abenteuern über die Meere segeln.
    »Das dürfte reichen«, sagte Miss Sturgeon und hielt Elizas altes Trägerkleid hoch. »Da, wo sie hinkommt, wird sie nicht mehr brauchen.«
    Plötzlich fielen Eliza die Worte ihrer Mutter ein. Sie hatte ihr eingeschärft, dass jeder sich selbst retten musste, dass sogar die Schwachen viel Kraft besaßen, wenn ihr Wille stark genug war. Und mit einem Mal wusste sie, was sie zu tun hatte. Ohne ein Wort zu verlieren, rannte sie zur Tür.
    Die alte Miss Sturgeon, überraschend behände und noch dazu größer und kräftiger, stellte sich ihr in den Weg, während Mrs Swindell flugs die zweite Verteidigungslinie bildete.
    Eliza senkte den Kopf, rammte ihn Miss Sturgeon in den Schenkel und biss zu, so fest sie konnte. Die alte Frau stieß einen schrillen Schrei aus und fasste sich ans Bein. »Oh, du kleines Biest!«

    »Oh Gott, Tante, bestimmt hat sie dich mit der Tollwut angesteckt!«
    »Ich hab Ihnen ja gleich gesagt, dass man sich vor der in Acht nehmen muss«, bemerkte Mrs Swindell. »Kümmern Sie sich nicht um die Kleider, sehen wir lieber zu, dass wir die kleine Hexe nach unten schaffen.«
    Sie packten sie an den Armen und schleiften sie nach unten, obwohl sie sich mit Händen und Füßen wehrte, während die junge Miss Sturgeon unbeholfen und überflüssigerweise vor Stufen und Türrahmen warnte.
    »Halt still, du ungezogenes Gör!«, fauchte die alte Miss Sturgeon.
    »Hilfe!«, schrie Eliza, der es beinahe gelungen war, sich zu befreien. »Hilfe!«
    »Du kriegst eine Tracht Prügel«, zischte Mrs Swindell, als sie den Fuß der Treppe erreichten.
    Dann, plötzlich, ein unerwarteter Verbündeter.
    »Eine Ratte! Ich hab eine Ratte gesehen!«
    »In meinem Haus gibt’s keine Ratten!«
    Die junge Miss Sturgeon kreischte, sprang auf einen Stuhl und warf ein halbes Dutzend grüne Flaschen um, die krachend zu Boden fielen.
    »Du kleines Biest! Alles, was kaputtgeht, bezahlst du mir!«
    »Selbst schuld, wenn Sie Ratten im Haus haben.«
    »Hier gibt’s keine Ratten! In meinem Haus hat sich noch nie eine …«
    »Tante, ich hab sie selbst gesehen. Ein grauenhaftes Vieh, so groß wie ein Hund, mit schwarzen Knopfaugen und langen, scharfen Krallen …« Die junge Miss Sturgeon brachte den Satz nicht zu Ende und ließ sich kraftlos gegen die Stuhllehne sinken. »Ich glaube, ich werde ohnmächtig. Solche Schrecken verkrafte ich nicht.«
    »Ganz ruhig, Margaret, Kopf hoch. Denk an die vierzig Tage und Nächte, die

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