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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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magst du nicht?«
    »Die Fragen. Ich habe Ihnen alles erzählt, was ich weiß. Ich mag nicht über Lady Ellen sprechen, das ist traurig. Und es tut Emily nicht gut, wenn sie sich an ihre Mama erinnert.«
    Charlotte seufzte und fragte sich, warum Nora so verstockt war. Dann fiel ihr wieder ein, weshalb sie eigentlich hergekommen war.
    »Eine Frage muss ich dir aber noch stellen. Welcher Arzt hat Emily behandelt, als sie so oft krank war?«
    Nora schaute sie sonderbar an. »Sie ist doch gesund.«
    »Sicher. Ich möchte es nur wissen. Das dürfte kein Geheimnis sein, oder?«
    Wieder spürte sie die Mauer, die Sir Andrew um den Tod seiner Frau errichtet hatte, und die Angst der Dienstboten, diese zu durchbrechen.
    »Er heißt Dr. Pearson und wohnt in Reigate.«
    Charlotte horchte auf. »Gibt es denn keinen Arzt in Dorking?«
    »Doch, den alten Dr. Milton, aber Sir Andrew war der Meinung, Dr. Pearson wäre ein besserer Arzt. Er hatte früher sogar eine Praxis in London und ist nur wegen seiner Lunge aufs Land gezogen.«
    »Behandelt Dr. Pearson Emily noch immer?«
    »Nein. Sir Andrew hat ihn nicht mehr im Haus geduldet. Mehr weiß ich nicht.«
    Charlotte hatte genug gehört. »Gut, Nora. Dann lasse ich dich jetzt in Ruhe. Falls etwas mit Emily sein sollte, weckst du mich bitte auf der Stelle.«
    »Ja, Miss.«
    »Eins noch: Mr. Ashdown hat nur Emilys Wohlergehen im Sinn. Darin sollten wir ihn alle unterstützen.« Mit diesen Worten ging sie hinaus und schloss leise die Tür.
    In ihrem Zimmer las sie noch ein wenig und legte sich dann schlafen, ahnte aber, dass sie in dieser Nacht keine Ruhe finden würde. Sie dachte an die angespannte Stimmung beim Abendessen und fragte sich, worüber die beiden Männer in der Bibliothek wohl sprechen mochten. Es kam ihr vor, als bereute Sir Andrew, dass er Mr. Ashdown ins Haus geholt hatte. Er wollte seinen Ruf wahren und seine politische Karriere nicht gefährden. Wäre ihm dies letztlich wichtiger als der Wunsch, seiner Tochter den Seelenfrieden zurückzugeben?
    Sie stand auf und notierte kurz, was sie von Nora erfahren hatte. Die Geschichte mit dem Arzt war eigenartig. Sie selbst würde kaum eine Gelegenheit finden, unbeobachtet nach Reigate zu fahren; diese Aufgabe würde Mr. Ashdown übernehmen müssen.
    Irgendwann fielen ihr die Augen zu, und sie wachte erst auf, als sie ein Geräusch von der Treppe hörte. Charlotte sprang rasch aus dem Bett, warf sich ein Tuch um die Schultern, zündete die Lampe an und horchte an der Tür. Waren da Schritte?
    Diesmal spürte sie keine lähmende Angst. Behutsam drückte sie die Klinke hinunter und schaute auf den dunklen Treppenabsatz. Nichts. Sie stieg leise die Treppe hinunter, bis sie die Tür zum Flur sehen konnte, durch die ein senkrechter Streifen Licht fiel. Sie war sich sicher, dass sie die Tür vorhin geschlossen hatte. Im Turm war alles still.
    Charlotte eilte zu Emilys Zimmer und schaute hinein. Das Mondlicht fiel durchs offene Fenster, und vor dem hellen Rechteck zeichnete sich eine kleine Gestalt ab. Emily stand völlig reglos da und schaute hinaus in den Garten.
    Charlotte überlegte rasch. Sir Andrew hatte gesagt, sie solle ihn zuerst wecken, doch dafür blieb jetzt keine Zeit. Sie lief zum Gästezimmer und klopfte an die Tür. Mr. Ashdown meldete sich sofort, als hätte er noch nicht geschlafen.
    »Ich bin es, Charlotte Pauly. Kommen Sie schnell. Und leise.«
    Sie wartete unten an der Treppe auf ihn. Er kam in Hemd und aufgeknöpfter Weste herunter und schaute sie fragend an.
    »Sie steht am Fenster, schaut hinaus und rührt sich nicht. Ich habe nicht gewagt, mich ihr zu nähern. Sir Andrew …«
    Er tat ihre Bemerkung mit einer Handbewegung ab. »Kommen Sie.«
    Leise gingen sie auf Emilys Zimmertür zu, die Charlotte angelehnt gelassen hatte. Das Mädchen stand noch immer am Fenster.
    Mr. Ashdown legte den Finger an die Lippen und berührte Charlottes Arm, damit sie nicht weiterging und Emily aufschreckte.
    »Du bist so weit weg. Komm zu mir. Komm doch, Mama!«
    Sie schauten einander an. Mr. Ashdown legte den Finger an die Lippen und machte einen vorsichtigen Schritt ins Zimmer. Leise ging er weiter. Als er auf Höhe des Bettes war, stürmte plötzlich Nora herein, zog Emily vom Fenster fort und rief: »Komm da weg, das ist gefährlich!« Sie schloss mit einer Hand das Fenster, schlang den anderen um Emily und drehte sich zu Charlotte und Mr. Ashdown um.
    »Warum lassen Sie sie am Fenster stehen? Sie könnte

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