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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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und sah ihr in die Augen. »Er hat zu Sir Andrew gesagt, dass Lady Ellen Emily krank gemacht hat.«
    Damit hatte Charlotte nicht gerechnet. »Wie meinst du das?«
    Nora zeigte mit einer heftigen Geste auf die Flasche. »Da, das Brechmittel! Sie soll es ihr gegeben haben. Das hat er behauptet. Und das Fieber – und die Bauchschmerzen … Alles … Welche Mutter würde … Niemand, niemand tut so etwas!«
    Charlotte atmete tief durch. »Wenn ich dich richtig verstehe, hat Dr. Pearson diese Beschuldigungen vorgebracht und wurde deshalb des Hauses verwiesen?«
    Das Kindermädchen nickte. »Sie hat Emily so lieb gehabt … war die beste Mutter. Sie war immer für sie da – hat sie gepflegt, ihr vorgelesen, Medizin gegeben, Wickel gemacht … Sie war immer für sie da …«
    War etwas so Ungeheuerliches denkbar?
    »Aber wie ist er darauf gekommen, das zu behaupten? Er muss doch Beweise gehabt haben.«
    Nora zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich nicht. Ich –stand vor der Tür und habe es gehört. Aber dann kam Mrs. Evans und hat mich weggeschickt … Ich würde lauschen, hat sie gesagt.«
    Charlotte war wie betäubt. War so etwas möglich? Sie sehnte sich plötzlich danach, mit Mr. Ashdown zu sprechen, sehnte sich nach seiner ironischen und doch warmherzigen Art und der leisen Belustigung, die fast immer in seinen Worten mitschwang.
    »Hast du jemals etwas gesehen oder gehört, das diesen Verdacht rechtfertigen würde?«
    Nora schüttelte den Kopf »Nein, nie … Sie war immer so gut zu Emily. Verraten Sie mich nicht! Sir Andrew … Er würde mich …«
    Charlotte seufzte. »Du kannst jetzt gehen. Aber ich werde gewiss noch einmal darauf zurückkommen. Was Sir Andrew angeht, wird er vorerst nichts von mir erfahren.«
    Nora wischte sich die Tränen mit dem Handrücken ab und nickte. »Danke, Miss. Aber Sie dürfen das nicht glauben. Keine Mutter würde so etwas tun. Lady Ellen war ein Engel. Die beste Mutter, die man sich nur denken kann.«
    Nach dem Gespräch mit Nora begab sich Charlotte in ihr Zimmer. Bald hatte sie ihre wenigen Habseligkeiten in den Koffer geräumt. Als ihr die Flasche mit dem Brechweinstein in die Hand fiel, drehte sie sie unschlüssig hin und her und steckte sie schließlich in ihr Reisenecessaire.
    Nachdenklich betrachtete sie den Raum. Er sah aus wie am Tag ihrer Ankunft, unberührt, als hätte sie sich nie darin aufgehalten. Sie atmete tief durch. Wie auch immer ihre Zukunft aussehen mochte, sie musste das Haus dringend verlassen, bevor ihre Fantasie den Verstand völlig überwältigte. In ihren früheren Stellungen hatte sie sich bisweilen nach mehr Abenteuer und Abwechslung gesehnt und die langen, monotonen Tage im Schulzimmer verwünscht, doch Chalk Hill, auf dem so viele Schatten lagen, machte ihr inzwischen Angst.
    Sie nahm noch einmal ihr Notizbuch aus der Tasche und setzte sich an den Tisch, um das Gespräch mit Nora niederzuschreiben. Sie merkte gar nicht, wie die Zeit verging, und blickte überrascht auf, weil es im Zimmer dunkel geworden war. Sie sah auf die Uhr. Es war schon vier. Wo blieb Mr. Ashdown?
    Wie als Antwort hörte sie Schritte auf der Treppe, dann klopfte es. »Ja, bitte?«
    »Darf ich eintreten?«
    Er lehnte erschöpft im Türrahmen. Unter seinen Augen lagen tiefe Schatten.
    »Natürlich. Setzen Sie sich. Sie sehen furchtbar aus.«
    Sie deutete auf den Sessel.
    Er nahm Platz und schloss kurz die Augen.
    »Was hat der Arzt gesagt?«
    Mr. Ashdown machte eine wegwerfende Geste mit der Hand. »Ach, es ist nichts Schlimmes. Mit vier Stichen genäht. Der Blutverlust, ansonsten …« Er verstummte.
    Sie goss ihm ein Glas Wasser aus ihrer Karaffe ein und reichte es ihm.
    »Danke.« Er trank einen Schluck und schaute sie an. »Was ist los? Sie sehen – beunruhigt aus.«
    »Ich war sehr unbarmherzig mit Nora«, sagte sie schließlich.
    »Hat es sich gelohnt?« Wie typisch für ihn!
    Charlotte setzte sich ihm gegenüber und berichtete, was sie von dem Kindermädchen erfahren hatte.
    Er stellte schweigend das Glas ab, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und sagte leise: »Chapeau. Es dürfte nicht einfach gewesen sein, das aus ihr herauszuholen.« Er hielt inne. »Es klingt unfassbar …«
    Charlotte konnte nicht ermessen, ob ihn Noras Geständnis derart erschütterte oder ob er unter den Nachwirkungen seiner Verletzung litt.
    »Dr. Pearson könnte uns mehr sagen, aber er wird nicht gegen seinen ärztlichen Eid verstoßen. Und Dr. Milton, den ich auf Emily

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