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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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kämpfende Truppe. Das bedeutete, dass einige Leute in der Stadt und ihrem Umland die Armee willkommen geheißen hatten. Auch verließ niemand die Stadt. Der Hauptteil der Wachen bestand aus Stadtpatrouillen und Torwächtern, die nicht für einen Kampf gegen ein Heer ausgebildet waren.
    Worauf wartete diese Armee?
    Vielleicht war Choybalsan nicht hier. In dem Fall kam ich noch nicht zu spät.
    Warum willst du deine eigene Stadt erobern?
    Und dann wusste ich, wo sich der Banditenkönig befand. Und warum keine Blitze zuckten. Irgendwo in der Stadt, vermutlich in den oberen Räumen der Stoffbörse, war Federo dabei, den Übergangsrat von der verzweifelten Abmachung zu unterrichten, die er seinem Bericht nach mit dem niederträchtigen Choybalsan treffen konnte.
    Er brauchte die Stadt gar nicht zu erobern. Er brauchte nur die Kapitulation an sich selbst zu arrangieren.
    Ich saß inmitten der Lorbeerbüsche und lachte leise. Federos Arroganz verriet eine unglaubliche Schlauheit, die ich aus der dunkelsten Seite meiner Seele nur bewundern konnte. Gleichzeitig fragte ich mich, auf welche Weise er Göttlichkeit an- und ablegen konnte wie ein Kleidungsstück. Das schien ein außerordentlich nützlicher Trick zu sein.
    Hatten alle Götter auf diese Weise angefangen? War die Zersplitterung nur eine Metapher für die Art und Weise, wie das Gute oder Böse in jedem Menschen durch den richtigen Auslöser wachsen konnte?
    Septio hatte gesagt, dass sich alles in einem Kreislauf bewegt.
    Was mich zu der Frage brachte, wer die Liliengöttin wohl einst gewesen war.
    Mein Weg führte mich an die Küste. Ich gelangte an den Steinbruch Hellweg mit seinem kleinen Begleitflüsschen. Mehrere verkeilte Stämme boten mir einen Weg über das Wasser. Danach wagte ich mich über die zerbrochenen Platten des Hellwegs. Nah am Meer musste ich die Oststraße überqueren, doch dort konnte ich durch einen Hochwasserkanal unter dem Bankett durchkriechen.
    Hier ging das Pflaster der Stadt in Schiefer und Schotterbänke über. Die Uferzone im Osten der Stadt war zu flach für einen Hafen. Choybalsans Reiter umritten die Stadt bis direkt ans Salzwasser. Einige der Männer und die meisten Pferde scheuten das Meer, doch ein paar Reiter galoppierten mit Gebrüll ins schäumende Wasser.
    Wolken türmten sich in den Himmel, stahlen die Wärme der Sonne und brachten eine graue Kälte mit sich. Ich schlich durch die niedrigen, spärlich bewachsenen Hügel und verfluchte, dass ich den ganzen Weg zum Sassaparillefluss zurücklegen musste, um am jenseitigen Ufer einen brauchbaren unbewachten Weg in die Stadt zu finden. Ich murrte über meine fruchtlosen Anstrengungen und fiel fast in einen schlammigen Bach, der von weiter landeinwärts nicht sichtbar gewesen war.
    Seltsam. Die Oststraße hätte ihn überbrücken müssen. Ich folgte dem langsamen Wasserlauf geduckt an einem der steinigen Ufer, um nicht von einem Reiter auf einem der Hügel entdeckt zu werden. Der Wasserlauf bog nach Westen, bis ich auf einen stinkenden kleinen, mit Wasserlilien übersäten Teich stieß.
    Er sammelte genug Wasser, um den Fluss am Laufen zu halten, doch er besaß keinen Zufluss. Ich starrte eine Weile auf die Lilien. Sie wuchsen in schlechtem Wasser. Manche Leute sagten, dass die Pflanzen das Wasser sogar säuberten und wieder frisch machten.
    Mir kam in diesem Augenblick der Traum von Wasserlilien in den Sinn, den die Göttin mir geschickt hatte, als ich mit der Tanzmistress im Gewölbe Ihres Tempels eingeschlossen war.
    Zuerst band ich die hölzerne Glocke mit festgezurrten Klöppeln um meine Mitte, denn ich wollte sie nicht verlieren. Es würde nicht ideal sein, wenn sie untertauchte, aber durch die Nässe würde sie auch nicht sofort Schaden nehmen. Dann nahm ich das Ausbeinmesser und stieg in den Teich. Unter meinen Füßen war ein verschlammter, steiniger und verwurzelter Grund zu spüren, übersät mit zerbrochenem Abfall. Meine Nase machte Bekanntschaft mit dem Unrat einer Stadt. Dies war ein Abflussrohr für das Wasser und Blut von Copper Downs.
    Ich stand still und versuchte, die Strömung auszumachen. Es war nicht so schwierig. Der Zufluss schien aus einer Schotterbank etwas unterhalb der ruhigen Oberfläche zu kommen. Ich steuerte darauf zu, dabei wurde das Wasser erst hüfttief, dann erreichte es die Brust und schließlich den Hals. Ich lief Gefahr, ganz unterzugehen, bevor ich die Stelle erreichte. Ich tastete mit meiner freien Hand.
    Der Ausfluss kam von einer Öffnung in

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