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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Stein blockierte den Weg, wo unsere Fußabdrücke durch den Reif führten, und die Öffnung lag nun vor einer unberührten weißen Schicht.
    »Dunkle Magie«, fragte ich, »oder ein sich langsam drehender Boden?«
    Septio bedachte mich mit einem unwirschen Blick. »Folge dem Weg, der sich auftut, Green.«
    »Ich habe zu viel Zeit in einem Tempel und unter praktisch denkenden Frauen verbracht.« Die Tanzmistress war eine von ihnen gewesen. Die beste von ihnen. Meine Augen brannten beim Gedanken an sie.
    Wir schritten durch die Dunkelheit in einen Raum, der fast so hoch war wie der achteckige, aber länger und damit relativ schmal. In diesem befanden sich Ständer mit Kerzen aus dunkelbraunem Bienenwachs. Als wir eintraten, entzündeten sich die Kerzen, und eine Woge von Licht lief bis ans andere Ende des Raumes und strahlte aus einem gehämmerten Silberspiegel an dieser Wand zurück. Der Boden war belegt mit Teppichen und Kissen. Ein niedriger Tisch stand in der Mitte des Raumes, wo die Kerzen am hellsten brannten.
    »Komm«, sagte Septio, »setz dich. Unterhalten wir uns an diesem sicheren und friedlichen Ort.«
    Ich blickte in den Spiegel, als wir in die Mitte des Raumes schritten. Das Spiegelbild war ein wenig verzögert, in der Art, wie ein Echo einem Geräusch folgt. Ich hatte noch nie gesehen, dass Licht so etwas tat, und fragte mich, welcher Trugbildzauber den Spiegel wohl beeinflusste. Oder vielleicht mich.
    »Der Untergrund ist nicht mehr derselbe«, sagte ich, als ich vor dem Tisch saß. Etwas in den Schalen roch interessant. Mein Körper, der so viel Blut verloren hatte, gierte danach. Der Hunger weckte Schuldgefühle in mir, als wäre mein Verlangen ein Verrat an meiner verlorenen Mistress.
    Septio ließ sich neben mir nieder, so nah, dass er mich fast berührte. Er nahm eine der Schalen. »Probier das.«
    »Wird mir das helfen, sie zu finden?«, fragte ich. Oder ihre Leiche.
    »Vertrau mir. Du brauchst deine Kräfte, und wir haben Zeit.«
    Ich traute ihm nicht, aber ich hatte auch keine andere Wahl. Fein geschnetzeltes Fleisch in einer sehr dunklen Soße. Ich nahm ein wenig mit den Fingern und kostete. Salzig und schwer, mit einem Schuss Gewürz, das ich in der Küche der Steinküste nicht erwartet hatte.
    Es war Balsam für mein dünnes Blut.
    Ich ließ meinen Schleier fallen und begann zu essen. Es fiel mir schwer, in meiner Hast geräuschlos zu essen. Ich fühlte mich wie ein Bettler vor einer Bäckerei; halb verrückt von dem wundervollen Duft stopfte ich das Fleisch in mich hinein, bevor mir jemand die Schale wegnehmen konnte.
    Nach ein paar Minuten aß ich langsamer. Es hatte keinen Sinn, sich vor diesem Mann so gehen zu lassen, auch wenn ich ihn halb als Freund erachtete. »Jetzt habe ich dir vertraut. Sag mir, wo sie ist.«
    »Das sagte ich bereits. Bei dem Avatar.«
    »Ja, und du hast gesagt, ich könnte sie nicht retten. Und ich glaube dir, sonst hätte ich hier schon gewaltsam einen Weg nach draußen gesucht, um sie zu finden.« Eine leere Drohung, denn hier in Sicherheit und ein wenig Wärme zu sitzen trug wahrlich viel zu meiner Erholung von dem Angriff bei. »Ich entnehme deinen Worten, dass es andere Möglichkeiten gibt.« Ich lehnte mich so nah, dass sich die Wärme seines Gesichtes mit meinem vermischte. »Sag mir jetzt, welche«, knurrte ich.
    »Das hängt von der Erscheinung des Gottes ab.« Septio dämpfte seine Stimme, um sie meiner anzugleichen. »Hautlos ist kein Theopomp, daher wird er sie nicht sofort vor den Altar legen. Er wird sie eine Weile bei sich behalten.«
    »Sicher oder in Schmerzen und Furcht?«
    »Green, mit welcher Art von Gott haben wir es zu tun?«
    Ich explodierte. »Warum? Warum verehrst du so einen billigen Märchenbuchbösewicht? Das Leben ist schwierig genug, auch ohne dass du dich vor solch einem Ungeheuer erniedrigst!«
    »Weißt du, was wir hier tun? Weißt du, warum?«
    »Nein«, gestand ich ein.
    »Dann kritisiere nicht. Das Bersten des Himmels war ein Schlag, der durch alle Zeit der Welt hallte.«
    »Du beziehst dich auf die theogonische Ausbreitung.« Bersten des Himmels. Ich hasste seine Umschreibung. Der Tempel der Silbernen Lilie schien weitgehend ohne den Mummenschanz ausgekommen zu sein, der so häufig mit Priestern und Göttern in Verbindung gebracht wird. Schnörkellose Beschreibungen hatten genügt.
    »Ja.« Septio war überrascht. »Den meisten Menschen ist das Bersten des Himmels einfacher zu vermitteln.«
    Ich schnappte mir eine Locke seines

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