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Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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unser Herr Jesus in der Wüste verbracht hat.«
    Die alte Miss Sturgeon stellte ihre robuste Natur unter Beweis, indem sie die strampelnde Eliza fest im Griff hielt, während sie gleichzeitig ihre Nichte stützte, die gerade schniefte: »Aber die kleinen Knopfaugen und die ekelhafte schnüffelnde Nase …« Sie schnappte nach Luft. »Iiihhh, da ist sie wieder!«
    Alle schauten in die Richtung, in die Margaret zeigte. Hinter einer dicken Whiskyflasche kauerte eine zitternde Ratte. Eliza wünschte ihr, dass sie entkommen würde.
    »Komm her, du kleines Mistvieh!« Mrs Swindell schnappte sich einen Lappen und jagte die Ratte damit kreuz und quer durch den Laden.
    Margaret kreischte, die alte Miss Sturgeon versuchte, sie zu beruhigen, Mrs Swindell jagte laut fluchend nach der Ratte, Glas ging zu Bruch. Dann, wie aus dem Nichts, ertönte mitten in dem Tohuwabohu eine neue Stimme. Laut und tief.
    »Sofort aufhören!«
    Alle verstummten, und Eliza, Mrs Swindell und die beiden Misses Sturgeon drehten sich gleichzeitig um, um zu sehen, woher die Stimme kam. In der offenen Tür stand ein ganz in Schwarz gekleideter Mann, hinter dem eine glänzende Kutsche wartete. Lauter Kinder umringten das elegante Gefährt, berührten staunend die großen Räder und die blank geputzten Laternen, während der Mann die Szene betrachtete, die sich im darbot.
    »Miss Eliza Makepeace?«
    Eliza nickte verdattert, brachte jedoch keinen Ton heraus. Sie war viel zu bestürzt darüber, dass ihre Flucht nunmehr vereitelt war, um sich zu fragen, wer der Fremde sein könnte, der ihren Namen kannte.
    »Tochter von Georgiana Mountrachet?« Der Mann reichte Eliza ein Foto. Es war ein Bild von ihrer Mutter in jungen Jahren, gekleidet wie eine vornehme Dame. Elizas Augen weiteten sich. Verwirrt nickte sie noch einmal.
    »Ich bin Finneus Newton. Ich komme im Auftrag von Lord
Linus Mountrachet in Blackhurst, um Sie abzuholen, Miss, und Sie auf das Anwesen der Familie zu bringen.«
    Nicht nur Eliza, sondern auch die beiden Misses Sturgeon starrten den Mann mit aufgerissenen Augen an. Mrs Swindell sank auf einen Stuhl, als hätte sie der Schlag getroffen. Sie klappte den Mund auf und zu wie ein gestrandeter Fisch und stammelte: »Lord Mountrachet …? Blackhurst …? Anwesen …?«
    Die alte Miss Sturgeon straffte sich. »Mr Newton, ich fürchte, ich kann Ihnen nicht gestatten, einfach hier hereinzuplatzen und dieses Kind mitzunehmen, ohne dass Sie eine offizielle Vollmacht vorlegen können. Wir von der Pfarrgemeinde nehmen unsere Verantwortung sehr …«
    »Dies hier dürfte alle nötigen Erklärungen enthalten.« Er reichte ihr ein Dokument. »Mein Dienstherr hat die Vormundschaft für diese Minderjährige beantragt, und sie wurde ihm übertragen.« Er wandte sich an Eliza, ohne sich von ihrem ärmlichen Äußeren abschrecken zu lassen. »Kommen Sie, Miss. Es zieht ein Gewitter auf, und wir haben einen weiten Weg vor uns.«
    Eliza brauchte nicht lange zu überlegen. Es spielte keine Rolle, dass sie noch nie von einem Linus Mountrachet oder einem Anwesen namens Blackhurst gehört hatte, und es war ihr egal, ob dieser Mr Newton die Wahrheit sagte. Es spielte keine Rolle, dass ihre Mutter nie ein Wort über ihre Familie verloren hatte und dass sich jedes Mal ein Schatten über ihr Gesicht gelegt hatte, wenn Eliza versucht hatte, ihr etwas über ihre Vergangenheit zu entlocken. Alles war besser als das Arbeitshaus. Und wenn sie dem Mann seine Geschichte abkaufte und dadurch den Klauen der beiden Misses Sturgeon entkommen und sich von den Swindells und ihrem kalten, einsamen Dachzimmer verabschieden konnte, war das mindestens genauso gut, wie wenn es ihr gelungen wäre, sich loszureißen und aus der Tür zu rennen.
    Sie eilte an Mr Newtons Seite, brachte sich hinter seinem weiten Mantel in Sicherheit und riskierte einen Blick auf sein Gesicht.
Aus der Nähe betrachtet, wirkte er gar nicht mehr so riesig wie vorher, als er im Türrahmen erschienen war. Er war ziemlich korpulent und mittelgroß. Seine Haut war gerötet, und unter seinem schwarzen Zylinderhut lugten braune und silberne Haare hervor.
    Während die beiden Misses Sturgeon das Vormundschaftsdokument studierten, gewann Mrs Swindell allmählich ihre Fassung zurück. Sie trat mit erhobenem Kinn vor und unterstrich mit ihrem ausgestreckten, schmutzigen Zeigefinger jedes Wort: »Das ist doch bloß ein gemeiner Trick , und Sie, Sir , sind ein Betrüger .« Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß ja nicht, was Sie

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