Der verbotene Garten
Ort zu schillerndem Profit umgeschmolzen wird. Und all diese Kriminellen nennen die Inhaber ihre besten Freunde. Denn sie sind, was man in der Gaunersprache Hehler nennt. Ihre Aufgabe als Zwischenhändler ist es, die Beute so lange aufzubewahren, bis man sie wieder in die Kanäle rechtmäÃigen Handels einschleusen kann. Von diesem Haus aus wird Manhattans Diebeswelt befehligt.
Ein StraÃenjunge packt aus
»Wennâs ums Hehlen geht, sind das Meister«, so äuÃerte sich der zerlumpte Taschendieb, dem ich bei Nacht in eine dunkle Gasse folgte. »Der Laden läuft wie geschmiert.«
Der gerade einmal Dreizehnjährige, ein wahrer Oliver Twist, fand seinen Fagin im Untergeschoss des Gebäudes und wurde vom »Allerbesten« in das Metier eingeführt. Damit meint er den Herrn der Diebe und des Hauses. Der ehemalige Leutnant hat nun sein Hauptquartier in den höhlenartigen Gelassen an der East Side aufgeschlagen und kommandiert ein ganzes Bataillon von StraÃenjungen. Hier lernen schon die Kleinsten (manche gerade vier) ihren ersten »Kontakt« an Männer- und Frauenfiguren aus Stroh. Wenn sie den Dreh heraushaben, gibt es zur Belohnung Kandiszucker; dann werden sie an »richtige Ziele« herangeführt. Dafür werden die etwas
älteren Jungs, die sich dort herumtreiben, rekrutiert. An ihren Taschen dürfen sich die Frischlinge versuchen.
Seine Zukunft ist gesichert
Der Bursche, der dem Evening Star diese Geheimnisse offenbarte, mag zwar aussehen wie jeder beliebige Lumpenkerl auch, doch mittellos ist er ganz und gar nicht. In seinen Taschen klimpern genügend Münzen, um Essen und Schutz vor den Elementen zu erwerben. »Früher hab ich für Mr. G. aus der Third Avenue geklaut, aber da musstâ ich weg. Den hättâs doch nicht gekümmert, wenn seine Jungs krepiert wärân. Der würde einem glatt ein Ohr oder ânen Finger abschneiden oder ein Auge ausreiÃen, wenn so was die Leute milder stimmen und ihm mehr Geld einbringen würde. Die Leute hier sind anders. Die sind anständig zu den Jungs, und zu den meisten Mädchen auch. Wer bei denen unterkommt, der hatâs geschafft.«
X
K lopf, tapp tapp. Klopf, tapp tapp. Klopf â¦
Mama hatte früher immer »Hänschen klein« gesungen, das den gleichen Rhythmus hatte. Sie hatte dabei so glücklich und gelöst gewirkt, selbst bei dem Teil, wenn die Mutter weinte.
Hänschen klein
Ging allein
In die weite Welt hinein.
Stock und Hut
Steht ihm gut,
Ist gar wohlgemut.
Klopf, tapp tapp. Klopf, tapp tapp. Klopf, tapp tapp. Ich schlug mit der Faust an die rückwärtige Holztür der Birnbaums. Das ist das Erkennungszeichen , hatte Nestor gesagt.
Ich hatte Mrs. Riordan früh am Morgen, als sie noch schlief, verlassen, hatte das Kratzen und Knuspern der Ratten nicht mehr ausgehalten. Und so gut Mrs. Riordan auch zu mir war, so war sie doch ein Gespenst von alledem, wozu ich nie werden wollte. Ich hatte mir fest vorgenommen, sobald ich konnte, ihr zum Dank ein paar geröstete Erdnüsse oder einen Krug Bier zu bringen, aber ich wollte niemals wieder bei ihr übernachten.
»Guten Tag«, erklang eine Männerstimme über mir.
Ich schaute hoch in bebrillte Augen, die durch einen Guckschlitz oben an der Tür auf mich hinuntersahen.
Ich stellte mich aufrecht hin und grüÃte mit einem höflichen Lächeln: »Guten Tag, Sir.«
Nestor hatte mir erklärt, wie ich mich Mr. Birnbaum gegenüber zu verhalten hätte. Seine Kunden sprachen ihn als »Herr Birnbaum« an, nur Freunden und Geschäftspartnern war es erlaubt, ihn mit dem Vornamen anzureden, mit »Wolf«. Die Burschen, die für ihn arbeiteten, riefen ihn »Sir« oder »Boss«. Seine Frau nannte ihn »Lieb«, denn er hatte sie lieber als alles andere auf der Welt. »Ihr Wohlgefallen musst du erringen«, hatte mir Nestor eingeschärft. »Es ist nicht leicht, sich bei Mrs. Birnbaum beliebt zu machen, aber wenn du das einmal geschafft hast, dann ist alles gut.«
»Wir haben wohl etwas Geschäftliches zu besprechen?«, fragte Mr. Birnbaum von oben.
In der Gasse war niemand zu sehen, doch auf dem Weg hatte ich einige üble Burschen passiert und nun das dumpfe Gefühl, dass sie noch in meiner Nähe herumlungerten. Sie waren laut und grob gewesen und hatten schmatzende Kussgeräusche gemacht. Obwohl sie nichts von dem Armreif wissen
Weitere Kostenlose Bücher