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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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unternehmen.«
    »Ich glaube, ich verstehe ihre Absicht, aber mit den Einzelheiten ihres Planes bin ich nicht vertraut.«
    »Was immer sie für einen Plan hatte, er ist gescheitert.« Ich stand auf und streckte mich. Mein ganzer Körper schmerzte. »Ich bin noch immer blind und unwissend.«
    »Das liegt daran, dass du das Problem mit falschem Blick betrachtest.« Septios Lächeln war flüchtig. »Es ist ein göttliches.«
    »Ich stürzte den Herzog mit meinen Worten. Mithilfe einer Macht des Volkes der Tanzmistress. Nicht menschliche Magie oder die Träume von Göttinnen.«
    »Du missverstehst mich. Choybalsan ist kein Banditenhäuptling, der mit tausend Speeren angerückt kommt. Er ist ein Gott, der sich aus den Felsen der Berge im Landesinneren erhob. Und die überrannten Dörfer und Gehöfte? Die wenigsten sind zerstört. Die Menschen schließen sich ihm an.«
    »Warum?«
    »Weil er anders ist als diese Stadt. Copper Downs erhebt Steuern, kauft billig, verkauft teuer und lockt die Kinder der Landbevölkerung im Umkreis von vielen Meilen fort. Was bekommen die Hochlandanführer und Stammeshäuptlinge für ihre Dienste? Ihr Leben ist wie das eines Hundeflohs. Choybalsan gibt ihnen Macht, die sie seit Menschengedenken nicht mehr hatten.«
    Er beugte sich näher. »Diese Magie des Herzogs. Wenn du sie zurückbringen kannst, könnten wir den stummen Göttern helfen, ihre Stimmen zu finden. Schwarzblut bringt Avatare hervor, weil der Gott selbst halb wach ist. So ist es mit vielen anderen Kräften dieser Stadt. Jene, die schon erwacht sind, haben nichts Besseres zu tun, als gegen die noch schlafenden Ränke zu schmieden und sie ihrer Rechte und Privilegien zu berauben.«
    Das war also der Knackpunkt. Er wollte Macht für seinen Gott, sodass sich die Totengötter und Jagdgötter und alle anderen göttlichen Streithähne nicht stückchenweise über Schwarzbluts Vorrat an Furcht und Schmerz hermachen konnten. Die Götter waren wie Kinder, die sich um ein Stück Kuchen zankten.
    War es das, was die Liliengöttin fürchtete? So zu werden wie sie? Wohl eher die Entstehung der Gottheit Choybalsans. Wenn sich hier neue Götter aus Erde und Stein erheben konnten, dann mochte es überall geschehen. Könnte irgendein Bauernkult aus fernen Reisfeldern und Mangoplantagen Kalimpura im Sturm erobern?
    Kein Wunder, dass so viele Menschen die Tulpas verachteten. Sie waren voller Furcht.
    Mir wurde bewusst, dass ich nicht auf Septios Worte geachtet hatte. Er schloss gerade: »… den Pater Primus. Ich glaube, das ist der richtige Weg für dich.«
    »Bevor ich die Tanzmistress nicht zurückhabe, werde ich gar nichts entscheiden. Dann werde ich mit dem Übergangsrat sprechen.« Ich hätte dieser Stadt so gern den Rücken gekehrt, doch diese Wahl hatte ich nicht. Noch nicht, wenigstens nicht, solange ich keine brauchbaren Informationen für den Lilientempel besaß. Oder ich könnte nach Westen segeln, um schließlich eine Bettlerin in einem fernen Hafen zu werden, weit weg von Herrschern und Priestern. Ich schob den Gedanken beiseite. »Hier in Copper Downs ist von der Magie des Herzogs nicht viel übrig, also gehen wir auf die Jagd nach Choybalsan. Unter wessen Banner, ist mir gleich, denn ich führe meine eigene Klinge.«
    Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Obgleich ich selbst im Auftrag einer Göttin hier war, wusste ich recht gut, welches Banner ich vorzog. Kalimpura, so schlimm es auch sein konnte, lebte in Frieden unter der Herrschaft eines Dutzends kleinerer Mächte. Die Tempel sorgten dort nur für ein Gleichgewicht. Septio setzte sich hingegen hier dafür ein, die Tempel ins Zentrum zu rücken. Um genauer zu sein, seinen Tempel.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es für irgendjemanden gut sein sollte, wenn die Priester eines Peingottes an die Macht gelangten.
    »Komm«, sagte er.
    Ich ließ Septio gewähren, als er meine Hand nahm und mich zu einem seltsamen Spiegel führte. Erneut erwartete mich statt der erwarteten göttlichen Magie nur eine Tür – wenn auch der besonderen Art. Dahinter befand sich eine Holztreppe, die um eine Mittelachse verlief. Ferne Gongschläge hallten wider.
    Septio lächelte mir in der Düsternis zu. Ich sah seine Zähne glänzen. »Wir kommen gerade rechtzeitig.«
    Schwarzbluts Allerheiligstes war vollkommen anders, als ich es von einem Gott der Pein erwartet hätte. Der baulichen Form nach hätte es jedes andere offizielle Gebäude in Copper Downs sein können. Auf Säulen aus schwarzem Marmor

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