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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Kopf.
    »Freust du dich?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Emily zuckte zusammen. Dann schien sie wie aus tiefem Schlaf zu erwachen und schaute sich im Zimmer um.
    »Wo ist mein Kuchen?«

27
    »Das kann ich nicht dulden!« Sir Andrew stützte sich auf den Schreibtisch und schaute Charlotte mit mühsam unterdrückter Wut an. »Ich habe mir einiges von dieser Konsultation versprochen, aber nun sieht es aus, als würde sich Emilys Zustand verschlechtern! Sie sind ihre Gouvernante, und ich muss mich darauf verlassen können, dass in meiner Abwesenheit nichts geschieht, was Emilys Wohlbefinden beeinträchtigt.«
    Sein Zorn war angsteinflößend, doch Charlotte bemühte sich, keine Furcht zu zeigen. »Sir, es ist nichts geschehen, das eine solche Entwicklung –«
    »Nichts geschehen? Kaum verlasse ich das Haus, beginnt sie am hellen Tag zu fantasieren!«
    Am liebsten hätte sie erwidert, dass es seine Entscheidung gewesen war, Mr. Ashdown hinzuzuziehen. Sie schluckte den ungerechten Vorwurf hinunter und sagte in beschwichtigendem Ton: »Sir, ich glaube, wir stehen noch ganz am Anfang. Mr. Ashdown hat sich sehr rücksichtsvoll gegenüber Emily verhalten, das kann ich bestätigen.«
    Sie berichtete von dem Vorfall mit dem Puppenhaus und sah, wie sich Sir Andrews Miene weiter verdüsterte. Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen und griff nach einem Brieföffner. Er hielt ihn so fest umklammert, dass seine Fingerknöchel weiß wurden.
    »Sie spricht von ihrer Mutter, als könnte sie sie sehen? Hier in diesem Haus?«
    »So ist es. Und sie hat immer wieder betont, dass ihre Mutter sie nie allein gelassen habe. Meines Erachtens hat sie den Verlust noch nicht verwunden, was ganz natürlich ist. Sie träumt sich ihre Mutter herbei, weil sie ihren Tod nicht wahrhaben will.« Charlotte zögerte kurz. »Möglicherweise tragen die Umstände ihres Todes dazu bei, dass es Emily so schwerfällt, sich mit dem Verlust abzufinden.«
    Er blickte rasch hoch. »Wie meinen Sie das?«
    »Nun, wenn Emilys – wenn Ihre Frau an einer Krankheit gestorben wäre und Emily sie auf dem Totenbett noch einmal gesehen und sich dort von ihr verabschiedet hätte, könnte sie ihren Tod sicher eher akzeptieren.«
    »Ich kann nichts an der Art und Weise ändern, wie meine Frau gestorben ist«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Natürlich nicht, Sir.« Charlotte holte tief Luft. Sie hatte nicht klein beigegeben, und das machte sie stolz. »Ich verstehe Ihre Zurückhaltung und versuche gleichzeitig nur, mir Emilys Verhalten zu erklären. Ich glaube nicht, dass unmittelbarer Grund zur Sorge besteht.«
    Das war gelogen, denn ihr war durchaus bewusst, dass Emilys Verhalten beim Tee einen weiteren Schritt in die Dunkelheit bedeutete, vor der sie das Mädchen um jeden Preis retten wollte. Sie setzte jedoch ihre ganze Hoffnung in Mr. Ashdown und musste verhindern, dass Sir Andrew seine Entscheidung bereute und ihn wieder nach London schickte.
    Er ließ den Brieföffner langsam zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger kreisen. Charlotte bemühte sich, ruhig zu atmen, und wartete gespannt auf seine nächsten Worte.
    »Sie sind also der Ansicht, dass wir Mr. Ashdown mit seiner Arbeit fortfahren lassen sollten?«
    »Unbedingt. Ich finde seine Idee, mit den Menschen zu spre chen, die Emily am nächsten stehen, durchaus vernünftig.« Dann fiel ihr etwas ein, das ihr schon länger durch den Kopf gegangen war. »Darf ich fragen, wer Emily behandelt hat, wenn sie krank war? Mit ihrem Arzt zu sprechen wäre sicher auch ratsam.«
    Sie spürte sofort Sir Andrews Widerstand. Etwas in ihm schien sich dagegen zu sträuben, den Namen zu nennen.
    »Diese Ansicht teile ich keineswegs. Wir gehen davon aus, dass es sich nicht um eine körperliche Krankheit handelt. Sonst hätten wir einen Arzt hinzugezogen.«
    »Natürlich, doch gehören Körper und Seele zusammen. Und es könnte für Mr. Ashdown interessant sein, etwas über Emilys Krankengeschichte zu erfahren.«
    Charlotte wartete ab, doch Sir Andrews Miene hatte sich verhärtet. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Ich halte das für unerheblich, Fräulein Pauly, und werde es Mr. Ashdown auch sagen. Mir geht es um das seelische Gleichgewicht meiner Tochter, und Sie können mir glauben, dass es mich große Überwindung gekostet hat, an die SPR heranzutreten und einen Geisterjäger herzubestellen.« Er spie das Wort förmlich aus, und sie schaute ihn verwundert an. Seine plötzliche Feindseligkeit war beunruhigend.
    In diesem

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