Der verborgene Hof: Roman (German Edition)
Gottes, der König sein würde.
Göttin, betete ich. Ich bitte Dich nicht um Erlösung, denn dies ist meine Prüfung. Auch nicht um Mut, denn auch das ist meine Prüfung. Erfülle mich mit der Stärke und Weisheit, die in Dir ist. Tränen kamen mir in die Augen. Lass Septio ein wenig Deiner Gnade und Barmherzigkeit zuteilwerden, wenn sich sein Gott nicht bereits seiner angenommen hat.
Federo schritt um mich herum und musterte mich eingehend. Einen merkwürdigen Moment lang stellte ich mir vor, dass er zu unserer Rettung gekommen wäre. Dann erkannte ich, dass er nicht in einen Anzug oder amtliche Roben gekleidet war, sondern die lederne Hose und das dicke Filzwams der Banditen trug, die in Choybalsans Gefolgschaft ritten. Im Gegensatz zu ihnen war er unbewaffnet.
Er schien auch wesentlich gelöster zu sein als damals in der Stoffbörse.
Ich verlor den Mut angesichts eines solchen Verrates.
Dann nahm er mein Kinn in die Hand und hob mein Gesicht zur Begutachtung. Die alte erniedrigende Geste brachte mich wieder zur Besinnung.
Ich fauchte: »Du spielst also die Amme bei der Geburt des Göttlichen?«
»Zieh keine falschen Schlüsse, Green«, sagte er leise.
»Wo ist er dann?«
Federo nahm mit dem Rücken zum Himmelsstein auf dem Stuhl Platz und breitete die Arme aus. »Choybalsan, der Banditenhäuptling.«
Ich war an Händen und Füßen gefesselt, aber die guten harten Knochen meines Schädels waren frei. Mit einem wütenden Brüllen hüpfte ich auf ihn zu und versuchte, sein Gesicht zu treffen. Seine Gelassenheit schwand. Er sprang auf und brachte mich ins Stolpern. Ich fiel mit der Stirn auf seinen schlichten kleinen Thron. Der Aufprall war so heftig, dass ich erneut überall Blitze sah.
Er brüllte etwas Unverständliches, während ich auf den Rücken rollte. Ich sah doppelt, aber immer noch klar genug, dass ich beobachten konnte, wie Septio auf Federo zuwankte. Der Verräter wich dem Priester aus, der langsam um den Altar herum weinend durch das Zelt stolperte. Blut floss jetzt aus seinem Mund.
Wütend krümmte ich mich und vollbrachte einen Stoß, der Federo von den Füßen fegte. Aber gefesselt und betäubt war ich nicht in der Lage, diese Chance zu nutzen. Wäre mein Kopf klarer gewesen, hätte ich alle Götter bis zum Ende der Zeiten verflucht. Stattdessen lag ich keuchend am Boden, während Septio auf Federo zuwatschelte und sich über ihn zu beugen versuchte.
Der Banditenkönig hielt ein Messer empor, als mein Liebster das Gleichgewicht verlor. Die Klinge drang in seinen Bauch. Es war eine todbringende Wunde, aber sie würde einen peinvollen, langsamen Tod bringen. Im schlimmsten Fall würde er noch tagelang leben, während sein Bauch qualvoll zu verfaulen begann.
Federo stieß Septio von sich und stand auf. An einer Ecke eines Teppichs reinigte er sein Messer von Blut und Galle, danach seinen Arm und sein Wams. Septio begann zu würgen.
»Er ist nicht von Bedeutung.« Federo beugte sich über mich. »Ganz im Gegensatz zu dir. Du darfst ihm beim Sterben zusehen.« Er strich mir übers Haar. »Lauf nicht weg. Ich bin bald zurück. Du hast etwas, das ich ganz dringend brauche, meine liebe Smaragd.«
Ich folgte ihm mit den Blicken, als er aus dem Zelt ging. Mit noch immer wirbelndem Kopf begann ich, den grausamsten, endlosesten und qualvollsten Tod für Federo zu planen, einen Tod, der selbst Schwarzbluts Priester das Fürchten lehren würde. Als ich endlich wieder klar im Kopf war, kroch ich über die Teppiche zu Septio.
Er lag mit geschlossenen Augen da. Ich konnte sehen, dass er noch atmete. Die Wunde stank nach Galle und Scheiße. Das ergab Sinn. Federos Dolchhand hatte die Klinge schräg nach unten gerichtet. Das würde zumindest einen schnelleren Tod bedeuten.
»Septio«, flüsterte ich.
Er regte sich nicht.
»Septio.«
Nichts.
Ich schob mich nah heran und küsste ihm das Blut von den Lippen. Er stöhnte leise, kam aber nicht zu sich.
Schmerz mochte sein Sakrament sein, aber ein Stich in den Bauch war ein verdammt scheußlicher Tod. Wenn er rasch ausblutete, würde er ein wenig leichter sterben.
Ich hob meine Handgelenke in den Rücken, bis die Ellenbogen wegstanden. Dann ruckte ich meine Schultern vor und zurück, um zu sehen, wie viel Spielraum ich auf einer Seite bekommen würde. Meine Gelenke schmerzten, aber eine barmherzige Tat musste getan werden.
Langsam schob ich mich an ihm entlang, bis mein Ellenbogen auf gleicher Höhe mit seinem Ohr war. Ich hob ihn erneut und schwenkte
Weitere Kostenlose Bücher