Der verborgene Hof: Roman (German Edition)
haben für euch mehr getan als je für jemanden zuvor«, sagte Septio.
»Ich nehme an, ich sollte dir danken, aber ich finde jetzt keine Dankbarkeit in meinem Herzen. Nicht, solange euer Pater Primus die Tanzmistress hierbehält.« Ich dachte an den Jungen. »Außerdem haben wir nur ein Leben für ein Leben getauscht. Ich kann nicht froh darüber sein.«
Statt mich zu dem Eingang zu führen, durch den wir gekommen waren, brachte mich Septio zu zwei großen Türen, die mir seltsam bekannt vorkamen. Dann erkannte ich, dass dies die schwarze Fassade des Tempels war, an der die Tanzmistress und ich vorbeigekommen waren.
»Du verstehst vieles nicht. Ich bitte dich noch einmal, nicht zu urteilen.«
Wir schritten die breite Treppe hinab, deren Stufen zu klein waren, um normal gehen zu können. Das würde das Gebäude größer erscheinen lassen und in den ankommenden Bittstellern Beklommenheit wecken. Wieder schlaue Architektur. Als ich erkannte, dass mich dieser Gedankengang nur von meinen Schuldgefühlen ablenkte, schob ich ihn beiseite. »Ihr habt ein Kind getötet, um die Tanzmistress zu retten«, sagte ich heftig. »Und ich, die ich hundert lautlose Eide geschworen habe, den Handel mit Kindern zu beenden, habe es zugelassen.«
Er hielt am Ende der Treppe an. »Wo finden wir diesen Heiler?«
Das war seine ganze Antwort auf meine Pein. Ich führte ihn auf der Straße der Horizonte nach Westen auf dem schnellsten Weg hinaus aus dem Tempelbezirk und in die ungefähre Richtung des stillen Hauses des Tavernenwirtes.
Der große Gastraum der namenlosen Taverne war leer, aber es roch nach selistanischer Küche. Ich zeigte Septio die kälteste Schulter, zu der ich fähig war. Am liebsten hätte ich ihm mit meinem Messer gezeigt, wie mir zumute war.
Ich folgte dem Duft in die Küche und fand Chowdry vor, der etwas fast nach Hanchu-Art in einer niedrigen Bratpfanne rührte. Er sah mich und lächelte schüchtern. »Der Herr der Taverne hat mir geeignete Gewürze vom Markt mitgebracht«, sagte er in Seliu. »Es gibt nicht das richtige Fleisch hier, aber es geht.« Er nahm eine kleine Schale und gab eine Kostprobe hinein.
Von dem Verlangen besessen, Septios gewürztes Fleisch aus meiner Erinnerung zu tilgen, kostete ich Chowdrys Gericht. Ziege, vielleicht auch Hammel, dünn geschnitten und in Sesamöl gebraten, zusammen mit Kichererbsen, rotem Reis und viel Koriander. Ich schloss die Augen und stellte mir einen Moment lang vor, ich wäre im Speisesaal des Lilientempels.
Als ich sie wieder öffnete, aß Septio ebenfalls. Ich schlug ihm beinah die Schale aus den Händen. Er verdiente diese selistanische Köstlichkeit nicht.
»Wo ist der Tavernenwirt?«, fragte ich Chowdry unbeabsichtigt grimmig.
Chowdry senkte den Blick. »Er ist fortgegangen, Mistress. Er trifft sich mit den Brauern, glaube ich.«
Was vermutlich bedeutete, dass er nicht weit weg sein konnte. Aber ich hatte keine Ahnung, wo er sich inmitten der umliegenden Brauereien und Mälzereien aufhalten mochte. »Ich brauche einen Heiler seines Volkes. Für unsere Tanzmistress.«
Der Selistani riss die Augen auf. »Ist ihr etwas geschehen?«
Ich hatte nicht gewusst, dass Chowdry meine Lehrerin mochte, aber sie war auch freundlicher zu ihm gewesen als ich. »Ja, es ist schlimm. Wenn der Wirt zurückkommt, ohne mit mir gesprochen zu haben, dann sag ihm, dass ein Heiler dringend in Schwarzbluts Tempel gebraucht wird.«
Septio blickte auf, als er den Namen seines Gottes hörte, denn ich hatte die Bedeutung des Namens nicht in Seliu übersetzt. Er stellte die Schale ab.
»Unser Mann ist nicht da«, erklärte ich dem Priester. »Und ich weiß nicht, wo ich ihn suchen soll.«
»Kannst du ihm eine Nachricht hinterlassen, dass wir hier keine Zeit vergeuden müssen?«
»Seit zwei Jahren herrscht hier das Chaos, und jetzt hast du es plötzlich eilig?« Ich wandte mich wieder Chowdry zu. »Gibt es draußen im Schankraum irgendwo Papier und Stift?«
Er zuckte die Achseln.
»Dann sag ihm, wie dringend es ist, und vergiss es nicht.« Ich wollte mich wieder umwenden, hielt aber inne. »Chowdry, ich wusste nicht, dass du so gut kochst. Diese Pfanne schmeckt wunderbar.«
Ein erneutes Lächeln. »Wer, glaubst du, hat auf der Chittachai gekocht, bevor du an Bord gekommen bist?« Die Erinnerung an sein verlorenes Schiff fegte das Lächeln von seinen Lippen, und sein Blick wanderte in die Ferne.
Da ich keine Worte fand, nickte ich mitfühlend und ging in den Gastraum hinaus. Es
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